Darwins Antwort auf Crocodile Dundee

Das kakifarbene Hemd, die dunkelbraune Hose, die dicken Schuhe und die Lederkette um den Hals mit einem mächtigen Krokodilzahn daran lassen Aaron Rodwell ein wenig wie die Filmlegende Paul Hogan im Kinoklassiker „Crocodile Dundee“ aussehen. Und wie der Hollywoodstar kämpft der 35-jährige aus Darwin in Australiens Northern Territory regelmäßig mit Krokodilen. Allerdings nicht mit einem Buschmesser, geschweige denn mit der bloßen Hand. „Australiens Salzwasserkrokodile gehören zu den gefährlichsten Tieren der Welt“, so Aaron Rodwell, der von seinen Freunden kurz „Azza“ genannt wird, mit Blick auf die bis zu sieben Meter langen und 1.000 Kilogramm schweren Riesenechsen. 66 messerscharfe Zähne, enorme Beißkraft und scharfe Krallen zeichnen das BYB, das „big yellow beast“ (große gelbe Biest), wie es der Jäger respektvoll nett, aus. Rund 80.000 Krokodile tummeln sich sehr zum Verdruss der Einheimischen und der Touristen allein in den Gewässern des Northern Territories. Da die Tiere nicht nur in Flüssen und Seen heimisch sind, sondern sich auch bis zu drei Wochen am Stück im Meereswasser aufhalten können, ist Baden in und um Darwin faktisch nicht möglich – es sei denn, man möchte sein Leben leichtfertig aufs Spiel setzen.

Mehrere Hundert Krokodile werden jährlich von den Rangern des Northern Territory mit Hilfe spezieller Krokodilfallen gefangen. Dazu wird der Unterwasserkäfig mit Fleisch, zumeist von Wildschweinen, bestückt. Schwimmt das Krokodil in den Tunnel, um das Fleisch zu ergattern, klappt die Falle zu. Rund zwei Dutzend dieser Fallen gibt es allein rund um Darwin. Die gefangenen Echsen landen zumeist in Krokodilfarmen, wo sie später zu Fleisch und Leder verarbeitet werden. Einige der Tiere werden auch für Preise von umgerechnet bis zu 20.000 Euro an Zoologische Gärten rund um die Erde verkauft.

„Die Ranger machen einen tollen Job. Doch, wenn es einem Croc gelingt, der Falle zu entkommen, wird es nie wieder darauf reinfallen“, weiß Azza um die Cleverness der Bestien. Einige der über kurze Distanzen bis zu 25 Stundenkilometer schnellen Reptilien werden dann schnell zu Problemkrokodilen, bedrohen Viehherden, Schulareale und Privatgrundstücke. In solchen Fällen kommt Aaron Rodwell ins Spiel, wird von Farmern oder Hausbesitzern telefonisch wie ein Kammerjäger angefordert. Der 35-jährige hat bezogen auf die wilden Kreaturen die Lizenz zu Töten. James Bond lässt grüßen.

Zusammen mit einem Helfer stellt er den Problemkrokodilen in einem kleinen Boot nach. Was alles andere als einfach ist. Zumal die Crocs in den sumpfigen Gewässern oft nur schwer auszumachen sind und sich noch dazu blitzschnell bewegen. Entsprechend gehört neben einem wachsamen Auge für Azza Geduld zu den wichtigsten Tugenden bei der Jagd auf Krokodile. Sobald diese sich an der Wasseroberfläche zeigen, versucht Aaron Rodwell, eine Harpune nach Möglichkeit in den Bereich zwischen Schädel und Nackenfalte zu schleudern, um das kleine Hirn des großen Räubers lahm zu legen. Was nicht gerade einfach ist. Vor allem aber ist es nicht ungefährlich, da die Krokodile fast mühelos in Sekundenschnelle zwei Drittel ihres Körpers aus dem Wasser schieben können, um Beute zu ergattern oder Angreifer abzuwehren.

Die Harpune ist mit einem Seil verbunden. Ist das Jagdgerät in den Nacken des Tieres eingedrungen, warten Azza und sein Helfer geduldig, bis der Widerstand des Krokodils nachlässt. Ähnlich wie beim Angeln geben sie dem Tier bei Bedarf mehr von dem Seil, damit es sich „austobt“. So dann ziehen sie das Tier langsam an die Bordwand heran.

„Das ist der gefährlichste Moment für uns. In der Regel versucht das Krokodil sofort zuzuschnappen“, weiß Azza, dass angeschlagene Krokodile noch gefährlicher sind als ohnehin schon. Blitzschnell muss nun eine Schlinge über den Oberkiefer des Reptils gestülpt werden. Die Schlinge wird dann von Azza um das gesamte Maul gewickelt, während sein Helfer die Schnauze mit stabilem Klebeband umwickelt. Nun gilt es den mehrere Hundert Kilo schweren Koloss Stück für Stück an Bord zu ziehen. Sofort werden die kräftige Beine und Krallen ebenfalls mit Seilen und Klebeband umwickelt. Erst dann kann das Tier mit einem Gewehr in die ewigen Jagdgründe geschickt werden. Es im Wasser zu erschießen, sei wegen der dicken Haut fast unmöglich. Zudem besteht die Gefahr, dass das Tier dann flüchtet.

„Vom Krokodil wird bis auf den Magen alles verwendet – das Fleisch wird gegessen, der Rest zu Schmuck, Taschen, Schuhen oder Souvenirs verarbeitet“, erklärt Aaron Rodwell, dessen Handinnenflächen von dicke Narben und Rissen, die von der Fangleine stammen, überzogen sind. „Bis jetzt haben mich die Crocs noch nie erwischt“, lacht Azza, der gleichwohl den scharfen Krallen der Krokodile manche Narbe und manchen Kratzer an Armen und Beinen zu verdanken hat.

Auch wenn der 35-jährige, der pro Jahr etwa zwei Dutzend dieser Riesen fängt und erlegt, mal nicht auf Jagd ist, dreht sich der Alltag für ihn weitgehend um Krokodile. Während der sogenannten Wet Season, den nassen Monaten von November bis April, verarbeitet er die Tiere zu allem, was sich aus den Krokodilen fertigen lässt. Der Bogen spannt sich vom Hut und Gürtel über Handtaschen bis hinzu Ketten mit Krokodilszähnen. Während der Dry Season, der Trockenperiode von April bis Oktober, steht er dann – sofern er nicht gerade jagen muss –  donnerstags und samstags auf dem Mindil Beach Sunset Market in Darwin, um seine Krokodilprodukte an den Mann zu bringen. „So gesehen verdiene ich an den Krokodilen doppelt. Erst bekomme ich Geld dafür, dass ich sie jage, dann verkaufe ich sie in Einzelteilen“, lacht Azza, während er einem Touristen aus Korea einen Rückenkratzern mit Krokodilskralle verkauft. Dann klingelt wieder das Mobiltelefon. Krokodilalarm! Seine Partnerin Tasha Baker übernimmt den Verkauf, Azza muss los, eine Kuhherde retten.

Informationen: Croc Stock and Barra, Aaron Rodwell & Tasha Baker, Telefon 0061-(0)439-420539,  http://crocstockandbarra.com/

Allgemeine Informationen: www.australiasoutback.com

Anreise: Von Frankfurt aus fliegt Qantas täglich via Singapur nach Darwin. Informationen und Buchungen unter www.qantas.de oder telefonisch unter 01805-250620 (0,14 Euro(Min). Hin- und Rückflüge kosten je nach Saison rund 1.300 Euro.

Einreise: Neben einem gültigen Reisepass benötigen Besucher ein elektronisches Visum, die Electronic Travel Authority, kurz ETA, die den Einreisstempel im Pass ersetzt. Eine ETA kann über das Reisebüro, die jeweilige Fluggesellschaft oder im Internet unter www.eta.immi.gov.au beantragt werden.

Reisezeit: Die beste Reisezeit für Darwin und die Northern Territories ist zwischen Mai und Ende Oktober während des australischen Winters. Von November bis April steigen hier die Temperaturen und die Luftfeuchtigkeit deutlich.

Gesundheit: Vor der Reise ist der Abschluss einer Auslandskrankenversicherung zu empfehlen, da hiesigen Krankenkassen in der Regel nicht für ärztliche Behandlungen in Australien aufkommen. Aufgrund der intensiven Sonneneinstrahlung sollten unbedingt ein Sonnenhut, bedeckende Kleidung (langärmeliges Hemd) und eine Sonnenbrille getragen werden. Außerdem sollte die Haut mehrmals täglich mit einen Sonnenschutzcreme (mindestens Lichtschutzfaktor 30 oder höher) eingecremt werden.

Unterkunft: Vibe Waterfornt Hotel, 7 Kitchener Road, Darwin, Northern Territory, Telefon 0061-(0)8-89829998, www.vibehotels.com.au. Das moderne Hotel liegt direkt an Darwins neuer Waterfront, keine zehn Gehminuten vom Stadtzentrum entfernt.

Mindil Beach Sunset Market findet von Ende April bis Ende Oktober donnerstags von 17 bis 22 Uhr und samstags von 16 bis 21 Uhr statt. Weitere Informationen unter  www.mindil.com.au

Tipp: In der Crocosaurus Cove in Darwin kann man die Krokodile aus nächster Nähe beobachten, sie füttern und sogar durch ein Glasscheibe getrennt mit ihnen schwimmen gehen. Star unter den rund 200 Crocs des Spezial-Zoos ist Krokodil „Burt“. Der 5,1 Meter lange und 700 Kilogramm schwere Riese war in den Crocodile Dundee Filmen zu sehen. Mittlerweile hat sich der 80-jährige vom Showbusiness zurückgezogen und lächelt allenfalls noch für die Besucher der Crocosaurus Cove in die Kamera. Informationen: Crocosaurus Cove, 58 Mitchell Street, Darwin, Northern Territory, Telefon 0061-(0)8-89817522, www.crocosauruscove.com. Die Croc Cove ist täglich von 9 bis 18 Uhr geöffnet. Der Eintritt beträgt 30 Australische Dollar für Erwachsene beziehungsweise 25 Australische Dollar für Kinder. Der Tauchgang im Cage of Death, der nur Erwachsenen erlaubt ist, kostet 150 Australische Dollar, die Teilnahme an der Fütterung der großen Krokodile 79 Dollar, ermäßigt 48 Australische Dollar.

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