Mehr als 150 Künstler, über 100 Events, historische Locations beim Tradfest: Zum 20. Jubiläum steht die Kultur in Dublin im Fokus. – Foto: Tourism Ireland
Das südlich der Liffey gelegene Viertel Temple Bar hat sich über die vergangenen drei Jahrzehnte zu Dublins, von Einheimischen wie Touristen gleichermaßen geschätztem, Hot Spot für Kunst, Kultur und Unterhaltung entwickelt. Das liegt an den unzähligen Geschäften, Galerien, Theatern, Kulturzentren und Restaurants, die das Bild in den engen, überwiegend kopfsteingepflasterten Straßen und Fußgängerzonen bestimmen. Vor allem aber an der Musik, die überall ertönt – sei es von Straßenkünstlern oder Bands, die ihr Können in den zahlreichen Pubs zum Besten geben. Es gehört fast schon zum Standard, dass manche Sessions darin enden, dass der ganze Laden lauthals mitsingt. Besonders geballt ist das Musikprogramm beim TradFest, das jährlich Ende Januar stattfindet. Der Termin 2025 lautet 22. bis 26. Januar. Vor exakt 20 Jahren als kleines Nischenfestival gestartet, hat sich das TradFest mit mehr als 150 Künstlern und über 100 Veranstaltungen zu einem der größten Festivals der traditionellen Musik auf der Insel entwickelt – nur das Fleadh Cheoil na hÉireann im Sommer ist noch größer.
Irlands reiches Erbe im Blick
Das Tradfest ist auch zum Jubiläum wieder überaus facettenreich. – Foto: Tourism Ireland
Interessant ist nicht nur der Mix aus namhaften Künstlern und Nachwuchsstars, die aus Dublin, anderen Regionen Irlands und sogar aus anderen Ländern kommen, sondern auch das musikalische Spektrum. Das reicht mittlerweile von Folk und Alt-Folk über Jazz und Blues bis hin zu Hip-Hop und Fusion. Unverändert bleibt jedoch der Geist dieses fröhlichen Festivals, bei dem die Liebe zur Folkmusik ebenso im Mittelpunkt steht wie das reiche Erbe des irischen Gesangs, des Tanzes und des Geschichtenerzählens. Letztere Aspekte stehen bei den flankierenden Kunsthandwerksmärkten, Straßenparaden und Aktionsprogrammen für Kinder im Fokus.
Speed-Geiger in der Kathedrale
Gespielt wird an einer Vielzahl von Locations. – Foto: Tourism Ireland
Auch wenn das Ausgehviertel Temple Bar das Zentrum des fünftägigen Events bleibt, erstreckt sich dieses mittlerweile über die gesamte Stadt. Zudem finden etliche Veranstaltungen nicht nur in Pubs und Konzerträumen statt, sondern auch in berühmten historischen Gebäuden und großen Sportarenen. So treten die Veteranen Scullion im Dublin Castle sowie Tom Paxton, Ralph McTell und Freunde im historischen National Stadium auf. In der 2.000 Besucher fassenden Halle gibt auch die für ihre einzigartige Mischung aus irischer Tradition und globalen Einflüssen gefeierte Band Kíla Féile ihr Tradfest-Comeback.
Eine Besonderheit sind fraglos die Speed-Geiger. – Foto: Mark Stedman
Eine besonders ehrwürdige Location stellt die St. Patrick’s Cathedral dar. In Irlands ältester und bedeutendster Kirche tritt Frankie Gavin, 2010 als schnellster Geigenspieler mit einem offiziellen Weltrekord geadelt, mit seiner Combo De Dannan auf. Klar, dass da auch andere typisch irischen Instrumente zu hören sind, von der Tin Whistle bis zur Bodhrán. Die erklingen auch beim Pavee Club, der die reiche Musiktradition der Irish Travellers zelebriert – zu sehen und zu hören am Premierenabend im Hibernia Conference Centre im Dublin Castle. Zu den internationalen Gästen des TradFest zählen Ines Khai, Singer-Songwriterin aus Guadeloupe, Neda Nikolić, Frula-Spielerin aus Serbien, und Eric Bibb, zweimaliger Grammy-Nominierter und Blues-Troubadour aus den USA.
Extraapplaus für Rea und McKenna
Das Tradfest besticht durch eine Vielzahl an Konzerten sowie eine große musikalische Bandbreite. – Foto: Tourism Ireland
Besonders gewürdigt werden die Talente des mehrfach preisgekrönten, in Belfast geborenen Schauspielers Stephen Rea sowie des irischen Musikers Barney McKenna. An vier Abenden ehrt eine Reihe von Veranstaltungen im Lark Theatre in Balbriggan Stephen Rea mit Worten und Musik, während an zwei Abenden im nahen Küstenort Howth McKenna, eines der Gründungsmitglieder der Dubliners, mit Musik und Geschichten gehuldigt wird. Diese wie die meisten anderen Veranstaltungen kosten Eintritt – rechtzeitige Ticketreservierung ist angeraten! Doch einige sind auch gratis, darunter die sogenannten Smithwicks Sessions, die in einigen der beliebtesten Pubs von Temple Bar stattfinden und ordentlich Stimmung garantieren. Viel versprechend klingen auch die Showcase Nights, bei denen junge Talente die Möglichkeit bekommen, vor versiertem Publikum zu glänzen. Und das können auch unangemeldete Besucher! Der TradFest-Trail bietet Sessions in der ganzen Stadt, bei denen jeder die Möglichkeit hat, den Musikern ganz nah zu sein und sogar mitzumachen. Weitere Informationen unter www.tradfest.com.
Was die irische Musik so besonders macht
Natürlich dürfen auch die Uilleann Pipes (eine Art Dudelsack) nicht fehlen. – Foto: Tourism Ireland
Das sind zum einen die Texte, in denen oft uralte Sagen thematisiert werden und bei denen sich gern Lebensfreude und Melancholie mischen, und zum anderen die charakteristischen Instrumente. Allen voran ist das die Tin Whistle, eine kleine Flöte, deren helle Töne sofort das Bild von grünen Hügeln und rauschenden Bächen heraufbeschwören. Die Bodhrán, eine traditionelle Rahmentrommel, gibt den rhythmischen Herzschlag vor. Sie wird mit einem Holzschlägel gespielt und sorgt für den pulsierenden Untergrund, auf dem sich die Melodien entfalten. Als weiterer zentraler Bestandteil fungiert die Fiddle, eine irische Form der Geige. Ihr dynamisches Spiel verleiht den schnellen Tanzstücken – den Reels und Jigs – das gewisse Etwas. Neben diesen Instrumenten kommen oft noch ein Akkordeon, die Uilleann Pipes (eine Art Dudelsack) und die Harfe, die es neben dem dreiblättrigen Kleeblatt sogar zum Nationalsymbol Irlands gebracht hat und als immaterielles Welterbe gilt, zum Einsatz.
Buchtipp: Der ultimative Reiseführer für die Grüne Insel
Viel umfangreicher und geballter findet sich wohl kaum (Reise-) Wissen über die Grüne Insel als in dem brandneu erschienenen Reiseführer Inselspuren – Entdeckungstouren durch Irland und Nordirland von Karsten-Thilo Raab: „Ein Fremder ist ein Freund, dem man bisher noch nicht begegnet ist“, lehrt der irische Volksmund. Tatsächlich ist dies kein bloßes Lippenbekenntnis. Wer über die Grüne Insel reist, wer durch die herrlichen Nationalparks, durch die ausgedehnten Moorlandschaften wandert, wer auf den Spuren der Kelten versucht, das reiche kulturelle Erbe der Insel, das von weit mehr als 9.000 Jahren der Besiedlung zeugt, kennen zu lernen oder einfach bei einem Pint in einem der urgemütlichen Pubs Entspannung sucht, wird schnell feststellen, dass dies keine leeren Worte sind. Im Gegenteil, die Iren sind für ihre Aufgeschlossenheit und ihre Kontaktfreudigkeit bekannt. Die dünn besiedelte Insel im Westen Europas hat aber noch andere Pfunde, mit denen sie wuchern kann: eine schier nie enden wollende Zahl an Mythen und Legenden.
Hinzu kommen ebenso abwechslungsreiche wie grandiose Landschaften, die in mehr als 40 verschiedene Schattierungen von Grün getaucht sind, und ein Klima, das ganz wesentlich von den Ausläufern des warmen Golfstroms geprägt wird. Die zahlreichen Berge, Heidelandschaften, Seen, Flüsse, einsame Buchten und wildromantischen Küstenabschnitte sind ein Paradies für Naturliebhaber. Wanderer, Radfahrer und Reiter kommen hier ebenso auf ihre Kosten wie Freizeitkapitäne, Angler und Wassersportler. Daneben bieten pulsierende Metropolen und Städte wie Dublin, Belfast, Galway, Londonderry und Cork, aber auch verträumte Orte und Örtchen wie Kilkenny, Kinsale oder Dingle einen stimmungsvollen, nicht minder faszinierenden Kontrast. Und überall heißt es: „Ceád Míle Fáilte“ – Tausend Mal willkommen!
Erhältlich ist der 388 Seiten starke Reiseführer Inselspuren – Entdeckungstouren durch Irland und Nordirland (ISBN 978-3-939408-90-1) von Karsten-Thilo Raab ab sofort für 19,99 Euro im Buchhandel oder versandkostenfrei beim Westflügel Verlag.
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