Das Haus und der Garten von Claude Monet in Giverny sind ein absoluter Besuchermagnet. – Foto: Karsten-Thilo Raab / Mortimer Reisemagazin
Inmitten der Normandie, wo Butter und Cidre fast schon zur Grundausstattung einer jeden Mahlzeit gehören, liegt das kleine Giverny – oder besser gesagt, das, was aus dem verschlafenen Nest geworden ist, seit Claude Monet es ab dem Jahre 1863 in eine Oase des Impressionismus verwandelte. Dabei herrscht in der 450-Seelen-Gemeinde, knapp 75 Kilometer vor den Toren der französischen Hauptstadt Paris, von April bis November absoluter Ausnahmezustand, wenn hier jährlich gut 750.000 Kunstbeflissene, Hobbygärtner und Pflanzenliebhaber aus aller Herren Länder einfallen.
Sie alle wollen sich ein Bild von der faszinierenden Blumenpracht machen, die der 1926 verstorbene Künstler unzählige Male auf seine ureigene Art im Bild festgehalten hat.
Monets Garten ist gespickt mit floralen Blickachsen. – Foto: Karsten-Thilo Raab / Mortimer Reisemagazin
Im Entenmarsch watschelt die nicht enden wollende Heerschar der Besucher in einer Schlange hintereinander her, um im Schneckentempo einen Blick auf Monets Haus, die Blumenpracht des Gartens und den vielfach gemalten Teich mit der berühmten japanischen Brücke zu werfen. Ein echtes Geduldsspiel – noch dazu auf extrem schmalen Wegen.
Paradies für den Schaffensrausch
Nichts in dem Garten ist dem Zufall überlassen. – Foto: Karsten-Thilo Raab / Mortimer Reisemagazin
Dabei ist Monets Garten alles andere als ein gewöhnlicher Garten. Es ist ein Ort, an dem scheinbar Farben flüstern, Seerosen sowie Blüten posieren und jedes Blatt, jeder Ast sich in dem Bewusstsein auszustrecken scheint, dass seine botanischen Vorfahren womöglich künstlerisch von niemand geringerem als Monet auf einer Leinwand verewigt wurden.
Blütenpracht entlang des Baches, der den Seerosenteich speist. – Foto: Karsten-Thilo Raab / Mortimer Reisemagazin
Ein bepflanztes Paradies, in dem selbst das Tageslicht und das Wetter Teil der Dramaturgie sind. Zwischen Fliederduft und Froschquaken scheint das Licht Regie zu spielen und selbst der Wind auf Ästhetik getrimmt zu sein – und alles nur, um gut 100 Jahre nach Monets Tod noch immer das perfekte Motiv für den Meister der Lichtspiele und seinen künstlerischen Schaffensrausch abzugeben.
Monets Garten in Giverny kommt teilweise einem Farbenrausch gleich. – Foto: Karsten-Thilo Raab / Mortimer Reisemagazin
„In Giverny regnet es nicht – es aquarellt“, flachst dann auch Magali Margarine und strahlt mit der Sonne um die Wette. Ein wenig amüsiert fügt die energetische Gästeführerin mit dem kurzen blonden Haar augenzwinkernd hinzu: „Überall blüht hier potentieller Instagram-Content.“
Noch heute wird der Garten wie zu Monets Zeiten gepflegt. – Foto: Karsten-Thilo Raab / Mortimer Reisemagazin
Und tatsächlich gibt es wohl kaum jemanden beim Stop-and-go durch Monets Garten, der nicht abwechselnd von Kamera-Perspektiven für das Smartphone und Blumenduftattacken in seinen Bann gezogen wird. Keine Frage, auch wer sich eher für Hashtags als für Impressionismus interessiert, wird bei der Kraft dieses floralen Spektakel nur mit offenem Mund staunen können.
Natürliches Farblabor mit strenger Regie
Immer wieder öffnet sich auch der Blick auf Monets Wohnhaus. – Foto: Karsten-Thilo Raab / Mortimer Reisemagazin
Monets Paradies wirkt, als hätte der große Künstler seinen eigenen Pastelltraum gemalt – und dann beschlossen, diesem Leben einzuhauchen. Der liebevoll angelegte Garten in Giverny war für den großen französischen Impressionisten weit mehr als nur ein hübsches Fleckchen Erde – er war sein lebendiges Atelier, seine Muse und sein Experimentierfeld. Nicht von ungefähr ließ Monet exotische Pflanzen setzen, legte den markanten Seerosenteich an und baute die japanische Brücke – alles mit dem Ziel, atmosphärische Szenen zu schaffen, die er in wechselndem Licht und Wetter einfangen konnte.
Kaum ein Winkel des Gartens, in dem es nicht blüht. – Foto: Karsten-Thilo Raab / Mortimer Reisemagazin
„Monet war so besessen von Farben, dass er seinem Gärtner genaue Anweisungen gab, welche Blumen in welchen Farbtönen zu pflanzen seien“, so Magali weiter, wohl wissend, dass der Künstler einen gewissen Hang zum Perfektionismus hatte. Entsprechend ergänzt die Expertin: „Einmal soll er sich geweigert haben, gelbe Blumen zu akzeptieren, weil sie nicht ins Konzept passten“, wertet die quirlige Französin den Garten rückblickend weniger als botanisches Wunder, sondern viel mehr als ein Art Farblabor mit strengen Regeln.
Seerosen – mehr als 250 Mal verewigt
Der Wassergarten ist das herausragende Feature in Monets Garten. – Foto: Karsten-Thilo Raab / Mortimer Reisemagazin
Besonderes Highlight – und das zweifellos meistfotografierte Motiv – ist der „Jardin d’Eau“, jener Wassergarten mit der weltberühmten Japanischen Brücke und den Seerosen. Monet selbst widmete den Seerosen mehr als 250 Gemälde. Dabei waren die Bewohner von Giverny alles andere als begeistert, als Monet in den 1890er Jahren seinen Seerosenteich anlegen ließ und bangten um ihr Wasser, beteuert Magali. Doch Monet ließ sich nicht beirren. Und so erweist sich der von Trauerweiden und Bambus gesäumte Wassergarten mit der von Blauregen überrankten Brücke noch heute als das Hertzstück des Anwesens.
Die Japanische Brücke wurde von Monet immer wieder auf der Leinwand verewigt. – Foto: Karsten-Thilo Raab / Mortimer Reisemagazin
Derweil bringt der sogenannte „Clos Normand“, jener Gartenabschnitt direkt am einstigen Wohnhaus von Monet, vom Frühjahr bis tief in den Herbst hinein stetig neue Farben und Düfte hervor. Ein blühendes Wunder, das eine ungeahnte Pflanzenvielfalt von Stockrosen, Tulpen, Iris oder Dahlien über Kapuzinerkresse bis hin zu seltenen botanischen Schätzen umfasst, und bei dem einen oder anderen unweigerlich für eine Reizüberflutung sorgt.
Unwiderstehliche Gartenpracht
Ein Ruderboot auf dem berühmten Seerosenteich. – Foto: Karsten-Thilo Raab / Mortimer Reisemagazin
Auch das pastellfarbene, mit Efeu bewachsene Wohnhaus sorgt für manche farbliche Ausrufezeichen. So ist das Esszimmer in einem ungewöhnlichen Gelbton gehalten. Doch dies ist beileibe nicht der einzige Blick in das Privatleben von Claude Monet, der hier gewährt wird. Hinzu kommen ein Atelier, das angesichts der vielen Bildmotive aus allen Nähten platzt, und eine Sammlung japanischer Holzschnitte, die Zeugnis von Monets Faszination für den Fernen Osten ablegt.
Das Esszimmer im Wohnhaus ist einem Gelbton gehalten. – Foto: Karsten-Thilo Raab / Mortimer Reisemagazin
Und alles hat den Anschein als hätte der Künstler den Pinsel erst vor wenigen Augenblicken zur Seite gelegt. Spätestens beim Blick aus dem Fenster auf den prachtvollen Garten lässt sich die Faszination Monets für die Blütenpracht nachvollziehen. Eine Pflanzenwelt, die zwar hier und da ein wenig überfrachtet wirkt, aber trotzdem unwiderstehlich anmutet.
Das Haus wirkt so, als hätte es der Künstler gerade erst verlassen. – Foto: Karsten-Thilo Raab / Mortimer Reisemagazin
In Giverny selber bieten rund ein Dutzend Ateliers und Galerien Kunstwerke aller Art feil, während sich die Souvenirgeschäfte vornehmlich auf Motive von Claude Monet konzentrieren. Der Künstler selber fand im Schatten der kleinen Dorfkirche seine letzte Ruhestätte. Ein schlichtes weißes Kreuz markiert sein Grab. Farblich eher ein Affront, für einen Mann, der meisterhaft mit den Farben spielte und Giverny mit seinem Haus, Atelier und Garten überhaupt zu dem machte, was es heute ist: eine Kleinstadt mit magnetischer Anziehungskraft.
Die Küche hat durchaus musealen Charme. – Foto: Karsten-Thilo Raab / Mortimer Reisemagazin
Informationen: Claude Monet Haus und Garten, 84 Rue Claude Monet, 27620 Giverny, Frankreich, Telefon 0033-(0)2-32512821, www.claudemonetgiverny.fr
Öffnungszeiten: 1. April bis 1. November täglich von 9:30 Uhr bis 18 Uhr.
Eintritt: Erwachsene, 12 Euro, Studenten 6,50 Euro, Kinder 6,50 Euro, Kinder unter sieben Jahren frei.
Prachtvoll angelegt ist der Seerosenteich. – Foto: Karsten-Thilo Raab / Mortimer Reisemagazin
Tipp: Auf dem Wasserweg nach Giverny
Giverny liegt auch auf der Route einer achttägigen Flusskreuzfahrt auf der Seine Comtesse zwischen der französischen Hauptstadt Paris und Le Havre und zurück, die nicko cruises von März bis Oktober anbietet.
Die Seine Comtesse verkehrt regelmäßig zwischen Paris und dem Ärmelkanal. – Foto: Karsten-Thilo Raab / Mortimer Reisemagazin
Das Flusskreuzfahrtschiff ist 114,3 Meter lang, 11,4 Meter breit und bietet Platz für maximal 150 Passagiere. Die Kabinen sind zwischen elf und 14 Quadratmetern groß. Statt des roten Teppichs verleiht der ganz in Rot gehaltene Rumpf der Seine Comtesse eine fürstliche Note. Das Flusskreuzfahrtschiff macht seinem Namen alle Ehre und ist ein perfektes Schiff, um Paris und die bezaubernde Normandie – auch Dank der aufmerksamen und sehr freundlichen Crew – perfekt zu erkunden. Weitere Informationen unter www.nicko-cruises.de.
Die Recherche fand auf Einladung / mit Unterstützung von nicko cruises statt, ohne Einfluss auf die journalistische Ausarbeitung zu nehmen.
Karsten-Thilo Raab
berichtet seit mehr als drei Jahrzehnten für eine Vielzahl von Zeitungen und Magazinen über Reiseziele weltweit. Zudem hat er sich einen Namen als Autor von mehr als 120 Reise-, Wander- und Radführern sowie Bildbänden gemacht.
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