
Rings um das Mittelmeer ist die Auswahl an Urlaubsmöglichkeiten reichhaltig. Sei es Italien, Griechenland mit seinen Inseln, die französische und spanische Küste, Malta und auch die Türkei. Dies sind vermutlich die Ziele, die vielen einfallen, wenn sie an mediterrane Urlaubstage denken. Doch es gibt ein weiteres Land, das gerade mit seinem Preis-Leistungsverhältnis punktet. Vor allem jetzt im Herbst mit noch angenehmen Temperaturen und blauem Himmel: Tunesien.

In den vergangenen Jahren ist Tunesien jedoch durch Terroranschläge ein wenig ins Trudeln geraten. Gerade diese IS-Anschläge (2002 Djerba, 2015 Tunis, 2015 Sousse), um nur einige zu nennen, die fast 100 Todesopfer forderten, und einige weitere mehr hatten einige bei der Wahl ihres Urlaubsortes im Sinn. Dabei muss man leider sagen, dass auch Spanien, die Türkei und Frankreich nicht verschont blieben. Aber irgendwie hat man es dort verdrängt. Seit dem Jahre 2021 hat sich nun auch in Tunesien die Lage wieder stabilisiert. Es scheinen aber auch die Kosten zu sein, die Touristen wieder in das kleinste nordafrikanische Land fliegen lässt.
Dem Schmuddelwetter entfliehen

Zwei Touristen aus Stuttgart und Düsseldorf am Strand von Hammamet bestätigen dies. „Wir haben zwar von den Anschlägen gehört aber am Ende war der Preis das entscheidende.“ Aber auch das Wetter und die kurze Flugzeit aus Deutschland (zwei bis drei Stunden) wären ein Faktor gewesen. Sie hatten sich für das Fünf-Sterne-Hotel The Sindbad am unendlich wirkenden Strand von Hammamet entschieden. Für Liebhaber ausgedehnter Strandspaziergänge ein Hotspot. Mehrere Restaurants, Spa, Shops, Fitness, natürlich gemütliche Zimmer mit Garten und vor allem der eigene Strandbereich mit Restaurant, Bar und Pool bieten alles, was es zum entspannten Urlaub braucht. Am Wochenende kommen vor allem wohlhabende Tunesier in großen Familien- und Freundesclans, um Erholung von der gut eineinhalb Stunden entfernten Hauptstadt Tunis zu finden. Ansonsten sind es vor allem Gäste aus Polen, Rumänien und Tschechien. Insgesamt gut sieben Millionen Besucher im Jahr.

„Deutsche sind es in den vergangenen Jahren etwas weniger geworden“, erzählt der einheimische Reiseleiter. Die Deutschen seien sehr anfällig für Terrorangst und natürlich habe Corona einen Einbruch gebracht. Er sieht aber auch schlechtes Marketing auf tunesischer Seite als Grund. Bei Deutschlands größtem privaten, konzernunabhängigen Reiseveranstalter sieht man das jedoch ein wenig anders. „Tunesien entwickelt sich bei uns weiter sehr positiv, letztes Jahr plus 15 Prozent, dieses Jahr aktuell bei plus 20 Prozent gegenüber Vorjahr“, heißt es. Zwar seien die Reisepreise über die letzten Jahre etwas angezogen. Aber im Vergleich zu anderen Urlaubszielen bleibt es weiterhin sehr attraktiv. Besonders beliebt auch die attraktiven Konditionen für Langzeitaufenthalte im Winter, die naturgemäß vor allem Senioren nutzen. Von Dezember bis Februar kann man bei 11 bis 17 Grad Celsius dem mitteleuropäischen Schmuddelwetter entfliehen.
Oliven satt

Ein weiteres Manko beklagt der örtliche Reiseleiter. Dies gilt wohl für viele Urlaubsregionen: All-Inklusive. „Etliche Gäste kommen an, checken im Hotel ein und verlassen bis zur Abreise nicht das Hotel.“ Dies sei leider schlecht für das Geschäft der örtlichen Restaurants und der Anbieter von Ausflügen. Dabei sind die Taxipreise günstig und die Altstadt von Hammamet einen Spaziergang wert. Unübersehbar das alte Fort aus dem 9. Jahrhundert mit seinen verwinkelten Gassen und vielen schönen Türen (die übrigens auch in der Altstadt von Tunis und der dortigen Medina eine Betrachtung wert sind), man kann eine Tagestour in alte Berberdörfer machen, traditionelle Handwerkskunst bewundern, bei Nomaden frisches Brot essen und durch schier endlose Olivenhaine fahren. Ist doch Tunesien der weltweit größte Exporteur von Olivenöl. Vor Spanien, Italien und Griechenland. Das Land hat elf Millionen Einwohner aber 80 Millionen Olivenbäume. In den Bergen etwas außerhalb von Hammamet findet man das, was für jede Stadt elementar ist. Den Tempel des Wassers. Von dort floss das Lebenselixier gut 130 Kilometer über Aquädukte nach Karthago.

Für diejenigen, die dann doch noch mehr als nur das Hotel und seine Angebote erleben möchten, ist natürlich ein Ausflug nach Tunis ein Muss. Vor allem die dortige Medina, die größte Nordafrikas und seit 1979 UNESCO-Welterbe, ist ein Erlebnis. Irgendwie scheint es so, als landet man im 7. Jahrhundert, als sie entstand. Neben den vielen Handwerkern und Geschäften, die wie in einem heutigen Kaufhaus geordnet sind, Schmuck, Textilien, Parfüm und Gewürze, Möbel, findet man eine Koranschule und eine der ältesten aus dem 8. Jahrhundert stammenden Moscheen Nordafrikas. Gut und gern mehrere Stunden kann man sich durch die Gassen treiben lassen und hat sicherlich nicht alles gesehen. Am Nördlichen Ende gelanget man durch einen Triumphbogen ins modernere Tunis. Dort erstreckt sich die Avenue Habib Bourguiba, die auch Champs-Élysées von Tunis genannt wird.

Unweit von Tunis ist ein weiterer Stopp für Touristen das blau-weiße Dorf Sidi Bou Said. Ein wenig überlaufen mit Touristen, aber trotzdem sehenswert. Auch wenn die Händler dort mit den Preisen etwas über die Stränge schlagen. Aber Handeln lohnt. Wiederum, wie bereits erwähnt, kann man kunstvoll gestaltete Türen bewundern sowie in kleinen Läden und Cafés verweilen.

Zum Abschluss dieser kleinen Tunesien-Tour geht es noch in einen Ort, den man Politikern als Pflichtziel empfehlen sollte. Ebenso wie beispielsweise Auschwitz, Hiroshima oder auch Verdun. Die Ruinen des um 800 v.Chr. gegründeten und einst mächtigen Karthago. Nur mehr Fragmente erinnern an glorreiche Zeiten als Hannibal herrschte. Bis die Römer es in den Punischen Kriegen zerstörten. Daran erinnerte Bertolt Brecht als er 1951 seinen „Brief an die deutschen Künstler und Schriftsteller“, veröffentlichte, der auch darüber hinaus weithin Widerklang erfuhr: „Das große Karthago führte drei Kriege. Es war noch mächtig nach dem ersten, noch bewohnbar nach dem zweiten. Es war nicht mehr auffindbar nach dem dritten.“ Und Brecht fügte hinzu: „Wenn wir zum Krieg rüsten, werden wir Krieg haben.“

Nun noch eine ganz kurze kuriose Geschichte aus Hammamet. Nur wenige Meter vom The Sindbad an der Hauptstraße gelegen, empfängt einen plötzlich eine Restaurantwerbung mit der Aufschrift Berliner Restaurant. Im Inneren Bilder der deutschen Hauptstadt, das Foto einer Bockwurst mit Kartoffelsalat etc. Auf der Karte findet sich davon leider nichts. „Früher hatten wir einige deutsche Gerichte, aber nun macht das hier keiner mehr“, erzählen lachend der 75-jährige Mohamad Asmi und sein Sohn Kadar. Mohamad liefert auch gleich noch die Erklärung für das Restaurant. „Mein Bruder war einst in Berlin zum Arbeiten und so entstand die Idee.“ Gegenüber im Kulturzentrum der Stadt im Dar Sebastian ist dagegen Geschichte greifbar. Paul Klee und August Macke malten dort bei einem Besuch 1914 einige Bilder, später diente die Villa Nazifeldmarschall Erwin Rommel als Quartier, ihm folgte Marschall Bernard Montgommery, Winston Curchill schrieb hier an seinen Memoiren und Coco Chanel und Sophia Loren kamen zum Entspannen. Und nur einen Steinwurf entfernt liegt Berlin. – Tunesien hat eben einiges zu bieten. Sogar ein Stück Berlin…

 
    Honza Klein
Der Berliner hat für diverse Radiosender gearbeitet, war viele Jahre Redakteur bei der Berliner Morgenpost, hat an Büchern über Berlin mitgearbeitet und ist u.a. Autor für die Super Illu und Gastgeber einer Talksendung bei TV Berlin.
 
 
		 
		 
		