Jordaniens Küche: mehr als Kichererbsen & Linsen

Raffinierte Gewürze und Gewürzmischungen bereichern die jordanische Küche. (Foto: Karsten-Thilo Raab)
Raffinierte Gewürze und Gewürzmischungen bereichern die jordanische Küche. (Foto: Karsten-Thilo Raab)

Jordanien hat eine sehr schmackhafte, leichte und abwechslungsreiche Küche zu bieten, die mit vielen frischen Zutaten das Urlaubserlebnis zusätzlich bereichert. Die Auswahl an vegetarischen Gerichten ist groß und fleischlos zu essen gar kein Problem. Insbesondere Kichererbsen und Linsen bilden die Basis unzähliger Gerichte auf dem täglichen Speiseplan.

Zu wahren Gourmet-Leckerbissen verfeinert werden die Speisen mit Löwenzahn, Petersilie und frischem Koriander. Ursprünglich kommen in der jordanischen Küche nur wenige Gewürze zum Einsatz – hauptsächlich Pfeffer und Salz. Heute aber sind raffinierte Mischungen aus frischen Kräutern und Gewürzen überall zu finden. Besonders beliebt sind Piment, Basilikum, Kardamom, Cayennepfeffer, Ingwer, Minze, Muskatnuss, Zimt, Koriander, Kreuzkümmel, Salbei und Thymian.

Für die Jordanier gehört Fleisch zu jeder Hauptmahlzeit. (Foto: Karsten-Thilo Raab)
Für die Jordanier gehört Fleisch zu jeder Hauptmahlzeit. (Foto: Karsten-Thilo Raab)

Diese Entwicklung brachten jene Völker und Kulturen mit, die sich im Laufe der Jahre in Jordanien niederließen: So kamen um 1900 viele Tscherkessen aus dem Kaukasus und als 1946 Transjordanien nach dem 1. Weltkrieg geschaffen wurde, flohen viele Syrer vor den französischen Besatzern hierher. In den 1940er Jahren siedelten sich zudem überall in Jordanien Tausende von Palästinensern an. All diese Menschen brachten mit ihren Bräuchen auch ihre kulinarischen Besonderheiten mit ins Königreich.

Die typischen Beduinengerichte aus der Vergangenheit wurden durch neue Gewürze noch verfeinert, neue Rezepte kamen hinzu. Entstanden ist eine wahrhaft delikate Mischung. So lohnt sich eine Reise nach Jordanien auch gerade in kulinarischer Hinsicht.

Traditionell sitzen die Araber eher auf dem Boden als am Tisch. In den Restaurants und Hotels sowie in den meisten Haushalten sind die Tischgewohnheiten heute allerdings westlich geprägt. Wichtig ist beim Essen die Hygiene. Ist man zwar traditionell mit den Fingern, so gibt es verschiedene Verhaltensregeln: Vor dem Essen werden die Hände gewaschen. Bei Speisen auf einem großen Teller (wie etwa das Nationalgericht Mansaf) bekommt jeder eine „Ecke“ zugewiesen. Beim Essen leckt man die Finger nicht ab, Experten werfen sich die Reis-Fleischbällchen in den Mund, ohne diesen zu berühren. Wichtig ist es auch, dass bei Essen der Mezzeh (kleine warme und kalte Vorspeisen), die Dipps nur für einmal benutzt werden:
Die Häppchen sollten mundgerecht sein und erst ein neues Stück wird wieder eingedippt. Traditionell gilt die linke Hand als unrein, daher wird hauptsächlich die rechte Hand zum Essen benutzt.

Wird nicht nur beim Frühstück genossen: Schwarzer Tee mit Pfefferminze. (Foto: Karsten-Thilo Raab)
Wird nicht nur beim Frühstück genossen: Schwarzer Tee mit Pfefferminze. (Foto: Karsten-Thilo Raab)

Zum Frühstück gibt es Tee oder Nescafe, frischen Joghurt (Labna), geröstetes, frisches dünnes Fladenbrot (Hubz), lecker eingelegte Oliven, Fuul (warme pürierte Saubohnen mit Sesamöl, Zitronen, Salz und Knoblauch), verschiedene Arten von Schafs- oder Ziegenkäse geschnittene Tomaten und Gurken, Honig, Marmelade aus einheimischen Früchten sowie Halwa (feste Paste aus Sesam, Honig und Nüssen). Alle Speisen kommen zusammen auf den Tisch, man dippt Ecken vom Fladenbrot in Joghurt, Honig oder Marmelade und isst die Stücken in einem auf. Typisch ist auch das einstippen von Fladenbrotstückchen in Ölivenöl und Za’tar, eine traditionelle Gewürzmischung aus handgepflücktem wilden Thymian, gerösteten Sesamsamen, Sumach und Salz. Je nach Familienrezept wird sie manchmal auch mit Kreuzkümmel, Majoran, Oregano, Koriander oder Fenchel zubereitet.

Mittags und abends ist es opulenter: Das Essen beginnt meist mit den vorzüglichen
Vorspeisen Mezzeh, einer Vielzahl an Dipps, Salaten, warmen und kalten kleinen Gerichten, die mit Fladenbrot zusammen genossen werden.

Zu den bekanntesten Speisen in Jordanien gehören: Houmus (Kichererbsenmus mit Olivenöl, Sesampaste, Knoblauch und Zitronensaft); Tabbouleh (Salat aus kleingehackter Petersilie, Tomaten, Minze, Weizengries, Zwiebeln und Zitronensaft); Baba Ganoush (kalte, grobe Auberginenmus mit Tomaten und grünen Paprikas); Moutabbal (kalte, feine Auberginencreme mit Knoblauch, Sesampaste und Zitronensaft); Fattoush (gemischter Salat mit getoasteten Fladenbrotstückchen); Labna bil khyar (Joghurt mit Knoblauch, Minze und Gurkenstückchen); Battinjan bi-zayt (gefüllte kleine Auberginen in Olivenöl); Warak Ainab (mit Reis gefüllte Weinblätter); Falafel (Frittierte Kichererbsen-Bällchen mit Koriander, Kumin und Zimt gewürzt); Kibbe (Frittierte Bällchen aus Fleisch und Weizengries mit Zimt und Pinienkernen); Galaya Bandura (Warmes Tomatenmus mit gerösteten Pinienkernen und Knoblauch); Sambusek (mit Fleisch oder Käse gefüllte Blätterteigtäschchen) sowie Maghdoos (in Essig eingelegte Rote Beete, Gurken, Blumenkohl, Auberginen, Rettich und Chilis). Gerne reicht man auch Suppen, etwa Linsensuppe, Tomatensuppe oder klare Hühnersuppe.

Nicht nur bei den Vorspeisen ist die Auswahl in der jordanischen Küche groß. (Foto: Karsten-Thilo Raab)
Nicht nur bei den Vorspeisen ist die Auswahl in der jordanischen Küche groß. (Foto: Karsten-Thilo Raab)

Obwohl man nach so vielen Köstlichkeiten meist fast schon satt ist, betrachten die Jordanier ein Essen nicht als vollständig, wenn kein Fleisch dabei war. Daher gibt es zur Hauptspeise meist eine Fleischplatte mit gegrilltem Hühnchen, Lamm- oder Hühnchen-Spießen (Lahem Mashwi, Shish Tawouk) oder Kebab (Backfleisch-Spieße mit Petersilie und Zwiebeln). Dazu wird Reis und Fladenbrot gereicht. Fleisch wird viel mit Za’tar gewürzt. Eine leckere Beilage ist ein Fladenbrot aus dem Ofen, das mit Ziegenkäse, Za’tar, Tomaten und Knoblauch bestrichen wurde.

Das traditionelle jordanische Hauptgericht ist Mansaf, das aus der beduinischen Küche kommt. Es wird für alle offiziellen Anlässe, großen Feste oder wichtigen Begebenheiten zubereitet. Als Basis dient Reis, der mit speziellen getrockneten Schafsjoghurtstücken in Wasser gekocht wird. Dazu kommt Lamm, das in Stücken geschmort wird. Auf einen riesigen Teller wird erst der Reis serviert, darauf die Fleischstücke drapiert und darüber ein paar Blätter Petersilie und geröstete Pinienkerne. Traditionell isst man im Stehen um einen Tisch mit der rechten Hand und der linken Hand hinter dem Rücken. Mit ein bisschen Übung schafft man es auch, aus dem Fleisch-Reis-Matsch runde Bällchen zu drehen!

Eine Alternative zum Nationalgericht ist Magloube: In einem Topf wird Fleisch, Fisch oder nur Gemüse mit Reis in Schichten gekocht und dann kopfüber (das bedeutet der Name auf Arabisch) auf einen großen Teller gestürzt. Lecker!

Beliebtes Erfrischungsgetränk: Zitronensaft mit Pfefferminze. (Foto: Karsten-Thilo Raab)
Beliebtes Erfrischungsgetränk: Zitronensaft mit Pfefferminze. (Foto: Karsten-Thilo Raab)

Wenn es einmal schnell gehen soll, bieten viele kleine Imbisse und Straßenstände etwas für den Hunger zwischendurch: Shawerma besteht aus dünnen Stücken meist vom Huhn, Rind oder Lamm, die von einem senkrechten Spieß geschnitten und in warmem dünnen Fladenbrot serviert werden.

Die Süßspeisen sind in Jordanien – wie überall in der arabischen Welt – ebenfalls sehr wichtig. Ein gut gemachtes Baklava, das nicht mit billigem Zuckersirup, sondern mit feinem Honig zubereitet wurde, weiß schon jedes Kind zu schätzen. Einige Firmen haben eine lange Tradition und verschicken ihre Produkte sogar in alle Welt. Hauptbestandteile der kleinen Köstlichkeiten sind eine Art Blätterteig, Pinienkerne, Datteln, Feigen, Mandeln oder Pistazien. Ingwer, Rosenwasser, rangenblütenwasser und Zimt verfeinern die süßen Teilchen.

Kanafa ist ein Kuchen aus in Sirup gebackenen feinen Blätterteigstreifen mit Nüssen oder Ziegenkäse gefüllt. Ma’amoul ist ein Feingebäck mit Nüssen oder Datteln, das mit Rosenwasser zart parfümiert ist. Mohallabiya ist ein kalter Milchpudding mit Rosen- oder Orangenaroma. Vor allem im Winter beliebt ist Sahlab, ein heißes dickflüssiges Milchgetränk, das mit gehackten Pistazien, Zimt und Rosenwasser abgeschmeckt wird.

Zum Nachtisch werden gerne süße Backwaren gereicht. (Foto: Karsten-Thilo Raab)
Zum Nachtisch werden gerne süße Backwaren gereicht. (Foto: Karsten-Thilo Raab)

Zum Essen trinkt man morgens starken, süßen Schwarztee, wahlweise mit Minze oder türkischen Kaffee. Zu den Hauptmahlzeiten trinkt man Wasser oder frisch gepresste Zitronenlimonade, teils mit Minze vermischt. Nach dem Essen wird wieder Tee oder Kaffee gereicht. Der traditionelle arabische Beduinenkaffee ist eher ein Begrüßungstrunk, der mit dem Essen an sich nichts zu tun hat. Er wird aufwändig über dem Feier geröstet und je nach dem wie viele Kardamomsamen mitgekocht werden, desto willkommener ist der Gast. Er wird von oben schaumig in klitzekleine Tässchen gegossen, von denen man maximal drei trinken sollte. Wenn man nicht mehr möchte, dann schüttelt man die Tasse nach links und rechts.

Aber auch an alkoholischen Getränken fehlt es nicht: In Jordanien leben etwa sechs Prozent Christen und es ist schon in biblischer Zeit belegt, dass hier Wein angebaut wird. Heute wachsen Weinreben auf einer Fläche von etwa 13.000 Hektar im Jordantal sowie in der Gegend um Madaba. Hier sind die klimatischen Bedingungen und die Bodenzusammensetzung besonders vorteilhaft. Man prostet sich zu mit dem Wort „Sachteen“, was soviel wie „zum Wohl“ bedeutet.

Neben dem Wein ist der Arrak sehr beliebt. Nach orientalischer Tradition gilt er als die Medizin schlechthin. Dieser Tresterschnaps aus Weintrauben (zum Teil auch aus Datteln) ist versetzt mit Anis und damit vom Geschmack her ähnlich dem türkischen Raki, dem griechischen Ouzo und sogar ein wenig dem französischen Pastis oder Ricard. Man trinkt ihn auch ebenso: mit Wasser und Eis. Der 50Prozent-Genuss heißt dann auch „Milch der Weisheit“. Der Name Arrak kommt aus dem Arabischen und bedeutet eigentlich einfach „Alkohol“. In Jordanien ist er eine Art Standardgetränk und wird vor, aber auch zum Essen gereicht. Zu Tabbouleh, dem
frischen Petersiliensalat, passt er besonders gut. Beim Zuprosten mit Arrak gibt es einen besondern Begriff: „Muhabba“, was etwa „mit allen Sinnen“ heißt. Arrak zu genießen, ist ein ganzheitliches Geschehen und durchaus auch Kult.

Weitere Informationen über das Reiseland Jordanien unter www.visitjordan.com.

Tipp: Die schönsten Impressionen aus der Region hat Autor Karsten-Thilo Raab unter dem Titel „Faszinierendes Jordanien“ in einem Wandkalender zusammengestellt. Erhältlich ist dieser in den Formaten A2 bis A5 je nach Größe für 18,90 bis 49,90 Euro im Buchhandel sowie unter anderem bei Amazon oder im Kalendershop des Mortimer Reisemagazins.