Ernährungsalternative auf die britische Art

Es wird gegessen, was auf den Tisch kommt. Millionen von Kindern können ein Lied davon singen, wie sie mit diesen Worten dazu gezwungen wurden, Dinge zu essen, die sie gar nicht mögen. Beim Engländer Arthur Boyt liegen die Dinge anders. Bei dem ehemaligen Verwaltungsangestellten aus Davidstow in Cornwall wird das gegessen, was auf der Straße liegt. Der rüstige Rentner kratzt seit seinem 13. Lebensjahr die Reste totgefahrener Tiere vom Asphalt und bereitet das Fleisch anschließend am heimischen Herd zu. Das spart Geld, macht aber die Essensplanung etwas schwierig. Denn Boyt weiß ja nie so genau, was er findet und wann er es findet. Spannender ist noch die Frage, wie lange der Kadaver vielleicht schon auf der Straße lag und wie viele Autos wohl darüber gerollt sind. Boyt jedenfalls ist von seinem ureigenen Ernährungskonzept überzeugt: „Ich bekomme kostenlos jede Menge Fleisch, von dem ich genau weiß, dass es nicht mit Hormonen voll gestopft oder lebensmitteltechnisch behandelt wurde.“

Und so kommt bei Boyt alles auf den Tisch, dass nicht schnell genug auf den Bäumen war, oder besser gesagt, was nicht schnell genug die Straße überqueren konnte. Der Bogen reicht von Eichhörnchen, Fledermaus und Otter über Kaninchen und Wild bis hin zu Wiesel, Ratte, Katze und Maus. Sogar ein Stachelschwein und einen Labrador will Boyt verschlungen haben. Sein Lieblingsgericht aber seien, so der Allesverwerter, neben einem Dachs-Sandwich Spaghetti mit Igel-Carbonara-Sauce. Während sich nun einigen allein bei dem Gedanken an Boyts Fleischgelüste der Magen umdreht, will der Engländer sein über Jahrzehnte erworbenes Fachwissen in der Zubereitung platt gefahrener Tiere nun mit Essensliebhaber in aller Welt teilen. Denn in einem Kochbuch will er seine besten Rezepte veröffentlichen. Motto: „Man nehme einen zerquetschten Hasen, lasse diesen mit Zwiebeln bei niedriger Temperatur langsam köcheln“.

Boyt ist sicher, dass mit seinem Buch noch mehr Menschen auf den Geschmack kommen. Denn, so argumentiert der Brite, der nach eigenem Bekunden noch nie in seinem Leben krank war, viele Menschen würden auch Früchte essen, wenn sie vom Baum gefallen seien. Warum sollte man dann einen Klumpen Fleisch verschmähen, nur weil ein paar Reifen darüber gerollt sind? Was irgendwie logisch scheint. Das einzige, das zu denken gibt, ist die Tatsache, dass sein Frau Sue überzeugte Vegetarierin ist.

Derweil scheint Boyts Beispiel Schule zu machen – oder besser gesagt, Universität. Denn an der University of Bournemouth wurden nun Studenten darin unterrichtet, wie Kadaver von platt gefahrenen Tieren fachgerecht zerlegt werden können. Im Rahmen dieses Seminars sollte den Studenten vermittelt werden, wie sich die Schlachtmethoden im Laufe der Jahrhunderte weiterentwickelt haben. Im Anschluss wurde das Fleisch dann bei einem Grillfest verzehrt. Dabei lernten die Studenten auch verschiedene Zubereitungsmethoden kennen. Dies sollte als Anregung dienen, platt gefahrene Tiere mitzunehmen und zu essen. Dies könne dazu beigetragen, die Finanzlage der oftmals klammen Studenten zu verbessern und gleichzeitig etwas Abwechselung auf den Teller zu zaubern, heißt es an der Universität. Denn viel Studenten würden sich aus Kostengründen vornehmlich von Toast und baked beans (weißen Bohnen in süßer Tomatensauce) ernähren. Was nicht gerade gesund ist. Als problematisch wird jedoch angesehen, dass in der Regel nichts über die Herkunft des Tieres bekannt ist. Auch nichts über den Gesundheitszustand des Tieres. Daher raten die Lebensmittelexperten des New Forest District Council vom Verzehr der Kadaver ab, während andere auf die Erfahrungen des Arthur Boyt verweisen.

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