„Memmelsdorf? Buttenheim? Noch nie gehört.“ Für viele mögen diese beiden Orte im Bamberger Land ein unbeschriebenes Blatt sein. Beide aber sind abseits des Touristenstroms erholsame Rückzugsorte und bestens geeignete Ausgangspunkte für vielerlei Ausflüge in die schönen, abwechslungsreichen Landschaften Oberfrankens, zur Weltkulturerbestadt Bamberg oder für Tagesausflüge nach Nürnberg oder Würzburg. Sowohl Memmelsdorf als auch Buttenheim haben ihren ursprünglichen fränkischen Charakter und Charme bewahrt und sind nicht nur für Naturliebhaber, Kulturinteressierte und Bierfreunde eine echte Urlaubsalternative zu den größeren Städten in ihrem Umkreis.
Malerische Landschaften und Bierspezialitäten
Die Gemeinde Memmelsdorf mit ihren gut 8.800 Einwohnern ist etwa fünf Kilometer von Bamberg entfernt. Sie ist Teil der fränkischen Toskana, die sich durch ihre landschaftliche Schönheit, historische Kulturstätten und nicht zuletzt durch ihre Brauereidichte auszeichnet. Der Name kommt nicht von ungefähr. Die hügelige, von Weinbergen durchzogenen Landschaft und zahlreiche beschauliche Dörfer erinnern an die italienische Toskana. Wanderer und Radwanderer, Autonarren und Bierliebhaber können eine Vielzahl an attraktiven Ausflugzielen in die umliegende Region unternehmen.
Schloss Seehof – früher nur für Bischöfe
Zum Beispiel nach Schloss Seehof, nur gute 10 Minuten Fußweg von Memmelsdorf entfernt. Das prunkvolle Barockschloss mit seinem weitläufigen Garten im Rokokostil ist ein beliebtes Ausflugsziel. Zurecht, allein schon wegen der prächtigen Architektur und den schönen, gepflegten Gartenanlagen im Rokokostil, in denen man flanieren und stundenlang verweilen kann.
Das Schloss diente von 1687 bis 1896 als Sommerresidenz und Jagdschloss der Bamberger Fürstbischöfe. Und diese ließen es sich offensichtlich gutgehen. Davon zeugt die gesamte Anlage. Prächtig ist nicht nur die strahlend gelbe Fassade des in den letzten Jahren aufwändig restaurierten Schlosses. Auch die neun zu besichtigen Prunkräume sind, wie der Name schon vermuten lässt, äußerst luxuriös und kunstvoll gestaltet. Der Schlossgarten steht dem mit seinen Fontänen, Skulpturen, Laubengängen, Wasserspielen und einer Wasserkaskade nicht nach. Im Sommer werden vor den Orangeriegebäuden im Schlossgarten über 160 Zitruspflanzen deponiert, die mit ihren Blüten und leuchtenden Farben und Düften eine besonders schöne Aura kreieren.
Die Innenräume des Schlosses können nur im Rahmen einer ca. 45 minütigen Führung besichtigt werden. Für diese muss man sich vorher telefonisch oder über die Website des Schlosses anmelden. Ein Café und Restaurant gibt’s übrigens auch.
Ein Paradies für Natur- und Bierliebhaber
In der fränkischen Toskana kommen Wanderer und Radwanderer und auch Bierliebhaber auf ihre Kosten. Von den vielen schönen, ausgeschilderten Wander- und Radwege führen einige von einer Brauerei zur anderen. In Memmelsdorf startet beispielsweise der 34 Kilometer lange 13-Brauereien-Weg. Dabei kann man die einzelnen Brauereien etappenweise erwandern oder auch nur teilweise auf Rundwanderungen mit Start und Ziel Memmelsdorf.
Ein guter Startplatz in Memmelsdorf ist die Brauerei „Drei Kronen“, der ein gleichnamiges, gepflegtes Drei-Sterne-superior Hotel angeschlossen ist. Die kleine Brauerei besteht schon seit dem Jahre 1457 und ist seit 1936 Familienbetrieb. Eine Führung durch die Brauerei lohnt sich. Braumeisterin Isabell Mereien hat seit 2016 in vierter Generation zusammen mit ihrem Mann den Braubetrieb übernommen. Sie versteht ihr Handwerk und führt kenntnisreich und liebenswert durch ihr kleines Brauerei-Reich. Dabei kann man hautnah den Brauprozess miterleben, der teilweise absichtlich noch mit historischen Hilfsmitteln durchgeführt wird. Und natürlich darf bei einer Führung das Zwickeln nicht zu kurz kommen: das Probieren der frisch gebrauten Biersorten. Davon gibt es im „Drei Kronen“ einige.
Aushängeschild des Betriebes ist die „Lotte“, ein goldfarbenes fränkisches Helles mit einer fruchtigen Hopfennote. Wer möchte, der kann in Wochenendkursen „Sei selbst der Brauer“ die Kunst des eigenen Bierbrauens erlernen. Ein gar nicht hoch genug einzuschätzender Vorteil ist dabei, dass man nach dem Kurs im Hotel der Brauerei übernachten kann.
Zeitgemäße und vielfältige fränkische Küche wird im Restaurant oder dem Biergarten des „Drei Kronen“ serviert. Mit einer Speisekarte, die für jeden etwas bereit hält. „Bei uns ist vom Enkel bis zur Uroma für jeden was dabei“, ist der Slogan des „Drei Kronen“.
Jeans und historisches Fachwerk in Buttenheim
Die Marktgemeinde Buttendorf wartet mit einem besonderen Museum in einem denkmalgeschützten Fachwerkhaus auf: dem Geburtshaus des Jeans-Erfinders Levi Strauss. In dem mehrfach international ausgezeichneten Museum dreht sich alles um die Jeans und die Lebensgeschichte ihres Erfinders.
Die Dauerausstellung präsentiert unterhaltsam und mithilfe moderner Multi-Media-Technik den Lebensweg Levis Strauss‘ vom Sohn eines einfachen Hausieres zum reichen deutsch- amerikanischen Industriellen sowie die Entstehungsgeschichte der Jeans. 1829 in Buttenheim geboren, wanderte Levi Strauss 1847 nach Amerika aus. 1873 erfand er die erste Jeans, die anfangs nur als Arbeitskleidung gedacht war.
Im Levi-Strauss-Museum befinden sich dazu viele interessante Ausstellungsstücke sowie seltene und ausgefallene Jeansmodelle. Zusätzlich zur Dauerausstellung gibt es regelmäßig Sonderausstellungen, die sich u. a. mit der gesellschaftlich- kulturellen Rolle der Jeans beschäftigen.
Zum 20-jährigen Bestehen stiftete der Förderverein Levi Strauss Geburtshaus e.V. eine lebensgroße Bronzestatue des Jeanserfinders. Die von Künstler Rainer Kurka geschaffene Figur rundet das Erscheinungsbild des Museumsensembles nun ab.
Dorf mit jeder Menge Denkmalschutz
Der Buttenheimer Ortsteil Frankendorf ist mit seinen 31 unter Denkmalschutz stehenden Fachwerkhäusern, seinen schönen Grünflächen und blumengenschmückten Häuser und Plätzen einen Besuch wert. Die meisten der ansehnlichen, denkmalgeschützten Fachwerkhäuser stammen aus dem 18 und 19 Jahrhundert.
In dem kleinen und beschaulichen Dorf mit seinen nur rund 160 Einwohnern fühlt man sich zurückversetzt in längst vergangene Zeiten. Jeden Moment, so hat man das Gefühl, muss ein Müller mit geschulterten Mehlsäcken oder ein mit Heuernte beladener Ochsenkarren um die Ecke kommen. Und fast bedauert man es, anschließend wieder in die Alltagswelt zurückzukehren.
Die Recherche fand auf Einladung/mit Unterstützung von Bamberg Tourismus & Kongress Service statt.
Peer Völz
lebt in Hannover und findet, dass nicht nur Niedersachsens Landeshauptstadt eine Reise wert ist. Der freie Reisejournalist und Autor schreibt seit 2019 regelmäßig für das Mortimer-Reisemagazin.