Die Off-Road-Safari durch die schottischen Highlands führt zum Sandstrand des Loch Laggan. – Foto Karsten-Thilo Raab
Die kurze Tageslichtdauer und die nicht selten tief hängenden, mitunter pechschwarzen Wolken lassen das Loch Ness gerade in der kalten Jahreszeit noch mystischer wirken. Dazu die eisige Kälte des rund 38 Kilometer langen, bis zu 300 Meter breiten und wohl unumstritten berühmtesten Gewässers im schottischen Hochland. Im Mittel werden ganzjährig kaum mehr als fünf Grad Celsius erreicht. Selbst an warmen Sommertagen sind es selten mehr als zwölf Grad Celsius, was nicht gerade zum Baden einlädt.
Die robusten Hochland-Rinder trotzen dem Unbill des Wetters.
Der Sommer lässt ohnehin noch Monate auf sich warten. Gerade schüttet es mal wieder wie aus Eimern. Der permanente Wind sorgt gleichzeitig dafür, dass es gefühlt deutlich kälter ist, als die Quecksilbersäule anzeigt.
Nasse Luft statt Regen
Fort Augustus ist ein guter Startpunkt für die Monstersuche im Loch Ness. – Foto: Karsten-Thilo Raab
„Wenn es nicht schmerzt, ist es kein richtiger Regen, sondern nur ein bisschen nasse Luft“, lacht Tourguide Emily mit Blick auf die Tatsache, dass sich in Highlands regelmäßig alle vier Jahreszeiten an einem Tag erleben lassen. Ein wenig augenzwinkernd schiebt der fröhliche Lockenkopf hinterher: „Der Klimawandel spielt mit der schottischen Psyche. Auf einmal können wir sogar ab und zu planen und uns für die nächste Woche zum Grillen oder Picknick verabreden.“
Von Fort Augustus aus starten verschiedenen Bootsanbieter zu Touren über das Loch Ness. – Foto: Karsten-Thilo Raab
Schon hat die Powerfrau aus dem nahen Inverness wieder den Blick auf die Heimat des Seeungeheuers gerichtet. Im 6. Jahrhundert, so Emily weiter, will der irische Missionar St. Columba eine Kreatur mit echsenähnlichem Kopf, einem langen Schlangenhals und zwei Höckern gesichtet haben. Die eigentliche Popularität erlangte Nessie jedoch erst, als 1933 ein gewisser Hugh Gray ein unscharfes Foto des Monsters schoss, und die Echtheit des Bildes von einer Fotofirma bestätigt wurde.
31.000 Lochs in Schottland
Beliebtes Fotomotiv: Das Nessie-Modell in Drumnadrochit. – Foto: Karsten-Thilo Raab
„1934 stellte das schottische Parlament Nessie sogar unter gesetzlichen Schutz. Seither gaben mehr als 7.000 Zeitgenossen vor, das Ungetier zu Gesicht bekommen zu haben“, plaudert Emily weiter locker flockig aus dem Nähkästchen. Insgesamt gäbe es mehr als 31.000 Lochs in Schottland – viele davon seien größer und deutlich spektakulärer als das Loch Ness; aber keines genieße eine ähnliche Popularität, ergänzt die quirlige Fremdenführerin.
In Drumnadrochit wird alles Wissenswerte um Nessie anschaulich und leicht verständlich aufbereitet. – Foto Karsten-Thilo Raab
Gleichzeitig beteuert sie, dass gerade die dunkle Jahreszeit perfekt sei, um aufgewärmt durch das eine oder andere Tässchen Tee, immer wieder Ausschau nach dem Ungetier zu halten. So etwa vom Urquhart Castle aus. Die wohl meist fotografierte Ruine Schottlands, deren älteste Teile aus dem 13. Jahrhundert stammen, liegt auf einer malerischen Landzunge direkt am Loch Ness. 1691 wurde die umkämpfte Burg in die Luft gesprengt, damit sie nicht in die Hände der Jakobiten fiel. Und noch heute sind die Narben von mehr als 200 Jahren Freiheitskampf und Belagerung allgegenwärtig.
Monstermania in Drumnadrochit
Urquhart Castle liegt malerisch auf einer Landzunge an Schottlands berühmtesten See. – Foto Karsten-Thilo Raab
Im wenige Kilometer entfernt liegenden Loch Ness Centre im Drumnadrochit wird derweil alles Wissenswerte rund um das Seeungeheuer mit Hilfe von Fotos, Zeichnungen, Modellen und verschiedenen multimedialen Medien anschaulich präsentiert. Die wissenschaftlichen Erkenntnisse werden ebenso verständlich aufbereitet wie wilde Theorien zur Existenz des Monsters. Und, damit das Phänomen Loch Ness, das bei nüchterner Betrachtung eher wie ein riesiger PR-Gag anmutet, zumindest bei den Andenkenjägern nicht verebbt, steht Nessie für ein paar Pfund in allen erdenklichen Formen aus Plüsch, Plastik oder Porzellan zum Verkauf.
Aabtei-Schwimmbad im Highland Club in Fort Augustus. – Foto: Karsten-Thilo Raab
Perfekte Entspannung findet der geneigte „Monsterjäger“ in Fort Augustus am westlichen Ende des Lochs, wo am Übergang in den Kaledonischen Kanal ein ehemaliges Benediktinerkloster liegt. Hier sind weniger die großzügigen, topmodernen Luxus-Apartments des Highland Clubs das Besondere, als vielmehr das kleine Schwimmbad und die Dampfsauna in der steinalten Abtei. Das strahlend blaue Wasser bildet einen herrlichen Kontrast zu den alt-ehrwürdigen Kirchenfenstern.
Schottische Keks-Weisheit
Die abenteuerliche Off-Road-Safari führt durch Teile der Cairngorns. – Foto: Karsten-Thilo Raab
Beim Gang durch den fast acht Hektar großen Garten präsentiert Emily eine ureigene Theorie: „Wenn Schottland ein Keks wäre, würde es genau im Great Glen zerbrechen.“ In dem weiten Tal, in dem auch das Loch Ness liegt, sind vor Millionen von Jahren zwei tektonische Platten aufeinander getroffen. Mit dem Ergebnis, dass der Graben entlang des Kaledonischen Kanals heute das schottische Hochland in die Grampian Mountains und die Northwest Highlands unterteilt.
Am Loch Laggan findet sich der größte Binnenstrand Großbritanniens. – Foto: Karsten-Thilo Raab
Auf beiden Seiten des Great Glens lockt eine faszinierende landschaftliche Vielfalt mit Bens und Glens, also Bergen und Tälern, und unzähligen Seen. Dazu gehört der beeindruckende Loch Laggan. Der elf Kilometer lange See mit dem größten Binnenstrand in Großbritannien ist auch Startpunkt für eine Off-Road-Safari durch Teile des Cairngorn Nationalparks. Mit dem Landrover geht es dabei durch die Berge, vorbei an Seen, durch Flüsse und Bäche, durch weitläufige Waldgebiete mit üppigem Rotwildbestand bis zu den Falls of Pattack.
Gin-Zutaten frisch aus den Highlands
Chris Molyneaux vermittelt in einem Schnellkurs die Grundlagen der Gin-Herstellung. – Foto: Karsten-Thilo Raab
„Fast alles, was hier wächst und gedeiht, lässt sich zur Gin-Herstellung nutzen“, verrät Gill, die als Pflanzenexpertin regelmäßig im Auftrag von Daffy’s Gin das Gebiet durchstöbert und geeignete Zutaten einsammelt. Im Schatten der berühmten schottischen Whisky-Hersteller erlebt Gin, dessen lange Geschichte bis ins 13. Jahrhundert zurückreicht, nicht nur in Großbritannien eine wundersame Renaissance. Und der preisgekrönte Hersteller Daffy’s vermittelt im beschaulichen Strathmashie in der sogenannten Gin School binnen drei Stunden das notwendige Rüstzeug zur Herstellung eines eigenen Gins.
In der Gin-School stehen alle Arbeitsgeräte und Zutaten für die „Schüler“ bereit. – Foto: Karsten-Thilo Raab
„Bei unserem kleinen Kurs geben wir eine 100-prozentige Erfolgsgarantie, was den Geschmack der eigenen Produktion angeht“, versichert Inhaber Chris Molyneaux. 128 verschiedene Pflanzenarten und Gewürze stehen den angehenden Gin-Produzenten zur Auswahl. Wobei das Gros aus den schottischen Highlands stammt. Neben dem reinen, knapp 96-prozentigem Alkohol, der aus Weizen aus der Normandie hergestellt wird, sind Wachholder und Zitrusfrüchte unerlässliche Grundbestandteile.
Einfachheit als Schlüssel zum Erfolg
Fast 130 Zutaten werden für die individuelle Gin-Herstellung vorgehalten. – Foto: Karsten-Thilo Raab
„Der Schlüssel zum Erfolg ist die Einfachheit. Geschmacklich ist weniger oft mehr“, rät Chris den „Schüler“ davon ab, allzu viele Zutaten zu verwenden. Um den Gin weicher und etwas süßer zu gestalten, empfiehlt er hier und da ein wenig Lakritz hinzuzugeben. „Auch für mich war die Gin-Herstellung immer auch eine Geschichte des persönlichen Scheiterns“, spricht Chris den Lernwilligen Mut zu. Er selber habe allein mehr 60 Mal versucht, einen Gin aus Pilzen zu kreieren. Und alle, so Chris lachend weiter, „schmeckten nach nasser Hund.“
Schritt für Schritt legen die Schüler der Gin-School selber Hand an. – Foto: Karsten-Thilo Raab
Ein Misserfolg, von dem die Gin-Schüler dank der fach- und sachgerechten Unterstützung verschont bleiben. Besonders hoch in der Gunst stehen fruchtige Mischungen mit getrockneter Grapefruitschale, ein wenig Zironenschale und zermahlten Pinien-Nadeln. Knapp drei Stunden dauert es von der Einführung bis zur Fertigstellung des ersten eigenen Gins. Als Belohnung wartet nicht nur ein spezielles Zertifikat, sondern auch eine abgefüllte Flasche mit der Eigenproduktion. Und spätestens beim ersten vorsichtigen Nippen an der ganz individuellen Gin-Kreation weiß ein jeder, so schmeckt das schottische Hochland.
Wissenswertes zum Besuch des schottischen Hochlands
Der Highland Club in Fort Augustus hat geschickt das ehemalige Kloster mit in seine Räumlichkeiten einbezogen. – Foto: Karsten-Thilo Raab
Off-Road-Tour: Highland All Terrain, The Old Filling Station, Ardverikie Estate, Kinlochlaggan PH20 1BX, Schottland, Telefon 0044-(0)1528-544358, www.highlandallterrain.co.uk. Die etwa zweieinhalbstündigen Off-Road-Touren kosten 45 Britische Pfund pro Person.
Blick über den River Ness auf Inverness Castle. – Foto: Karsten-Thilo Raab
Gin-Herstellung: Daffy’s Gin, Strathmashie Distillery, Strathmashie, PH20 1BU Schottland, Telefon 0044-(0)1528-544755, www.daffysgin.com/gin-school. Der dreistündige Kurs, an dessen Ende ein jeder Teilnehmer ein Zertifikat und den eigenen Gin erhält, kostet 95 Britische Pfund.
Essen & Trinken: The Kitchen 15 Huntly St, Inverness IV3 5PR, Telefon 0044-(0)1463-259119, www.kitchenrestaurant.co.uk. Die direkt am Ufer des River Ness gelegene, moderne Brasserie bietet auf drei Etagen kreative schottische Küche mit Blick auf Inverness Castle.
Die Apartments des Highland Clubs sind allesamt überaus stylish eingerichtet. – Foto: Karsten-Thilo Raab
Übernachten: The Highland Club, St. Benedict’s Abbey, Fort Augustus PH32 4BJ Schottland, Telefon 0044-(0)20-34783897, www.thehighlandclub.co.uk. Die luxuriösem Apartments direkt am Loch Ness werden ab 218 Britischen Pfund pro Nacht angeboten.
Buch- und Geschenktipp für Outdoor- und Abenteuerfans: How to shit in the woods
Shit happens – im echten Leben und auch in freier Wildbahn daher die Frage How to shit in the woods? Und früher oder später wird jeder Outdoorer erkennen, dass es weit komplizierter sein kann als vermutet, sein kleines oder großes Geschäft an der frischen Luft zu erledigen. Dieser Ratgeber nähert sich dem Thema mit viel Humor und ohne Berührungsängste. Kurze Ausflüge zur Toilettenkultur in verschiedenen Ländern leiten unterhaltsam zum eigentlichen Thema des Buches über: praxistauglichen Tipps zur Verrichtung des Geschäfts in freier Wildbahn. Erhöht wird der Nutzwert des handlichen und trotz allen Humors ernst gemeinten Ratgebers durch zahlreiche Produkttipps für praktische Hilfsmittel – vom Klappspaten bis zur faltbaren Papptoilette. Auch der perfekte Geschenktipp …
Pressestimmen „Das handliche Buch hält neben allerlei Historischem und Kuriosem vor allem Unmengen an Tipps rund ums Defäkieren und Urinieren außerhalb des geschützten Rahmens der heimischen Toilette bereit – eine echte Leseempfehlung für alle, die tiefer ins Thema einsteigen wollen“, urteilte die Saarbrücker Zeitung
„Der ultimative Klo-Ratgeber für Natur-Liebhaber“, befand die Hamburger Morgenpost. „How to shit in the woods (…) erklärt auf 96 Seiten viel Einleuchtendes zur Theorie des Sich-Erleichterns“, schrieb Die ZEIT; „eine gleichermaßen nützliche wie vergnügliche Lektüre“ lautete das Fazit der Wanderlust und „allerhand Tipps für das dringende Bedürfnis in der Wildnis“, wertete die Bild-Zeitung.
Karsten-Thilo Raab berichtet seit mehr als drei Jahrzehnten für eine Vielzahl von Zeitungen und Magazinen über Reiseziele weltweit. Zudem hat er sich einen Namen gemacht als Autor von mehr als 120 Reise-, Wander- und Radführer sowie Bildbänden.
Erhältlich ist How to shit in the woods (ISBN: 978-3-86686-824-3, 7. Auflage) von Karsten-Thilo Raab und Ulrike Peters für 9,90 Euro im Buchhandel oder online bei allen gängigen Versandbuchhändlern wiewww.conrad-stein-verlag.de
Karsten-Thilo Raab
berichtet seit mehr als drei Jahrzehnten für eine Vielzahl von Zeitungen und Magazinen über Reiseziele weltweit. Zudem hat er sich einen Namen als Autor von mehr als 120 Reise-, Wander- und Radführern sowie Bildbänden gemacht.
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