Die beste Jahreszeit für Reisen auf die Bermudas ist nicht Anfang Juni bis Ende November! Ich habe mich für ein paar Tage mit Joaquin auf den Bermudas getroffen. Es war sowas wie ein mehrtägiges Blinddate mit einem stürmischen Typen. Ich wusste nämlich vorher gar nichts von ihm. Erst am Flughafen JFK in New York hörte ich erste Gerüchte. Der Pilot meiner Maschine begrüßte die Kollegen des ankommenden Fluges mit der Bemerkung er müsste „in front of a hurricane“ fliegen. Wie, Hurrikan? Ich war einfach zu früh am Morgen aufgestanden und dann von Hamburg über Frankfurt nach New York geflogen und hatte daher gar nichts mitbekommen.
Der Flugkapitän sah aber sehr vertrauenswürdig und erfahren aus, also hatte ich keine Angst, dass, wenn er fliegt, das auch gut hinbekommt. Den Flug habe ich dann fast komplett verschlafen, es hat überhaupt nicht geschaukelt und die pünktliche Landung war auch ganz sanft. Draußen war es schwülwarm, regnerisch und doch ziemlich windig. An dem Abend sollte noch ein Flug aus Miami landen, für den nächsten Tag waren wohl schon alle Flüge gecancelt.
Joaquin lässt die Muskeln spielen
Dann ging es los. Der Hurrikan hatte bereits erste verheerende Schäden auf den Bahamas angerichtet und an der US-Ostküste für erhebliche Überschwemmungen gesorgt. An diesem Tag war jedenfalls an Beach (mit dem sagenhaften rosafarbenen Sand) nicht zu denken. Es kam auch schon genug Wasser von oben. Jedenfalls draußen. Der Wasserdruck und die Menge waren jedenfalls erheblich mehr als das, was aus der Dusche kam.
Man traf sich mit anderen Gästen in der Lobby. Mittags wollten wir kurz mal raus, um einen ganz kleinen Eindruck der Front Street in Hamilton bekommen. Das war schließlich keine große Entfernung vom Hotel aus. Da wir schon etwas hungrig waren, haben wir zuerst in eine benachbarte Sportsbar geguckt. Dort war alles voller Arsenal London Fans in Trikots und es lief die Liveübertragung gegen ManU. Die Bundesliga lief da jedenfalls nicht. Es war uns dann doch zu voll und wir sind weitergezogen.
Es war Sonntag, die Läden hatten geschlossen. Leider hatte dann auch noch die Tankstelle zu, wo ich mir stilles Wasser kaufen wollte. An das Wasser aus dem Hahn habe ich mich nämlich nicht ran getraut. Da es auf der Insel keine Quellen gibt, wird das Regenwasser (von den Dächern) aufgefangen und in Zisternen gespeichert.
Zwangsdusche aus der Luft
An der Front Street konnte ich ganz am Anfang ein Foto vom Wasser machen, da fing es dann auch schon richtig an zu gießen. Da ist man schnell patschnass. Zum Glück haben wir dann ein geöffnetes Lokal gefunden, wo wir eine Kleinigkeit zu Essen bekamen, war auch gar nicht so teuer, wie sonst alles auf den Bermudas. Schließlich kommt alles mit Schiffen hier her. Gestärkt haben wir uns wieder raus gewagt. Mittlerweile hatte der Hurrikan schon erheblich zugelegt. Starke Böen trieben den heftigen Regen fast waagerecht vor sich her. Tja, nützt nix, wir mussten ja zurück ins Hotel. Das einzig Positive daran war, dass das Wasser und die Luft sehr warm waren.
Im Hotel angekommen waren alle (alle!) Klamotten am Leib tropfnass und sie Schuhe komplett durchgeweicht. Auch 24 Stunden später war noch nicht alles trocken, obwohl ich mit dem Föhn etwas nachgeholfen hatte.
Ist schon gewöhnungsbedürftig, dass man bei solch einem S….Wetter drinnen die Klimaanlage laufen lassen muss, weil es so warm ist. Zum Glück hatten wir wenigstens mittags etwas gegessen, weil es sich am Abend als unmöglich herausstellte. Die Geschäfte und Tankstellen hatten sowieso zu. Die Restaurants und Bars mittlerweile auch. Alles war verrammelt und alle Leute haben sich zuhause eingeigelt. Kein Mensch war mehr auf der Straße. Unsere letzte Chance schien, ein nah gelegenes Hotel zu sein. Tja, schien. An der Bar haben sie an dem Abend nichts serviert, in dem Restaurant war eine private Feier, in dem zweiten Restaurant ging es sehr schick zu und es schien nur für Hotelgäste zu sein. Wir fühlten uns jedenfalls underdressed und vom „Winde verweht“, so dass wir diesen Versuch abgebrochen haben und uns wieder zu Joaquim nach draußen begeben haben.
Joaquin nimmt Verabredung ernst
Mittlerweile war er ziemlich furchteinflößend und wir wollten lieber schnell (und sicher) zurück in unsere Unterkunft. Dort blieben uns dann Kartoffelchips, Nüsse und eine Cola aus der Minibar. Ich hatte auch noch zwei Pralinen vom Flug – für drei Personen. Wenigstens die Minibarpreise waren human, auch wenn das nun keine Rolle mehr gespielt hätte. Danach hatte ich zwei Wetterkanäle im Fernsehen gefunden zwischen denen ich immer hin und her gewechselt bin, um mehr zu erfahren.
Die Bermudas sind recht klein auf der Weltkarte und es ist unwahrscheinlich, dass das Zentrum eines Hurrikans darüber hinwegfegt. Joaquin hat aber unsere Verabredung ernst genommen und pünktlich eingehalten. Die Einheimischen meinten, es könnte höchstens mal der Strom ausfallen, aber in der Stadt wäre er normalerweise schnell wieder da. Alle Bewohner sind dann aufgefordert, ihre Badewannen mit Wasser zu füllen, weil bei sie sonst kein Wasser aus den Zisternen bekommen. Nachts hätte ich einen Stromausfall auch nicht tragisch gefunden, schließlich schlafe ich gern im Dunklen. Der Strom ist in dieser Nacht nicht ausgefallen, nur ein paar Mal flackerte das Licht und die Dusche am Morgen war gesichert.
Schlaflose Nacht
Ich habe gar nicht schlecht geschlafen. Die Lautstärke war nicht schlimmer als die Nacht davor. Hier gibt es nämlich kleine Frösche, die einen Riesenlärm machen. Es hört sich an, als wären alle Auto-Alarmanlagen eines vollbelegten Parkhauses am Flughafen auf einmal losgegangen. Also eher wie eine Mischung aus (deutlich lauteren) Grillen und Vögeln. Unsere heimischen Frösche haben deutlich dunklere Töne in einem gemütlicheren Rhythmus drauf. Und sind leiser.
So zeigte sich mir der Hurrikan Joaquin (Hurrikans haben männliche Namen). Die Hurrikan-Saison dauert meist von Anfang Juni bis Ende November. Zuletzt tobte Hurrikan Ernesto auf Bermuda zu. Dieser Wirbelsturm erreichte Windgeschwindigkeiten von bis zu 140 Kilometern pro Stunde…
Marion Ammann
benötigt im Job einen scharfen Blick auf die Dinge. In Ihrer Freizeit begleitet sie Karl-Heinz Hänel auf seinen Fotoreisen. Da bleibt es nicht aus, selbst auf Details der Reisen zu schauen. Weder als Selfiemacher, noch als Influencerin, sondern als unbefangene Beobachterin erzählt sie über ihre Erlebnisse.