Elbstrom-Juwele: Buxtehude und Stade

Stade
Stade begeistert mit Fachwerkpracht und Hafenflair.

Zwischen Märchenwelt und Hanseglanz – Buxtehude und Stade halten erstaunliche und überraschende Sehenswürdigkeiten und Geschichten bereit. Beide Hansestädte sind touristische Glanzpunkte der Region Altes Land am Elbstrom unweit von Hamburg und mehr als nur eine Tagesreise wert. Wer durch ihre verwinkelten Gassen und entlang historischer Wasserläufe wandert, begegnet nicht nur Fachwerk und Fluss, sondern spürt auch den Atem vergangener Jahrhunderte.

Buxtehude – hanseatisch märchenhaft

Stimmungsvolle Flethatmosphäre in Buxtehude. – Foto Peer Völz / Mortimer Reisemagazin

Um das Jahr 1285 wurde Buxtehude als erste deutsche Stadt planmäßig um ein zentrales Hafenbecken herum gebaut. 1363 wurde Buxtehude Teil der Hanse, was der Stadt an der Este wirtschaftlichen Aufschwung und internationale Handelsbeziehungen brachte. Das Fleth, der historische Hafenkanal mitten in der Altstadt, zeigt anschaulich, wie ein Hafen zur Hansezeit aussah. Die grachtenartige Flethanlage ist neben der gotischen St. Petri-Kirche mit ihrem sehenswerten barocken Hauptaltar von 1710 das bedeutendste Bauwerk Buxtehudes. Sie vermittelt maritimes Flair und Lebensgefühl. Cafés und Restaurants am Wasser, kleine Boutiquen und Geschäfte und schöne Fachwerkfassaden machen die Buxtehuder Altstadt zu einem Ort, der zum Verweilen einlädt. Besonders schön: Spaziergänge bei Sonnenschein oder in der Abenddämmerung entlang des Fleths.

In der Obhut des Nachtwächters

Der Nachtwächter auf nächtlichem Streifgang im Rathaussaal der Stadt. – Foto Peer Völz / Mortimer Reisemagazin

Die vom Service Center Kultur & Tourismus angebotenen „Nachtwächterrundgänge“ lassen Buxtehude, um im Bild zu bleiben, in einem anderen Licht erscheinen. Der Nachtwächter in traditionellem Outfit mit Laterne und Hellebarde nimmt seine Gruppe in den Abendstunden mit auf einen zweistündigen Rundgang durch die Altstadt. Redegewandt lässt er Geschichte und Geschichten der Stadt lebendig werden. Er führt seine Gruppe nicht nur zu historischen Plätzen und Gebäuden, sondern auch zu düsteren Gemäuern und durch enge Gassen, die einst vom Nachtwächter bewacht wurden. Eine spannende und vergnügliche Tour, die sich lohnt.

Buxtehuder Hansekogge – Zeichen des Zusammenhalts

Hansekogge und Marschtorzwinger, letzter von fünf Rundtürmen der Stadtmauer. – Foto Peer Völz / Mortimer Reisemagazin

Die Hansekogge im Kreisverkehr an der Estebrügger Straße ist nicht nur Blickfang, sondern auch Symbol für die hanseatische Geschichte der Stadt. Die 2017 eingeweihte Kogge aus wetterfestem Cortenstahl erinnert an die Zeit, als Buxtehude Mitglied der Hanse war und steht heute für Zusammenhalt, Tradition und Moderne. Die im Maßstab 1:3 erbaute Hansekogge ist fast acht Meter lang. Das Segel des sechs Meter hohen Mastes trägt das Hansekreuz und das Logo der Hansestadt. Neun Ortswappen und das Buxtehuder Stadtwappen an der Bordwand symbolisieren: „Wir segeln alle gemeinsam in die gleiche Richtung“.

Märchen- und Literaturstadt

Der „Has‘ und Igel-Brunnen“ von Bildhauer Fritz Fleer wurde 1971 eingeweiht. – Foto Peer Völz / Mortimer Reisemagazin

Das bekannte Märchen vom Hasen und Igel von Wilhelm Schröder erschien erstmals 1840 im Hannoverschen Volksblatt und soll sich auf der Buxtehuder Heide zugetragen haben. Buxtehude hat sich das Märchen sozusagen als ein städtisches Leitmotiv auserkoren und man trifft dort immer wieder auf „Hase-und-Igel“-Reminiszenzen. So greift auch der „Has‘ und Igel-Brunnen“ vom Hamburger Bildhauer Fritz Fleer im Zentrum der Hansestadt das Märchenthema auf. Die Skulptur aus Bronze und Stein stellt den berühmten Wettlauf aus dem Märchen dar. Folgerichtig ist Buxtehude seit 2008 Teil der Deutschen Märchenstraße und deren nördlichster Schlusspunkt.

Viele der mit dem „Buxtehuder Bullen“ ausgezeichneten Buchtitel finden sich im „Café am Museum“. – Foto Peer Völz / Mortimer Reisemagazin

Buxtehude hat sich nicht nur wegen des berühmten Märchens als Stadt der Literatur einen Namen gemacht. Seit 1971 wird von der Hansestadt Buxtehude alljährlich der renommierte Jugendliteraturpreis „Buxtehuder Bulle“ verliehen. Dieser zeichnet das beste erzählende Jugendbuch des Vorjahres aus. Alle Preisträger sind mit Namen und Buchtitel auf dem Kulturpfad „Buxtehuder BULLEvard“ in der Altstadt nach dem Vorbild des „Walk of Fame“ auf Messingplatten verewigt. Ein Blick nach unten lohnt sich also dort auf jeden Fall.

Kurzweilige Zeitreise durch Buxtehude

Der St.-Petri-Platz mit seinen Fachwerkhäusern und Cafés ist ein zentraler Begegnungsort in Buxtehude. – Foto Peer Völz / Mortimer Reisemagazin

Im Buxtehuder Museum für Regionalgeschichte und Kunst wird (nicht nur) die wechselvolle Stadtgeschichte der Hansestadt Buxtehude anschaulich und unterhaltsam erzählt. Vorweg: Besucher müssen keine übliche Museumslangeweile fürchten. Die moderne Präsentation der einzelnen Objekte führt auf eine spannende und auch kurzweilige und spaßige Zeitreise durch Buxtehude. So wird beispielsweise nicht ohne Selbstironie dem Ursprung der bekannten Redensarten „In Buxtehude, wo die Hunde mit dem Schwanz wedeln“, oder „Geh nach Buxtehude, wo der Pfeffer wächst“, mit historischen Ausstellungsstücken und Dokumenten nachgegangen. Oder wer hätte gewusst, dass in Buxtehude im Jahr 1983 die erste Tempo-30-Zone Deutschlands eingerichtet wurde?

Alt und neu in guter musealer Nachbarschaft – Richtschwert aus dem 17. Jh. und moderne „Birkel“-Neonreklame. – Foto Peer Völz / Mortimer Reisemagazin

Das Museum präsentiert desweiteren ein Kunstkabinett mit bedeutenden Gemälden aus der Buxtehuder Vergangenheit, sakrale Kunst sowie archäologische und moderne Objekte aus der Buxtehuder Region. Regelmäßig gibt es Sonderausstellungen.

Bedeutende archäologische Funde

Europaweit einmalig im Buxtehuder Museum ist die große Auswahl der mehr als 12.000 archäologischen Funde aus dem Gräberfeld bei Immenbeck, einem Buxtehuder Ortsteil. Es stammt aus dem 4. bis 6. Jahrhundert n. Chr. und gilt als das größte sächsische Körpergräberfeld Europas. Auch hier keine verstaubte Museumspräsentation.

Kostbare Gläser und Vasen aus dem 500 Jh. n. Chr. – Foto Peer Völz / Mortimer Reisemagazin

Die Objekte sind mit Hörstationen, Filmen und spielerischen Elementen modern inszeniert. Die Ausstellung bietet faszinierende Einblicke in die Zeit der Völkerwanderung. 1400 wunderschöne Perlen, gleißend-glitzernder Schmuck, vollständig erhaltene kostbare Gläser und andere Grabbeigaben aus der Zeit um 500 n. Chr. werden von den Besuchern mit Recht bestaunt.

Wintermärchen Buxtehude

Zur Advents- und Weihnachtszeit verwandelt sich die Altstadt von Buxtehude in ein märchenhaftes Weihnachtsdorf, das mit Märchenkulissen, fantasievollen Programmpunkten und regionalem Charme aufwartet. Den St.-Petri-Platz und die Altstadtgassen zieren geschmückte Tannenbäume, Lichterketten und lebensgroße Märchenfiguren.

Stade – Hanseflair und Fachwerktraum

Stade
In Stade lohnt es sich vor Anker zu gehen – im Hintergrund der Stadthafen. – Foto Daryl Mattern

Wer durch den alten Hansehafen in der Altstadt von Stade schlendert, der folgt den Spuren jahrhundertealter Handels- und Stadtgeschichte. Hansemitglied seit 1267, erhielt Stade sein Stapelrecht bereits im Jahr 1259. Damit durfte die Stadt an der Schwinge durchfahrende Handelsschiffe, die von der Nordsee kommend die Elbe hinauffuhren, zwingen, ihre Waren für drei „Tidezeiten“ (also etwa anderthalb Tage) in Stade zu ausgesprochen niedrigen Preisen an die heimischen Händler zu verkaufen.

Stade
Die „gute Stube“ von Stade am historischen Hafen mit dem dort verankerten Ewer „Willi“. – Foto Peer Völz / Mortimer Reisemagazin

Ein cleveres Privileg, das den Stader Kaufleuten nicht nur günstige Preise, sondern auch einen strategischen Vorteil im Warenverkehr sicherte. Die Hamburger Nachbarn sahen darin eine Bedrohung für den eigenen Handel und reagierten 1267 mit einem trickreichen Schachzug: Sie fälschten eine Urkunde, den sogenannten Barbarossafreibrief, der ihnen angeblich Zollfreiheit und weitere Handelsprivilegien gegenüber Stade zusicherte. Diese Fälschung wurde als solche nicht erkannt und allgemein akzeptiert. Ergebnis: Stade verlor an Bedeutung, Hamburg gewann an Einfluss.

Der Fischmarkt – das „Wohnzimmer“ von Stade

Stade
Lagunenartig durchziehen Kanäle die Stader Altstadt. – Foto Peer Völz / Mortimer Reisemagazin

Heute ist der historische Hafen von Stade gesäumt von liebevoll restaurierten Fachwerkhäusern. Mit den beiden Hafenpromenaden „Wasser West“ und „Wasser Ost“ und dem Fischmarkt ist er das lebendige Herz und Glanzstück der Hansestadt. Einladende Restaurants und Cafés mit Außenterrassen, hübsche Geschäfte, historisches Flair – ein Ort, an dem sich Einheimische und Touristen begegnen und wohl fühlen. Umrahmt von Fachwerkhäusern und Holzkran wirkt der Platz wie ein Bühnenbild aus der Hansezeit – nur dass hier nicht Theater gespielt wird, sondern das echte Leben spielt. Gerne bezeichnen die Stader den Fischmarkt daher auch als ihre „gute Stube“.

Ein Kran aus vergangenen Tagen

Der alte Holzkran ist ein Hauptdarsteller der Stader Altstadt. – Foto Peer Völz / Mortimer Reisemagazin

Der markante Holzkran am Fischmarkt wurde 1337 erstmals urkundlich erwähnt. Mehrere Männer mussten sich in zwei großen Treträdern abrackern, um den 15 Meter hohen Dreh- und Tretkran aus Eichenholz zu bewegen und die bis zu 4,1 Tonnen schwere Last beim Löschen und Beladen von Schiffen anzuhieven. 1878 wegen einer Straßenerweiterung und geringer Nutzung abgerissen, wurde der Kran 1977 nach dem Vorbild des Lüneburger Tretkrans an gleicher Stelle wieder errichtet. Eine kleine Ausstellung im Krannachbau zur Hafengeschichte Stades, zur Hanse und zum Kran selbst kann man sich kostenlos anschauen.

Grandioses Fachwerk

Stade
Das Bürgermeister-Hintze-Haus (3. v. re.) ist ein Fachwerkschmuckstück. – Foto Peer Völz

Ein architektonisches Juwel am Alten Hafen ist das Bürgermeister-Hintze-Haus – ein prachtvolles Zeugnis hanseatischer Kaufmannskultur und der Weserrenaissance. Die prächtige Fassade des ursprünglich spätmittelalterlichen Kaufmannshauses wurde 1621 vom damaligen Stader Bürgermeister Heino Hintze in Auftrag gegeben. Heute wird es als Wohn- und Gewerbehaus genutzt.

Wassersport auf einmaligen Trails

Auf dem Gelände des SUP Clubs Stade befindet sich sogar eine Sauna auf dem Wasser. – Foto Peer Völz / Mortimer Reisemagazin

Stade hat ein Herz für Wassersportfans. Von Stade kann man individuelle und ausgeschilderte SUP, Paddel- und Kanutouren über die historische Altstadt bis hinaus in die grünen Ebenen des Schwingetals unternehmen. Besonders reizvoll: der „History-Trail“ mit 14 Stationen mit historischen Bildern & Infos zur Stadtgeschichte und der „Fitness-Trail“ nur für SUP mit 15 Stationen mit Übungen für Balance, Kraft und Koordination.

Stade
Stand Up Paddling und Kanufahren durch unberührte Natur kann man von Stade aus auf der Schwinge. – Foto Max Wiesenbach

Beide Trails sind in dieser Form wahrscheinlich einzigartig in Deutschland, weil sie ein Konzept umsetzen, das es so nur dort gibt: eine durchgängige Beschilderung, die ausschließlich vom Wasser aus sichtbar ist. Das heißt: Nur wer mit dem SUP, Kanu oder Kajak unterwegs ist, kann die Stationen überhaupt entdecken und erleben. Ein Start- und Zielpunkt ist der öffentlich zugängliche „Stade Beach“ Am Salztorswall, direkt am Burggraben und Holzhafen gegenüber der Altstadt. Der SUP Club Stade betreibt auf dem Gelände den Verleih von Kajaks, Kanus, Tretbooten und Stand Up Paddelboards sowie Gastronomie.

Das ruhige Wasser der Schwinge ist ideal auch für Ungeübte. Wer sich erstmals auf einem Stand Up Paddel versuchen möchte, hat die Möglichkeit, beim SUP Club Stade einen Anfängerkurs zu belegen. Auf einer Wiesen- und Holzterrasse kann man auf den vorhandenen Sitzgelegenheiten vom Ufer aus dem Treiben auf dem Wasser bei Snack und Getränk zuschauen.

Zwei besondere Schiffe in Stade

Stade
Der Tidenkieker ist ideal für seichte Nebenflüsse und Wattgebiete. – Foto Peer Völz / Mortimer Reisemagazin

Ein besonderes Naturerlebnis ist eine Bootstour mit dem Tidenkieker vom Stadthafen Stade hinaus zur faszinierenden Naturlandschaft der Niederelbe. Der Tidenkieker ist ein einzigartiges Flachboden-Schiff mit nur 50 Zentimeter Tiefgang. Dadurch kann das Schiff in flache Priele und Nebenflüsse vordringen oder direkt an Elbinseln heranmanövrieren und ist ideal für die Erkundung von Wattlandschaft, Schilfparadiesen und versteckten Buchten. Auf den zwei- bis vierstündigen unterschiedlichen Touren begleiten Experten mit umfangreichen Infos zur Elblandschaft die Passagiere. Als kleinen Nachteil nimmt man dabei gern in Kauf, dass die Bestuhlung auf dem Tidenkieker recht eng und spartanisch ist.

Stade
Das Museumsschiff MS Greundiek ist als technisches Kulturdenkmal Niedersachsens gelistet. – Foto Peer Völz / Mortimer Reisemagazin

Die MS Greundiek liegt wie der Tidenkieker im Stader Stadthafen. Das 41 Meter lange und sieben Meter breite Schiff von 1950 ist als technisches Kulturdenkmal Niedersachsens eingetragen. Die Greundiek ist weitgehend im Originalzustand erhalten und wird heute als Museumsschiff betrieben – mit Fahrten auf der Elbe, Führungen und Veranstaltungen. Das Schiff kann zu bestimmten Zeiten kostenlos besichtigt werden.

Nordische Hafen-Weihnacht

Wie in Buxtehude, findet auch in Stade zur Advents- und Weihnachtszeit ein besuchenswerter Weihnachtsmarkt statt. Die Hafen-Weihnacht ist ein skandinavisch inspiriertes weihnachtliches Altstadtfest. Lounge-Iglus, festlich dekorierte Holzhütten und illuminierte Fachwerkfassaden verwandeln die historische Altstadt in eine stimmungsvolle Winterkulisse mit nordischem Flair.

Stade
Der „Kunstkudder“ ist ein Hausboot für Individualisten. – Foto Peer Völz/ Mortimer Reisemagazin

Übernachtungstipps: Wer in Stade originell übernachten möchte, dem sei der „Kunstkudder“ im historischen Hansehafen empfohlen. Das Hausboot liegt auf dem Wasser direkt vor dem Museum Schwedenspeicher, mit Blick auf Altstadt und Hafenbecken. Ursprünglich war das Boot ein Lastkahn von 1904, das 2023/24 komplett entkernt und zu einer schlichten, aber gemütlichen Ferienwohnung mit kleinem Sonnendeck umgebaut wurde. Das Berliner Künstlerduo „44flavours“ hat die Außenhaut des 18 Meter langen und vier Meter breiten „Kunstkudders“mit Papierkunst ausgestattet und selbst zu einem kleinen Kunstwerk gemacht. Buchbar ist der „Kunstkudder“ über Stade Marketing & Tourismus.

Das Hotel „Navigare“ verbindet Buxtehuder Geschichte mit zeitgemäßem Komfort. Es befindet sich nahe der historischen Altstadt in einem denkmalgeschützten und aufwändig restaurierten Backsteinbau aus der Gründerzeit. Hochwertige Ausstattung und wohltuend freundlicher Service zeichnen das Hotel aus.

Peer Völz

lebt in Hannover und findet, dass nicht nur Niedersachsens Landeshauptstadt eine Reise wert ist. Der freie Reisejournalist und Autor schreibt seit 2019 regelmäßig für das Mortimer-Reisemagazin.