Mit Tausenden Lichtern in den gepflasterten Straßen und Gassen macht das Ausgehviertel Temple Bar Irlands Hauptstadt Dublin Jahr für Jahr zu den fotogensten Orten für einen weihnachtlichen Städtetrip. Die ohnehin schon bunten Häuserfassaden erstrahlen ab Einbruch der Dunkelheit in besonderem Glanz, in den gemütlichen, holzgetäfelten Innenräumen wandern neben Guinness und Whiskey auch Glühwein und Irish Coffee über die Theke und neben irischen Traditionals gehören auch Weihnachts-Klassiker wie der Pogues-Hit „Fairytale of New York“ ins musikalische Repertoire eines stimmungsvollen Abends.
Eine Geschichte, die hinter den vielen Lichtern und Ornamenten in der Regel verborgen bleibt: Der Mann, der den Weihnachtsschmuck in Irland maßgeblich geprägt hat, stammte ursprünglich aus Deutschland. Sein Name: Samuel Salomon Stavenhagen, sein Geburtsort: das damals eigenständige Städtchen Altstrelitz, auf halber Strecke zwischen Berlin und Stralsund. Wie und warum es den 1809 geborenen jungen Mann 1845 ausgerechnet nach Dublin zog, ist einigermaßen umstritten, bekannt ist, dass er sich hier kurz nach seiner Ankunft zunächst einen Namen als „Snuff Maker“ – Tabakhändler – machte, trotz der schwierigen Lage auf der Insel in Zeiten der großen Hungersnot.
Importierte Weihnachtskugeln
Nur wenige Jahre später entschied Stavenhagen, wohl auf Anraten einiger Geschäftspartner, sein bisheriges Geschäft aufzugeben und sich stattdessen auf den Verkauf von Kinderspielzeug zu konzentrieren: Und so reiste er Anfang der 1850er, auf der Suche nach neuen Waren, in seine deutsche Heimat. Hier kam er erstmals im thüringisch-fränkischen Grenzstädtchen Lauscha mit den gläsernen, damals brandneu mit Silbernitrat behandelten Weihnachtskugeln in Berührung, die ihn sofort faszinierten. Die Folge: Stavenhagen kaufte direkt etliche der Kugeln ein, setzte zurück in Dublin eine Annonce in die Zeitung und brachte „die neuesten Luxusgüter aus Frankreich und Deutschland“ alsbald auch in Irlands Hauptstadt an die Leute. Und zwar laut historischen Quellen zum kleinen und alljährlich unveränderten Preis von einem Penny, sodass sich auch die ärmsten Familien in Dublin Weihnachtsschmuck leisten konnten.
Letzte Ruhestätte
Stavenhagen starb im Jahr 1889 in Dublin und ist auf dem ältesten jüdischen Friedhof der Insel begraben. Der Ballybough Cemetary im Stadtteil Fairview gehört zu den unbekanntesten historischen Orten der Stadt, was auch daran liegt, dass das Gelände, auf dem noch gut 150 Grabsteine an die jüdische Stadtbevölkerung im 18. und 19. Jahrhundert erinnern, seit Jahrzehnten für die Öffentlichkeit geschlossen ist. Vor einigen Jahren übernahm die Stadtverwaltung von Dublin allerdings die Zuständigkeit für den historischen Ort und hat eine umfassende Renovierung angekündigt, nach der der Friedhof wieder zugänglich gemacht werden soll. Von außen ist hier schon heute das prominente, aber verfallen wirkende Friedhofsportal zu sehen, was mit der wunderlichen Aufschrift „Gebaut im Jahre 5618“ die Aufmerksamkeit von Passantinnen und Passanten auf sich zieht. Tatsächlich stammt das Gebäude aus dem Jahr 1857, was in hebräischer Zeitrechnung dem Jahr 5618 entspricht.
Wissenswertes zu Weihnachten in Irland
In Irland wird Weihnachten, wie im englischsprachigen Raum üblich, am 25. Dezember gefeiert. Zu den wichtigsten irischen Weihnachtstraditionen zählen kulinarische Klassiker wie Spiced Beef, Sodabread mit Früchten oder heißer Whiskey, symbolträchtige Dekorationen wie Mistelzweige oder Kränze aus Stechpalme, oder die legendären Weihnachtsschwimmen an Atlantik und Irish Sea. Die Vorweihnachtszeit wird traditionell zu Beginn des Advents eingeläutet. Viele Weihnachtsdekorationen, darunter auch die ikonisch beleuchtete Fassade der Temple Bar, bleiben aber noch bis Mitte Januar hängen.
Buchtipp: Der ultimative Reiseführer für die Grüne Insel
Viel umfangreicher und geballter findet sich wohl kaum (Reise-) Wissen über die Grüne Insel als in dem brandneu erschienenen Reiseführer Inselspuren – Entdeckungstouren durch Irland und Nordirland von Karsten-Thilo Raab: „Ein Fremder ist ein Freund, dem man bisher noch nicht begegnet ist“, lehrt der irische Volksmund. Tatsächlich ist dies kein bloßes Lippenbekenntnis. Wer über die Grüne Insel reist, wer durch die herrlichen Nationalparks, durch die ausgedehnten Moorlandschaften wandert, wer auf den Spuren der Kelten versucht, das reiche kulturelle Erbe der Insel, das von weit mehr als 9.000 Jahren der Besiedlung zeugt, kennen zu lernen oder einfach bei einem Pint in einem der urgemütlichen Pubs Entspannung sucht, wird schnell feststellen, dass dies keine leeren Worte sind. Im Gegenteil, die Iren sind für ihre Aufgeschlossenheit und ihre Kontaktfreudigkeit bekannt. Die dünn besiedelte Insel im Westen Europas hat aber noch andere Pfunde, mit denen sie wuchern kann: eine schier nie enden wollende Zahl an Mythen und Legenden.
Hinzu kommen ebenso abwechslungsreiche wie grandiose Landschaften, die in mehr als 40 verschiedene Schattierungen von Grün getaucht sind, und ein Klima, das ganz wesentlich von den Ausläufern des warmen Golfstroms geprägt wird. Die zahlreichen Berge, Heidelandschaften, Seen, Flüsse, einsame Buchten und wildromantischen Küstenabschnitte sind ein Paradies für Naturliebhaber. Wanderer, Radfahrer und Reiter kommen hier ebenso auf ihre Kosten wie Freizeitkapitäne, Angler und Wassersportler. Daneben bieten pulsierende Metropolen und Städte wie Dublin, Belfast, Galway, Londonderry und Cork, aber auch verträumte Orte und Örtchen wie Kilkenny, Kinsale oder Dingle einen stimmungsvollen, nicht minder faszinierenden Kontrast. Und überall heißt es: „Ceád Míle Fáilte“ – Tausend Mal willkommen!
Erhältlich ist der 388 Seiten starke Reiseführer Inselspuren – Entdeckungstouren durch Irland und Nordirland (ISBN 978-3-939408-90-1) von Karsten-Thilo Raab ab sofort für 19,99 Euro im Buchhandel oder versandkostenfrei beim Westflügel Verlag.
Mortimer
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