
Inmitten einer über Jahrzehnte industriell geprägten Landschaft wie dem Ruhrgebiet vermutet eigentlich niemand einen steinernen Schatz aus der Renaissance. Industriekathedralen wie das Weltkulturerbe zeche Zollverein in Essen und begrünte Halden mit spektakulären Kunstwerken wie dem Tetraeder in Bottrop oder der Skulptur „Tiger & Turtle“ in Duisburg symbolisieren heute das neue Gesicht des Potts. Dabei hat diese Region durchaus auch manches weniger bekannte Kleinod zu bieten. Dazu gehören prächtige Herrensitze und Gärten wie etwa das Schloss Horst in Gelsenkirchen.
Das historische Gemäuer wurde zwischen 1554 und 1572 als vierflügeliger Bau angelegt und vor allem an der Fassade mit erlesenen Steinmetzarbeiten verziert. Sie gelten, wenn auch teilweise zerstört, bis heute als der „Steinerne Schatz”. Die Stadt Gelsenkirchen kaufte den Prunkbau im Jahre 1988, um ihn bis 1999 aufwendig zu restaurieren.

Der ehemalige Innenhof des Renaissance-Ensembles ist zum gläsernen Atrium und Veranstaltungsraum geworden und bietet nun einen spannenden Blick auf die alte Fassade. In den Kellerräumen befindet sich eine gehobene Gastronomie, und in der Glashalle wie auch im Rittersaal und im Kaminzimmer finden regelmäßige Kulturveranstaltungen statt – vor allem Konzerte, aber auch Lesungen, Vorträge, Tanz und Theaterdarbietungen. Zudem ist hier eine Museum angesiedelt, dessen Dauerausstellung sich dem Thema „Leben und Arbeiten in der Renaissance“ gewidmet ist.

Auch im benachbarten Herten mangelt es nicht an spannenden Schlossgeschichten: Nur einen Steinwurf von der Innenstadt entfernt, liegt der Hertener Schlosspark. Auf einer Fläche von über 30 Hektar sind hier allein über 300 Baumarten zu finden. Mitten in diesem englischen Landschaftspark befindet sich das Wasserschloss Herten, das 1376 erstmalig urkundlich erwähnt wurde. Die Hauptburg dieses schönen Baudenkmals ist ein rundum von einer Gräfte umgebener Ziegelbau. Sie hat heute noch eine große Bedeutung als Beispielarchitektur aus der Zeit der Spätgotik.
Ein paar Kilometer Luftlinie entfernt wartet die Stadt Dorsten nicht ohne Stolz mit einer der Perlen der 100-Schlösser-Route auf – das Schloss Lembeck. Das im 12. Jahrhundert als Gräftehof angelegte Wasserschloss wurde mehrfach aus- und umgebaut und befindet sich in liebevoll restauriertem Zustand. Haupthaus, Seitenflügel und die Türme sind von einem Wassergraben umgeben und in einen herrlichen englischen Park eingebettet. Das örtliche Heimatmuseum befindet sich im Haupthaus und kann im Zusammenhang mit einer Parkbesichtigung besucht werden, während das Schlossmuseum einen Einblick in das gräfliche Leben vieler Generationen vermittelt. Sehenswert ist hier vor allem der Schlaun`sche Saal.

In Hagen, am Südostrand des Ruhrgebiets, ist die einzige Höhenburg Westfalens zu finden. Berühmt ist sie vor allem für die schwarze Hand. Allein deren Erwähnung ließ ganzen Generationen einen Schauer über den Rücken laufen. Und doch ist sie das wohl gefragteste Ausstellungsobjekt im Schloss Hohenlimburg in Hagens gleichnamigen Stadtteil. Ein gruseliges Relikt aus längst vergangenen Tagen, das Gegenstand wilder Schauermärchen ist.

Die populärste Legende über die Herkunft der schwarzen Hand dreht sich um einen Knaben aus gutem Hause, der es wagte, seine Hand gegen die eigene Mutter zu erheben. Als Strafe soll ihm die Hand abgeschlagen worden sein. Danach wurde sie einbalsamiert und als Warnung für alle Kinder auf dem Schloss ausgestellt. Vermutlich handelt es sich aber bei der Hand, die 1811 in den Trümmern des durch einen Blitzschlag zerstörten Bergfrieds gefunden wurde, um ein mittelalterliches Beweisstück aus einem ungeklärten Mord. Was auch wieder reichlich Raum für Spekulationen lässt.
Bekannt ist hingegen die Geschichte der Höhenburg: Erbauen ließ sie um 1240 Graf Dietrich von Isenburg-Limburg. In der Folgezeit war die Burg ein ständiger Zankapfel und wurde mehrfach erobert. Im 18. Jahrhundert schließlich erfolgte der Ausbau zum Residenzschloss der Fürsten von Bentheim-Tecklenburg. Heute zeigt das Museum im neuen Palais Exponate zur fürstlichen Wohnkultur des 18. und 19. Jahrhunderts und zur Geschichte des Schlosses. Im Wirtschaftsgebäude ist das einzige Kaltwalzmuseum Deutschlands angesiedelt. Dieser für die Wirtschaft des märkischen Sauerlandes so wichtige Industriezweig wird hier mit eindrucksvollen Exponaten präsentiert. Nicht minder faszinierend ist der Blick vom Wehrgang sowie von der barocken Gartenanlage ins Lennetal.

Lohnenswert ist auch ein Abstecher nach Selm wo mit dem dreiflügeligen Schloss Cappenberg eines der bedeutendsten Beispiele westfälischer Klosterbaukunst des Barocks zu finden ist. Die Schlossanlage wird von der sehenswerten Stiftskirche, einem pittoresken Pfarrhaus, dem Wasserturm, der Remise, einer Scheune und Torhäusern komplettiert. Neben dem Archiv des Freiherrn vom Stein, einem ehemaligen preußischen Staatsminister, der zwischen 1824 und 1831 hier wohnte, bietet das Schloss auch Platz für wechselnde Ausstellungen. Der umliegende Schlosspark wurde nach dem Vorbild eines englischen Landschaftsgartens angelegt und umfasst Teichanlagen, einen Kinderspielplatz und ein Tiergehege mit Rot- und Dammwild.
Perfekter Buch- und Geschenktipp zum Ruhrgebiet
Ein Fluss, eine Region, 53 Städte und Gemeinden, 80 Häfen und gut 5,15 Millionen Einwohner: Keine Frage, das Ruhrgebiet ist einer der größten Ballungsräume Europas. Lange industriell geprägt, hat der Kohlenpott seit den 1970er-Jahren mit dem Zechensterben und dem Aus der Schwerindustrie einen gewaltigen strukturellen Wandel durchlebt. Heute präsentiert sich das Revier als eine der größten Kulturlandschaften des Kontinents mit einem schier unendlichen Angebot an Freizeitaktivitäten.
Längst konnte das Ruhrgebiet das alte, verkrustete Klischee einer Industrieregion erfolgreich ablegen. Gleichwohl stehen die einstigen Kathedralen der Industrie nach wie vor im Fokus. Viele von ihnen wurden in Kreativ- und/oder Kulturzentren, in Museen oder Freizeitparks umgewandelt. Und so sind viele der insgesamt 3.500 Industriedenkmäler heute attraktive Ausflugsziele für Besucher von nah und fern. Auch Kulturbeflissene kommen im Ruhrgebiet auf ihre Kosten, bietet die Region doch nicht weniger als 200 Museen, 120 Theater, 100 Kulturzentren, 100 Konzertsäle und zwei große Musicaltheater. Und rund 250 größere Festivals und Feste begeistern die Massen.
Im 192 Seiten starken Reiseführer Herzstücke im Ruhrgebiet stellt Karsten-Thilo Raab kenntnisreich die schönsten Ecken der Region zwischen Wesel und Hamm, zwischen Haltern am See und Breckerfeld vor. Der Redakteur des Mortimer Reisemagazins gilt als profunder Kenner seiner Wahlheimat, des Ruhrgebiets, und weiß um kleine und große Highlights und Geheimnisse, die allesamt Eingang in den empfehlenswerten Reiseführer fanden. Ob Eislaufen, wo einst die Kohle glühte, übernachten im Kanalrohr, eine begehbare Achterbahn oder Hindupracht am Datteln-Hamm-Kanal – das Kompendium hat für jeden etwas zu bieten. Denn auch Einkehr- und Shoppingstipps fehlen ebenso wenig wie Ideen für aktive Erlebnisse für Groß und Klein.
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Mortimer
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