Ampel-Kunst mit Signalwirkung

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Eine ungewöhnliche Ampel in Bergkamen: ein römischer Legionär gibt grünes Licht. – Foto Karsten-Thilo Raab

Ampeln sind an nahezu allen wichtigen Straßenkreuzungen zu finden, erleichtern das Queren von Straßen und kontrollieren den Verkehrsfluss. Einige scheinen überflüssig, einige scheinen immer dann auf Rot umzuspringen, wenn man es eilig hat. Fakt ist, die Signalanlage ziert seit knapp 100 Jahren die deutschen Straßen. Die erste, damals noch von Hand bediente Ampel in Deutschland wurde 1924 auf dem Potsdamer Platz in Berlin in Betrieb genommen. Bereits fünf Jahre zuvor war im US-amerikanischen Detroit die erste elektronische Verkehrsampel der Welt aufgestellt worden, nachdem bereits am 10. Dezember 1868 am Parliament Square in der britischen Megametropole London die erste Ampel des Erdballs von einem Polizisten handbetrieben wurde.

Es sollte bis 1957 dauern, ehe in Berlin erstmals eine spezielle Fußgängerampel angeschaltet wurde. Heute gibt es mehr als 1,6 Millionen Ampeln bundesweit. Die meisten sind schlicht mit roten, gelben und grünen Kreisen oder den beliebten DDR-Männchen als Symbol ausgestattet. Längst finden sich Land auf, Land ab auch Ampeln, die zu wechselfarbigen Kunstobjekten mit Ortsbezug stilisiert wurden.

Bergarbeiter-Ampeln – wie hier in Hamm – gibt es vielen Ruhrgebietsstädten. – Foto Karsten-Thilo Raab

So manche eher unspektakuläre Kreuzung avanciert dank hübsch gestalteter Lichtanlagen zum wahren Hingucker. Kein Wunder, dass er hier und da beim Anfahren oder Überqueren der Straße mal etwas länger dauert. Denn die Ampelsymbole sorgen für Aufsehen und Gesprächsstoff oder zaubern hier und da ein Lächeln ins Gesicht.

So etwa in Bergkamen im Ruhrgebiet, wo eine Ampel unweit des Stadtmuseums an der Jahnstraße zu einer grün-roten Zeitreise einlädt. Legionäre mit Speer und Schild regeln hier symbolisch den Verkehr. Im heutigen Stadtteil Oberaden befand sich in der Antike das größte Römerlager nördlich der Alpen. Daran erinnern neben der Ampel eine Ausstellung im Stadtmuseum sowie der Nachbau des Römerlagers.

In Wesel am Niederrhein sorgt eine Esel-Ampel für einen Blickfang. – Foto Karsten-Thilo Raab

Derweil wird im westfälischen Hamm an die lange Bergbautradition erinnert. Unweit der ehemaligen Zeche Sachsen im Stadtteil Heessen regeln an der Kreuzung Sachsenweg und Dasbecker Weg Bergleute mit Grubenlampe den Verkehr. Auch in Duisburg wurde den Kumpeln ein beampeltes Denkmal gesetzt. Am Zoo weisen kleine rote und grüne Männchen mit Schutzhelm und Grubenlampe den Besuchern den Weg über die Mülheimer Straße. Ein Motiv, das u.a. auch an der Nordstraße in Mülheim an der Ruhr, an der Victoriastraße in Marl sowie an der Ecke Edmund-Weber-Straße und Bergmannstraße im Herner Stadtteil Röhlinghausen im Wechseltakt der Ampelschaltung auftaucht.

Zwar findet sich auch in Essen, genauer an der Wilhelm-Nieswandt-Allee in Höhe der ehemaligen Zeche Karl, Bergmannampeln, doch Europas Kulturhauptstadt 2010 hat noch eine weitere Besonderheit aufzuweisen: An der Frankenstraße gibt es eine Pferdeampel, die berittenen Reitern gefahrlos den Übergang von einem Teil des Stadtwalds in den anderen ermöglichen soll.

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Eine spezielle Pferdeampel regelt im Essener Stadtwald den tierischen Verkehr. – Foto Karsten-Thilo Raab

Im niedersächsischen Osnabrück deutet ein Steckenpferdreiter als Symbol für die Friedensstadt den Fußgängern an, wann sie an der Straße Alte Münze zu stehen und zu gehen haben. Ganz tierisch gibt sich auch Wesel. Am Niederrhein lässt ein Esel-Motiv an der Ecke Kreuzstraße und Esplanade so manchen Passanten das Handy für ein Selfie zücken. Im niedersächsischen Hameln wird derweil der berühmte Rattenfänger ins Licht gerückt. Die Märchenfigur ziert u.a. den Fußgängerübergang am Kastanienwall.

Märchenhafte Motive sorgen anderswo ebenfalls für beliebte Blickfänge: In der Hansestadt Bremen etwa zieren in Anlehnung an die berühmten Stadtmusikanten Esel, Hund, Katze und Hahn verschiedene Ampeln rund um den Freimarkt. In Augsburg erinnert die Kasperl-Ampel an der Ecke Milchberg und Spitalgasse an eine der bekanntesten Figuren aus der Augsburger Puppenkiste. Und in Mainz, dem Hauptsitz des Fernsehsenders ZDF, leuchten die Mainzelmännchen von den Signalanlagen einiger stark frequentierter Fußgängerüberwege.

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Mainzelmännchen zieren einige Ampeln in Mainz.

An der Marktstraße im hessischen Hanau regeln in Höhe des Hanauer Forums die Gebrüder Grimm den Verkehr. Seit 2018 sind Jacob und Wilhelm Grimm zu sehen, die bei Rot stehen und bei Grün gehen. In Emden in Ostfriesland strahlt Komiker Otto Waalkes rund um das Rathaus und am Otto-Museum als „hüpfender Blödel“ von der Signalanlage, während in Friedberg mit Musiklegende Elvis, der in der im mittelhessischen Kleinstadt von 1958 bis 1960 Militärdienst leistete, den Verkehr an dem nach ihm benannten Platz regelt.

In Trier, Deutschlands ältester Stadt, avanciert Karl Marx an verschiedenen Stellen der Innenstadt zum Ampelmännchen. So an der Ecke Simeonstiftplatz und Margarethengässchen. In Bonn wurde Beethoven, dem berühmtesten Sonn der Stadt, am Bertha-von-Suttner-Platz, genauer gesagt an der Kreuzung von Oxford- und Kölnstraße, ein weiteres Denkmal in Form einer Ampel gesetzt.

Grubenlampe und Helm schmücken die Bergarbeiter-Ampel.

Und im rheinland-pfälzischen Worms erinnert die Martin-Luther-Signalanlage daran, dass der Reformator während des Reichstags zu Worms im Jahre 1521 sich weigerte, seine Thesen zu widerrufen. In Anlehnung an seinen berühmten Schlusssatz vor dem Tribunal heißt es bei der Luther-Ampel heute zumindest während der Rotphase: „Hier stehe ich, ich darf nicht anders.“ Wer die Regel missachtet, gilt im Gegensatz zu Luther nach dem Reichstag nicht als vogelfrei, sondern muss, sofern er keinen Unfall verursacht, allenfalls mit einem Knöllchen rechnen.