Die Flåmbahn – der Star ist die Strecke

Flåmbahn
Die Flåmbahn in Norwegen ist Naturkino pur – noch dazu auf einer der steilsten Eisenbahnstrecken der Welt zwischen Flåm und Myrdal. – Foto: Karsten-Thilo Raab / Mortimer Reisemagazin

Norwegen ist bekannt für seine spektakuläre Natur, seine tiefen Fjorde und seine stille Erhabenheit. Und dann kommt da eine Bahn daher, die all das in 20 Kilometern so verdichtet, dass selbst Vielreisende ins Schwärmen geraten. Denn die Flåmbahn verspricht keine gewöhnliche Zugfahrt, sondern ein Naturkino mit Dauerpanorama, bei dem man sich fragt, ob man versehentlich in einen Werbespot für skandinavische Gelassenheit geraten ist. Dabei rattert die historische Bahn über eine der steilsten Eisenbahnstrecken der Welt – und meistert Passagen mit bis zu 55 Prozent Steigung.

Mit den markant dunkelgrünen Waggons windet sich die „Flåmsbana“, wie sie auf Norwegisch heißt, von 450-Seelen-Nest Flåm aus über 20 Kilometer durch exakt 20 Tunnel bis nach Myrdal und bewältigt dabei 866 Höhenmeter. Der Zug tuckert mit gerade einmal knapp 40 Stundenkilometern eher gemächlich durch Tunnel, Täler und an Wasserfällen vorbei, als wolle er sicherstellen, dass wirklich jeder Passagier genug Zeit zum Staunen hat.

Steil, steiler, Flåmsbana

Flåmbahn
Die Strecke der Flåmbahn gilt als eine der steilsten der Welt. – Foto: Karsten-Thilo Raab / Mortimer Reisemagazin

Mühevoll angelegt wurde die Strecke zwischen 1924 und 1940 – und das meiste davon per Hand. Nicht weniger als 18 der 20 Tunnel wurde mit Muskelkraft und Spitzhacke in den Fels gestemmt. Für jeden Meter Tunnel benötigte ein Arbeiter im Schnitt rund einen Monat, wobei hier – abhängig von der Wirtschaftslage sowie dem Weltgeschehen mit den Wirren des 2. Weltkriegs – zwischen 100 und 220 Arbeiter gleichzeitig zu Werke gingen. Insgesamt 5.692 Meter Tunnel wurde angelegt. Hinzu kamen Brücken und Stützmauern. Eine wahre Herkulesaufgabe mit Blut, Schweiß und Tränen.

In Berekvam liegt die einzige Stelle, an der sich zwei Züge passieren können. – Foto: Karsten-Thilo Raab / Mortimer Reisemagazin

Am 1. August 1940 rollte schließlich der erste Zug über die Strecke, die ursprünglich ausschließlich für den Gütertransport gedacht war. Doch schon am 10. Februar 1941 startete auch der Personenverkehr. Heute ist die Flåmbahn vor allem ein Magnet für Eisenbahnromantiker aus aller Herren Länder und gleichzeitig eine Art rollendes Denkmal für norwegische Ingenieurskunst. Wobei der historische Zug nicht einfach bergauf fährt. Viel mehr gleitet er durch ein norwegisches Naturtheater, in dem jeder Felsen, jeder Wasserlauf und jedes Tal seine Rolle kennt und eindrucksvoll zu posen scheint.

Landschaftskino mit Wow-Effekt

Das vorbeiziehende Landschaftskino präsentiert Norwegens ganze Vielfalt. – Foto: Karsten-Thilo Raab / Mortimer Reisemagazin

Kaum sitzt man in diesem Zug, hat man das Gefühl, die Landschaft hätte sich vorgenommen, einem den Atem zu rauben. Und das tut sie – zuverlässig, Kurve für Kurve.

Flåmbahn
Unterwegs fällt der Blick immer wieder auf schmucke Holzhäuser. – Foto: Karsten-Thilo Raab / Mortimer Reisemagazin

Zunächst fällt der Blick auf die schmucke Holzkirche von Flåm, die aus dem Jahre 1670 datiert. Nach dem ersten Tunnel dominiert mit dem Rjoandefossen ein erster, 241 Meter hoher Wasserfall mit drei Hauptstufen, deren größte eine Fallhöhe von 140 Metern misst, das Panorama. Die talwärts stürzende Wassermenge mit bis zu drei Kubikmetern pro Sekunde sorgt für ein ohrenbetäubendes Geräusch.

Auf ihrer gut einstündigen Fahrt durchquert die Flåmbahn 20 Tunnel. – Foto: Karsten-Thilo Raab / Mortimer Reisemagazin

Weiter geht es an steilen, schroffen, mit Moos bewachsene Bergen und saftigen Wiesen, in denen sich schmucke Holzhäuser ducken, entlang. Am kleinen Haltepunkt Berekvam ist nach 10,5 Kilometren ziemlich genau die Hälfte der Strecke zwischen Flåm und Myrdal absolviert. Hier auf 343 Metern über dem Meeresspiegel liegt auch der einzige Punkt, an dem sich zwei Züge passieren können. Entsprechend muss auf den Zug aus der Gegenrichtung gewartet werden.

Wasserfall mit Showeinlage

Flåmbahn
Der Stopp am Kjosfossen gehört zu den Höhepunkt der Fahrt mit der Flåmbahn. – Foto: Karsten-Thilo Raab / Mortimer Reisemagazin

Höhepunkt der kurzweiligen Fahrt ist zweifelsohne der gut zehnminütige Halt am Kjosfossen. Der Wasserfall stürzt 225 Metern in die Tiefe. Und als wäre das Naturschauspiel nicht genug, taucht im Sommer plötzlich eine mysteriöse Frau mit langem, wallendem blondem Haar im roten Kleid auf, tanzt auf den Felsen und verschwindet wieder. Nein, das ist kein norwegischer Troll , sondern eine inszenierte Darbietung der „Huldra“, einer Sagengestalt, die hier regelmäßig die Bahnfahrer verzaubert. Gemäß Mythologie bringen die Huldras mit Vorliebe Männer vom Weg ab – mal um sie zu verführen, mal um sie zu täuschen. Einige Erzählungen machen sie für Krankheiten oder das Verschwinden von Kindern verantwortlich; andere sehen in den Blondinen Glücksbringer.

Vom Haltepunkt in Myrdal fahren viele nochmal begeistert zurück nach Flåm. – Foto: Karsten-Thilo Raab / Mortimer Reisemagazin

Und so sinniert manch einer noch darüber nach, was der Anblick der Huldra für ihn bedeuten mag, während wenig später der auf 866,8 Meter über dem Meeresspiegel gelegene Endpunkt der Flåmbahn erreicht ist. Myrdal gibt sich mit seinem Bahnhofsgebäude im typischen Falunrot und einigen verstreuten Holzhäusern eher unspektakulär. Entsprechend steigen einige in die Züge der Bergensbane um, die Norwegens Hauptstadt Oslo mit Bergen verbindet. Doch die meisten können sich an der Strecke der Flåmsbana nicht satt sehen und fahren nach kurzem Aufenthalt nochmal zurück nach Flåm.

Nostalgie auf Schienen

Ein Hauch von Nostalgie wehr durch die Waggons. – Foto: Karsten-Thilo Raab / Mortimer Reisemagazin

Die Waggons sind schlicht, charmant, aber nicht überkandidelt – eine Mischung aus Retro und Komfort mit Holzverkleidungen, weichen Sitzen und großen Fenstern. Es gibt sogar kostenfreies WLAN – aber kaum jemand nutzt es. Denn draußen präsentiert sich gerade Norwegen in Bestform. Und dies sommers wie winters. Entsprechend erweist sich die Fahrt mit der Flåmbahn als eine perfekte Form der Entschleunigung mit Aussichtsgarantie. Hier tuckert man nicht einfach von A nach B – man gleitet, man staunt, man zückt das Smartphone und vergisst es gleich wieder, weil kein Filter dieser Welt das einfangen kann, was draußen vorbeizieht. Kurzum, die Flåmbahn liefert Bilder, die im Kopf bleiben.

Direkt am Bahnhof von Flåm liegt das kleine Bahnmuseum. – Foto: Karsten-Thilo Raab / Mortimer Reisemagazin

Informationen: www.flamsbana.no

Preis: Die einfache kostet 595 Norwegische Kronen, was rund 50 Euro entspricht.

Tipp: Das kleine Flåmsbana Museet am Bahnhof von Flåm vermittelt bei freiem Eintritt einen Abriss der lokalen Eisenbahngeschichte.

Das kleine Museum vermittelt spannende Einblicke in die lokale Eisenbahngeschichte. – Foto: Karsten-Thilo Raab / Mortimer Reisemagazin

Auf AIDA-sehen in Norwegen

Eine besonders entspannende und abwechslungsreiche Möglichkeit, das zauberhafte Flåm zu besichtigen, bietet eine Kreuzfahrt mit zum Beispiel der AIDAprima.

AIDA
Mit AIDA-Kreuzfahrten die wunderschönen Landschaften und Orte Skandinaviens entdecken. – Foto: Susanne Timmann / Mortimer Reisemagazin

Informationen: www.aida.de – eine Übersicht über die bevorstehenden AIDA-Kreuzfahrten nach Norwegen findet sich hier.


Die Recherche fand auf Einladung / mit Unterstützung von AIDA Cruises statt, ohne Einfluss auf die journalistische Ausarbeitung zu nehmen.

Karsten-Thilo Raab

berichtet seit mehr als drei Jahrzehnten für eine Vielzahl von Zeitungen und Magazinen über Reiseziele weltweit. Zudem hat er sich einen Namen als Autor von mehr als 120 Reise-, Wander- und Radführern sowie Bildbänden gemacht.