Andalusien: Morgens Ski, mittags Strand

Andalusien
Andalusien ganz stimmungsvoll: Die Alhambra in Granada mit der verschneiten Sierra Nevada im Hintergrund. – Foto: Institut für Tourismus in Spanien – Turespaña

Sonne oder Schnee? Berge oder Meer? Wer eine Winterflucht nach Andalusien plant, muss sich nicht entscheiden. Denn Spaniens Süden macht alle glücklich.

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Winterliches Skivergnügen in der Sierra Nevada. – Foto: Ram Malis

„Es ist ein Habichtsadler“, sagt Pablo Galdo und lächelt, während er den Umriss eines Greifvogels am Himmel über der Sierra Nevada mit dem Fernglas verfolgt. „Gleich mehrere Paare haben in der Gegend ein Nest. In letzter Zeit streiten sie sich mit den Steinadlern über die besten Nistplätze.“ Der Nationalpark-Mitarbeiter beobachtet, wie sich ein paar Dohlen im Flug dem seltenen Raubvogel nähern. „Sie sind wohl gar nicht glücklich über seine Anwesenheit.“

Pablo Galdo hat den Sierra-Nevada-Nationalpark im Blick. – Foto: Ram Malis

Es ist ein stiller Wintermorgen in der Sierra Nevada und Galdo ist wie häufig im Schutzgebiet unterwegs, um Wildtiere zu beobachten. Kaum jemand kennt die Flora und Fauna des andalusischen Hochgebirges besser als der Umweltbeauftragte des Nationalparks. Neben dem Wanderweg plätschert der glasklare Río Dílar. Eine Gebirgsstelze ist an seinem Ufer unterwegs auf der Jagd nach Insekten. Andere Wanderer sind an diesem Vormittag nicht unterwegs. Als Galdo aus dem Tal auf einen Gebirgspfad um den 2.079 Meter hohen Trevenque abzweigt, kann er eine Gruppe Andalusischer Steinböcke beobachten. „Im Winter und Frühjahr kann man sie häufig in der Gegend beobachten“, sagt er. Vom Gipfel des Dolomitbergs hat man eine magische Aussicht auf die Dreitausender der Sierra Nevada, die meist bis weit in den Mai hinein schneebedeckt sind.

Rückkehr der Bartgeier

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Scheu und neugierig zugleich: Ein Andalusischer Steinbock im Sierra-Nevada-Nationalpark. – Foto: Ram Malis

„Der Winter ist hier eine besondere Jahreszeit“, sagt Galdo, „dann sind die meisten Touristen entweder oben beim Skifahren oder unten am Meer. Zum Wandern kommt dann kaum jemand hierher.“

Die Sierra Nevada ist in den höheren Lagen mit Schnee gesegnet. – Foto: Ram Malis

Hoch über dem Dílar-Tal will Galdo heute auch nach Bartgeiern Ausschau halten. „Er war in der Sierra Nevada bereits in den 80er Jahren komplett verschwunden“, erklärt er, „erst in den letzten Jahren können wir in Andalusien erste Erfolge bei der Wiederansiedlung von Bartgeiern verzeichnen.“ Die bedrohte Art wird durch eine komplizierte und langwierige Freilandaufzucht von in Gefangenschaft geschlüpften Küken mühsam wieder auf ein Leben in ihrer alten Heimat vorbereitet. Galdo hat das Projekt von Anfang an begleitet. Inzwischen fliegen wieder etwa 15 der bedrohten Tiere über dem Sierra Nevada. Mit fast drei Metern Flügelspannweite gehören sie zu den größten Greifvögeln der Welt und immer mehr Touristen halten im höchsten Gebirge der Iberischen Halbinsel nach ihnen Ausschau.

Zwischen Piste und Strand

Moderne Liftanlagen machen das Skiareal leicht zugänglich. – Foto: Ram Malis

Für Paare und Familien, die sich gerade streiten, ob es im Winterurlaub lieber zum Skifahren oder ganz weit weg an einen sonnigen Strand gehen soll, hat Spaniens Süden die perfekte Lösung. In der Sierra Nevada, dem südlichsten Hochgebirge Europas, ragen die Berggipfel fast 3.500 Meter auf. Von Ende November bis Anfang Mai bieten sie in der Regel ideale Bedingungen für Wintersportler. Nur eineinhalb bis zwei Stunden von den Skiliften entfernt liegen bereits die ersten Mittelmeerstrände der Costa Tropical und der Costa del Sol. Morgens zum Skifahren oder Snowboarden, nachmittags zum Sonnenbaden ans Meer – Andalusien macht es möglich.

Von der verschneiten Sierra Nevada ist es nicht weit bis zum nächsten Strand. – Foto: Ram Malis

Ganz ohne Frage: Spaniens Süden ist immer und das ganze Jahr eine Reise wert. Im Sommer ist es hier nur oft unerträglich heiß und an der Küste überall notorisch überfüllt. Auch im Frühling und Herbst wird es an den Stränden kaum weniger voll. Durch Andalusiens berühmte Unesco-Welterbe-Stätten drängen sich dann noch immer die Touristen. Sich durch die Alhambra oder die Altstädte von Córdoba und Sevilla als Teil einer endlosen Menschentraube zu zwängen, raubt diesen historischen Orten von Weltrang jedoch viel von ihrem magischen Glanz. Im Winter aber ist Andalusiens Zauber überall zurück.

Magische Alhambra

Nicht von ungefähr gehört die Alhambra zu den größten Attraktionen in Andalusien. – Foto: Ram Malis

Kaum ein Ort in Spanien beflügelt die Fantasie wie die Alhambra in Granada. Für Besucher aller Altersgruppen ist die prachtvolle Festungsanlage mit ihren kühnen Palästen, verschwiegenen Gärten, märchenhaften Spiegelungen in verwunschenen Wasserbecken und fantastischen Brunnen eine Welt der Wunder. Die maurische Burg aus dem 9. Jahrhundert wurde im 13. und 14. Jahrhundert unter der Nasriden-Dynastie zu einem der ruhmvollsten Herrschersitze Europas. Sie gehört bis heute neben der Mezquita, der Kathedralmoschee von Córdoba, und dem Alcazar-Königspalast von Sevilla zu den eindrucksvollsten Zeugen von Al-Andalus, der von 711 bis 1492 andauernden maurischen Herrschaft über die Iberische Halbinsel.

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Aussicht auf Granada von der Alhambra. – Foto: Ram Malis

Granada, Córdoba und Sevilla sind indes längst nicht die einzigen andalusischen Städte, die sich gerade im Winter für eine Erkundung lohnen. Auch Úbeda und Baeza gehören zum Welterbe und begeistern mit ihren Renaissance-Palästen und Kirchen aus dem 16. Jahrhundert. Viele andalusische Orte beleben im Dezember ihre Straßen und Plätze mit eigenen Weihnachtstraditionen. Vor allem Málaga und Cádiz locken im Februar auch mit bunten Umzügen und ausgelassener Fiesta-Stimmung zum Karneval. Wer Rummel eher scheut, mag lieber die Kalifenstadt Medina Azahara besuchen. Die Ruinen hat man im Winter als Besucher oft ganz für sich allein.

Felsmalereien und Flamingos

Ein stimmungsvoller Ausritt am Meer – auch das ist Andalusien im Winter. – Foto: Puente Romano

Noch weit tiefer taucht man in die reiche Geschichte Spaniens um die Dolmenstätten von Antequera und in den Höhlen von Nerja, La Pileta und Los Letreros ein. Die jahrtausendealten Felsmalereien von Tieren und rätselhaften Symbolen, die hier entdeckt wurden, entführen in die magische Welt der Jäger und Sammler. Indes begeistern Andalusiens Nationalparks und zahlreichen Schutzgebiete Winterurlauber, die sich vor allem für die einzigartige Fauna und Flora Spaniens interessieren. In den Sümpfen, Lagunen, Pinienwäldern und Dünenlandschaften des Doñana-Nationalparks kann man Flamingoschwärme und mit sehr viel Glück auch Iberische Luchse beobachten. In der Sierra de las Nieves und der Sierra Cazorla leben neben Steinböcken auch Gänsegeier und Ginsterkatzen.

Auch Segelausflüge gehören zu den Angeboten im winterlichen Andalusien. – Foto: Puente Romano

Nach dem Stadtrundgang oder der Wanderung lockt der Strand. Wenn schon nicht zum Baden, so begeistert ein Ausflug zum Sandburgenbauen und Muschelsuchen in jedem Fall auch im Winter die Kleinsten. Vor allem in der Region um Marbella an der Costa del Sol herrscht selbst von Dezember bis Februar meist ein angenehmes Mikroklima. Abgeschirmt von dem dahinter aufragenden Gebirge der Sierra Blanca, genießt der Küstenort etwa eine Autostunde südwestlich von der andalusischen Hauptstadt Málaga bis zu 320 Sonnentage im Jahr. Selbst in den Wintermonaten erwischt er meist nicht mehr als fünf bis sieben Regentage im Monat. An sonnigen Tagen klettert das Thermometer bisweilen auch im Winter auf über 20 Grad.

Marbella als sonnige Winterflucht

Der Hafen von Marbella aus der Vogelperspektive. – Foto: Puente Romano

Marbella war Anfang des 20. Jahrhunderts ein unbedeutendes Fischerdorf, das in den 30er Jahren aufgrund seiner angenehmen Temperaturen im Winter zunächst vom spanischen Adel entdeckt wurde. Ihm folgte ab den 1950er Jahren der internationale Jetset. Brigitte Bardot, Ava Gardner, Frank Sinatra und Sean Connery gehörten zu den zahlreichen illustren Gästen, die Marbella bald den Ruf eines Rückzugorts der Reichen und Schönen einbrachten. Heute nutzen Paare und Familien aus ganz Europa die Costa del Sol für eine Winterflucht. Anders als an vielen anderen Orten Spaniens haben die meisten Hotels in Marbella das ganze Jahr über geöffnet. Das vornehme Puente Romano bietet in den Wintermonaten auch durchgängig einen Kids Club und besondere Aktivitäten für Kinder an.

Eine Meisterin ihrer Zunft: Flamencotänzerin Christina Pagés. – Foto: Ram Malis

„Es verwundert niemanden, dass der Flamenco hier im Süden Spaniens geboren wurde“, sagt Christina Pagés, „nirgendwo sonst ist das Vermächtnis von Al-Andalus noch heute so deutlich spürbar.“ Die Tänzerin hat gerade gemeinsam mit ihrer Gruppe ihr Publikum ganz für Andalusiens wohl berühmtestes kulturelles Erbe begeistert. In einem Tablao, einem historischen Flamenco-Lokal, in der Altstadt Marbellas nahe des weiß getünchten Santo-Cristo-Kirchleins, hallen das bebende Tremolo der Gitarren und die atemlose Abfolge der Tanzschritte noch lange nach. Im Winter ziehen die Veranstaltungen vermehrt auch Einheimische in die Tablaos und machen für Gäste erst richtig erlebbar, dass Flamenco für die Andalusier viel mehr ist als nur eine Tanzaufführung für Touristen. „Für uns ist es eine Lebensform, ja, eine Religion“, sagt Pagés, die in Granada mit Flamenco groß geworden ist. „Es liegt uns einfach im Blut und wir möchten, dass unsere Gäste etwas von seiner Kraft mitnehmen.“

Ein besonderes Erlebnis ist ganz sicher der Karneval in Málaga. – Foto: Ram Malis

Informationen: www.spain.info

Anreise: Mehrere Airlines wie Lufthansa, Eurowings oder Condor fliegen non-stop ab verschiedenen deutschen Flughäfen nach Málaga, Sevilla und Jerez.

Empfehlenswerte Anlaufstelle ist das Puente Romano Beach Resort. – Foto: Jack Hardy / Puente Romano

Übernachten: Das Puente Romano in Marbella lockt mit seinem Spa, beheiztem Pool am Meer, mehreren ausgezeichneten Restaurants und einem ganzjährigen Kids Club auch in den Wintermonaten Familien und Paare an die Costa del Sol.

Mit urgemütlichen Zimmern und eigener Wellness-Landschaft ist das Hotel Maribel die perfekte Unterkunft für Wintersportler im Ski-Resort Pradollano in der Sierra Nevada.

Málaga weiß architektonische Akzente zu setzen. – Foto: Ram Malis

Die Recherche fand – ohne Einfluss auf die journalistische Ausarbeitung – auf Einladung / mit Unterstützung des Spanischen Fremdenverkehrsamts Turespaña und von Puente Romano statt.

Win Schumacher

schreibt als freier Journalist für Zeitungen, Nachrichtenseiten und Magazine in Deutschland, Österreich, der Schweiz, Luxemburg und Italien. Immer wieder berichtet er über Naturreiseziele und Artenschutz-Projekte in aller Welt. Seine Reportagen wurden u.a. mit dem Columbus-Preis für junge Autoren, dem Meridian- und Karibik-Journalistenpreis ausgezeichnet.