Von der baufälligen Ruine zum perfekten Treffpunkt für Entspannungs- und Yogafreunde, das Hotel Balance im schweizerischen Wallis ist einfach etwas ganz Besonderes. Schon alleine die Anfahrt, von vielen Gästen wird der Mont-Blanc-Express von unten im Tal ab Martigny bis zum Halt Salvan oder Les Marécottes genutzt, ist einfach grandios. So schlängelt sich das Züglein tapfer in die vielen Kurven und durch Tunnels den bewaldeten Berg hinauf. Immer wieder eröffnen sich wundervolle Blicke ins mal enge, dann wieder weite Tal und auf die Berge gegenüber.
Am Bahnhof angekommen könnte man in etwa 20 Minuten zum Hotel gehen. Doch Roland Eberle, der Erschaffer und das Herz des Hotels Balance bietet selbstverständlich einen Abholservice an. Am Hotel Balance angekommen wird schnell klar, dass es sich hier um ein ganz besonderes Stückchen Erde handelt. Plakativ hängt an der Hausfront ein Banner mit der Aufschrift: „balance is everything“. Und genau das ist das, was dieses Haus so anders macht.
Der besondere Spirit des Hauses
„Es ist die Lebensfreude und der Sinn, der mir hier gefällt,“ sinniert Roland Eberle, der im Leben vor seinem Hotel Betriebswirtschaftslehre studiert und unterrichtet hatte, und bei einer Versicherung sein Geld verdiente. „Heute bin ich viel reicher, nicht was das Geld betrifft. Irgendwann in meinem früheren Leben dachte ich, es ist alles Mumpitz – solange wir überleben, spielt Geld keine so große Rolle. Heute bin ich reicher in punkto Zufriedenheit“ Und so erbaute sich der überzeugte Vegetarier mit Frau Ricky das erste vegetarische und biologische Hotel der Schweiz.
„Wissen sie,“ plaudert Roland weiter, „wir haben eine Ruine aus dem Jahre 1893 gekauft und Schritt für Schritt mit rein natürlichen Materialien aus- und umgebaut.“ Schmunzelnd erinnert er sich an die Zeit vor 40 Jahren. „Scheune, Kuhstall und Heustock sind heute Yogaräume und unser beliebtes Hammam. Dann ergänzt er, „und das Spannende ist, wir sind durch Zufall hier gelandet, etwas Besseres hätte uns nicht passieren können.“
Fokus rein vegetarische Küche
Besonders stolz ist der schlanke, drahtige Roland auch auf seinen eigenen Kräutergarten. „Viele Jahre Arbeit und vieles ausprobiert,“ erinnert er sich, „und viel gelernt. Zum Beispiel entscheiden sich die Kräuter einfach selber, wo sie wachsen wollen, oder auch nicht.“ Dann lacht der sympathische ältere Herr laut auf, weil ihm die alten Geschichten wieder einfallen.
Dann erzählt er, dass seit drei Monaten nicht mehr er, sondern sein Sohn Amadeus in der Küche und auch sonst der Chef ist. „Und er kann machen, was er will – wer kann das schon von sich sagen,“ meint Roland und ergänzt, „jetzt ist meine große Leidenschaft der Garten – vor allem ganz oben in der Ecke, eben mein Kräutergarten. Alles was nicht aus dem eigenen Garten entspringt, wird regional eingekauft. Vor allem von einer Frau aus dem Dorf Martigny unten im Tal. Eine Win-win-Situation. Die Dame hat feste Abnehmer und der Küchenchef des Hotels weiß um die hohe Qualität der gelieferten Produkte.
Besondere Geschmackserlebnisse
Nicht nur die Gäste des Hauses können die unglaublich vielfältige, rein vegetarische Küche verkosten. Nach Reservierung steht jedem neugierigen Besucher frei, hier lecker zu essen. So gibt es meist den einen oder anderen Gang serviert, dazwischen wird sich am Buffet bedient. Eine schöne Abwechslung. Ja, Abwechslung wird hier groß geschrieben. Nach so vielen Jahren an Erfahrung mit der Küche ohne Fleisch, stehen jeden Tag neue Kreationen auf dem Speiseplan.
Auch das eher kleine Frühstück verführt mit frisch gebackenem Brot, regionalen Leckereien und zwei warmen, kleinen Gerichten. Tee, mit frischen Kräutern der Saison, kann sich jeder selbst nach Geschmack aufbrühen. Kaffee und Tee steht den Gästen übrigens immer kostenfrei im Aufenthaltsraum zu Verfügung. Auch ein Kühlschrank kann mitbenutzt werden. Das Wasser aus dem Kran kann – wer hätte es in der Schweiz auch anders erwartet – bedenkenlos genossen werden.
Der Charme von damals
„Wir haben hier nur den Lärm des Nachbarn, wenn die Dielen quietschen, sonst gibt es einfach keine Geräusche, kein Flugzeug, kein Straßenlärm,“ schmunzelt Roland in sich hinein. Und ja, es stimmt. Im Haus selbst schafft es wohl niemand, sich geräuschlos zu bewegen. Die alten Holzdielen „reden“ quasi immer mit. Roland sieht das ganz pragmatisch: „Das Haus ist einfach sehr nachhaltig, schon alleine wegen seines hohen Alters und natürlich seinen alten, unbehandelten Materialien.“
In der ehemaligen „guten Stube“ befindet sich heute ein kuscheliger Gemeinschaftsraum mit einer kleinen Bibliothek und einem Kamin. Die Bergschuhe sollten lieber in das Schuhregal im Eingangsbereich gestellt werden. So schluffen die meisten Gästen mit Pantoffeln oder dicken Socken durchs Haus. Und sportliche Yoga-Kleidung wird von früh bis spät – bis auf das etwas schickere Abendessen – gesehen.
Yoga und Meditation
Neben dem Fokus auf die vegetarische Küche gibt es einen zweiten, wichtigen Part, der das Hotel Balance auch besonders macht. Zwei große Säle stehen für, meist Yoga-Kurse bereit. Der Saal Equilibres punktet mit sage und schreibe 145 Quadratmetern und einer leicht abgeschrägten Wand mit einem 142 Grad Winkel. „Das bewirkt, dass die Tonwellen richtig durch den Saal durchlaufen, allerdings waren die Handwerker nur mäßig begeistert,“ muss Roland mit einem Lächeln zugeben.
Im 72 Quadratmeter großen Saal Balance sorgt die große Fensterfläche für einen entspannten Ausblick auf die Natur, meist auf die Nachbarkühe und die Bergwelt. So können bis zu zwei große Gruppen beherbergt werden. Interessierte Gruppen können die Räumlichkeiten gerne mieten. Ruhe und Entspannung, leckeres, gesundes Essen und die Herzlichkeit der Mitarbeiter machen die Kurse zu einer perfekten Erfahrung. In den Sommerferien bietet Ricky auch selbst Kurse an.
Zeit zum Schlafen
Die 30 ganz verschiedenen Zimmer, bieten Platz für insgesamt 52 Gäste. 180 bis 200 Franken pro Person inklusive Halbpension erscheint auf den ersten Blick nicht ganz günstig. Doch alleine das inkludierte mehrere Gänge Abendessen kostet 58 Franken, die absolut gerechtfertigt sind. Auf jeden Fall findet hier jeder sein perfektes Plätzchen und einer guten Nacht steht, bis vielleicht mal ein Quietschen, nichts mehr im Wege.
Neben den vielen Stammgästen sind auch die circa acht Mitarbeiter, die aus der Region stammen, etwas ganz Spezielles. So arbeiten diese im Durchschnitt 16 Jahre im Hotel Balance. Ein Wert, von dem andere Häuser nur träumen können. Eine Mitarbeiterin ist sogar schon seit 40 Jahren mit an Bord. So erkennen nicht nur die Gäste die besondere Qualität und den außergewöhnlichen Charme, den das Hotel Balance ausstrahlt.
Rund ums Hotel
Der fast zu jeder Jahreszeit nutzbare, aber auch erfrischend kühle Natur-Pool wird gerne zum Plantschen und Schwimmen genommen. Die Reinigung des Pools findet ausschließlich durch biologische Filter und durch die Teichpflanzen statt. Also keine Angst vor Chemikalien. Auch der dazu gehörende Garten kann frei genutzt werden. Zeit zum Entspannen und Abkühlen der etwas anderen Art findet sich in der hauseigenen Sauna.
Fußläufig gut erreichbar ist ganz in der Nähe ein sehenswerter Wasserfall. Eintauchen in den nahen Wald und mit einer Rundtour ist die kleine Wanderung nach etwa eineinhalb Stunden gut zu schaffen. Natur pur eben. Roland berichtet vom Dorfleben: „Schön ist es, dass alle jungen Leute, die hier im Ort geblieben sind und zum festen Dorfkern gehören, sehr engagiert sind und zum Beispiel die Stufen zum Wasserfall hoch gebaut haben.“
Ein besonderer Ort
Roland erinnert sich nochmals an den Anfang: „Unser Motto war und ist Begegnung, Austausch und gesunde Ernährung, das schon seit 40 Jahren und was besonders schön ist: unsere Kinder meinen, dass muss gar nicht geändert werden.“ Der Familienvater macht einen zufriedenen, ausgeglichenen und glücklichen Eindruck, dann fragt er passenderweise in die Runde: „Ich hoffe für euch, dass ihr meine Freude spürt. Und wisst ihr was, das Allerschönste sind die Gäste, die hier her kommen und zum Schluss Danke sagen, obwohl sie bezahlen müssen.“
Weitere Informationen unter www.hotel-balance.ch, Hotel Balance, Rue du Dailley 3, CH-1922 – Les Granges, Switzerland, E-Mail: info@hotel-balance.ch, Telefon: +41 (0) 27 76115-22 und www.wallis.ch
Tipps zur Anfahrt
Entspanntes Anreisen mit dem Swiss Travel Pass des Swiss Travel System (STS) für unbegrenztes Reisen mit Bahn, Bus und Schiff durch die Schweiz plus Nutzung der öffentlichen Verkehrsmittel in 90 Städten. Zusätzlich noch freier Eintritt in über 500 Museen, Bergausflüge: Rigi, Stanserhorn und Stoos sowie bis zu 50 Prozent Rabatt auf weitere Bergausflüge. Weitere Informationen unter www.sbb.ch.
Bewertung des Mortimer Reisemagazins
In jeder Kategorie werden maximal fünf Sterne vergeben:
- Lage ∗∗∗/∗
- Ausstattung ∗∗∗/∗
- Sauberkeit ∗∗∗/∗
- Essen & Trinken ∗∗∗∗
- Service ∗∗∗/∗
- Wellness ∗∗∗/∗
Fazit: Das rustikale Hotel Balance ist einfach ein besonderer Ort. Sehr gut geeignet für Yoga-Gruppen, aber auch Familien oder Alleinreisende, die in gesunder Umgebung Ruhe und Ausgeglichenheit in den zauberhaften Bergen des Wallis suchen.
Die Recherche fand auf Einladung / mit Unterstützung von Schweiz Tourismus statt.
Buchtipp: Bettgeflüster – Amüsantes unter der (Bett-) Decke
Das Bett. Für die einen ist es nur eine Schlafstätte, für andere das unumstritten beliebteste Naherholungsgebiet auf dem Erdball. Für wiederum andere eine Wiederaufbereitungsanlage für verbrauchte Energie. Fakt ist, statistisch gesehen, verbringen wir Menschenkinder rund ein Drittel unseres Erdendaseins im Bett und dies zumeist nicht nur allein. In jungen Jahren sind es oft Stofftiere, die mit einem unter die Bettdecke kriechen. Später teilen wir mehr oder weniger regelmäßig mit dem Ehe- und Lebenspartner Tisch und Bett.
Viele genießen zudem insbesonders auf Reisen im In- und Ausland den Matratzenhorchdienst in Hotels oder anderen Übernachtungsherbergen. Nicht immer sorgen dabei die Zimmer und der Komfort der Betten für Begeisterung. Und so wagt Mortimer-Reisemagazin-Redakteur Karsten-Thilo Raab in seinem Buch Bettgeflüster einen augenzwinkernden Blick unter die Oberbetten zu Hause und in Hotels. Doch keine Angst, niemand muss vor Schamesröte die Bettdecke über den Kopf ziehen.
Mal beleuchtet Bettgeflüster die Qualität der Matratzen, mal wie Menschen sich wie bekleidet betten, dann wiederum werden die kuriosen Zusatzwünsche von Gästen in Hotels liebevoll auf die Schippe genommen oder das Phänomen, dass zahlreiche Gäste, warum auch immer, sich berufen fühlen, das eigene Hotelzimmer während ihres Aufenthalts zu reinigen.
Erhältlich ist Bettgeflüster (ISBN 978-3-7115-2744-8) von Karsten-Thilo Raab für 18 Euro im Buchhandel oder online bei allen Versandbuchhändlern wie beispielsweise Thalia.
Susanne Timmann
lebt im Rheinland, ist aber in der Welt zuhause. Seit 2022 fungiert sie als stellvertretende Chefredakteurin des Mortimer Reisemagazins, für das sie Beiträge in Wort und (Bewegt-) Bild über Destinationen weltweit verfasst.