Brügge von seiner Schokoladenseite

Mit seinen mittelalterlichen Giebelhäusern, Prachtbauten wie dem Belfried, dem Provinzialpalast oder dem gotischen Rathaus, den verwinkelten Gässchen und verträumten Grachten ist Brügge eine Stadt voller Postkartenmotive. Dabei gilt Europas Kulturhauptstadt des Jahres 2002, deren historische Altstadt seit dem Jahre 2000 als Weltkulturerbe unter dem Schutz der UNESCO steht, nicht nur als schönste Stadt in Flandern, sondern auch als Belgiens Schokoladenhauptstadt. Allein rekordverdächtige 52 Chocolatiers und unzählige kleine Geschäfte, die hochwertige Schokoladenprodukte anbieten, zeugen vom süßen Zahn der 117.000 Einwohner. Und die wohl größten Schleckermäuler Flanderns rücken die Schokolade im Rahmen des Festivals „Choc’in Brügge“ noch bis zum 8. Dezember mit geführten Schokoladenspaziergängen, speziellen Schoko-Menüs, Schokoladen-Workshops, einer Schokoladenmesse und Schoko-Anwendungen in den Fokus, während im Schokoladenmuseum die Geschichte des „braunen Goldes“ und seiner Herstellung anschaulich aufbereitet wird.

„Schokolade berührt alle Sinne. Sie schmilzt im Mund, setzt bestimmte Aromen frei und löst Glücksgefühle aus“, zeigt sich Kristof Deprez überaus fasziniert von dem kakaohaltiges Lebens- und Genussmittel. Wie in 13 weiteren Speisetempeln der Stadt bietet auch der Spitzenkoch während des Schokoladenfestivals spezielle Schoko-Menüs in seinem Restaurant Mangerie an. So serviert Kristof Deprez, der sich bei Kochworkshops bereitwillig über die Schultern schauen lässt, etwa Hummer mit Mangocreme, einer Lauch-Soja-Mayonnaise, Kräutern und Zartbitterschokolade sowie mit Artischocken verfeinerten und in Kakaobohnen geräucherten Fasan an.

„Die Schokolade ist dabei wenig dominant, verleiht dem Essen aber eine raffinierte Note“, so Kristof Deprez weiter. Im Bistro den Amand kommt unterdessen Hirschkalbfilet mit Austernpilzen, Chicorée und Wildsauce mit Vanuatu-Schokolade auf den Tisch, während im Restaurant Patrick Devos marinierte Jakobsmuscheln mit Schokoladenpulver, einem Gurken-Mousse, Mangold, Algen und Fenchel gereicht werden. Dabei liegen die ausgefallenen Vier-Gänge-Menüs der 14 Restaurants preislich allesamt zwischen 28 und 100 Euro.

Unter dem Titel „Choc! Around the Clock” vermitteln zweitsündige Stadtrundgänge, alles Wissenswerte und manches Überraschende zum Thema Schokolade. So etwa, dass jeder Belgier im Mittel 8,7 Kilogramm Schokolade pro Jahr vertilgt, oder dass es mit Criollo, Trinitario und Forastero drei Kakaosorten gibt, von denen Letztere einen Marktanteil von 80 Prozent hat.

„Bei hochwertiger Schokolade liegt der Kakaoanteil zwischen 60 und 70 Prozent“, verrät Führerin Anne De Meerleer. Gleichzeitig verweist sie auf die Tatsache, dass weiße Schokolade im klassischen Sinne eigentlich keine Schokolade sei und keinen Kakao enthalte, sondern neben viel Zucker vornehmlich Kakaobutter.

„Wie es sich für eine Schokoladehauptstadt von Rang gehört, hat Brügge mit den Brugsche Swaentjes eine offizielle Stadtpraline“, verkündet Anne De Meerleer nicht ohne Stolz. Die von der Gilde der Brugse Chocolatiers entwickelte Praline enthält neben Teilen des Kletskop, eines in Brügge hergestellten Mandelkekses, vor allem Butter und Gruut, eine Kräutergewürzmischung nach geheimer Rezeptur. Natürlich können die Brugsche Swaentjes (Brügger Schwäne) während des kurzweiligen Rundganges getestet werden. Und auch bei ausgesuchten Chocolatiers wird Station gemacht, wo weitere ungewöhnliche Kombinationen kennen gelernt werden können. So reicht die Angebotspalette von Pralinen mit Teegeschmack bis hin zu überraschend wohlschmeckenden Füllungen mit Safran und Curry, gebratenen Zwiebeln oder geräuchertem Schinken.

Stephan Dumon beispielsweise bietet in seiner Chocolaterie am Simon Stevinplein spezielle Schokoladeriegel mit Kräutern, Nüssen und Früchten sowie Trendpralinen mit einem Hauch Cuberdon, Yuzu, Grapefruit, Limoncello und Eisenkraut an. Nur einen Steinwurf entfernt, hält der gefeierte Dominique Persoone in seinem Geschäft The Chocolate Line Schokolade auf Sterneniveau vor. Denn der schaffensfreudige Chocolatier wird mit seinen Kreationen sogar im Michelin-Guide gelistet. So lehrte Persoone den Rolling Stones, mit seinem selbst entworfenen Chocolate Shooter sogar Schokolade zu schnupfen und er lieferte essbare Schokoladefarbe an Aktionskünstler Spencer Tunick, der damit Hunderte nackte Brügger Körper für eine Kunstaktion bekleckste. Auch ein Schokolade-Lippenstift gehört zu Persoones  Erfindungen. Sukerbuyc in der Katelijnestraat entwickelt derweil so ausgefallene Dinge wie Schokoladen-Puzzle oder -CDs und vermittelt beim Besuch der Produktionsräume einen Einblick in die aufwendigen Schritte der Pralinenherstellung.

Während in den Frühstücksräumen vieler Hotels sprudelnde Schokoladenbrunnen das Festival schon mit der ersten Mahlzeit des Tages in den Blickpunkt rufen, können sich Körperbewusste in sechs Kosmetikstudios und Schönheitsfarmen der Stadt mit Schokomassagen und -gesichtsmasken verwöhnen lassen.

„Wir nehmen dunkle Schokolade und mischen diese mit einheimischem Honig, damit die Gesichtmaske nicht austrocknet und hart wird“, verrät Sophie Tousseyn von Beautysalon Xantippe, dass auch Männer gerne mal ihre Schokoladenseiten entdecken wollen. „Dann nehmen wir allerdings weiße Schokolade mit Minze, da die Herren der Schöpfung ein anderes Hautbild haben“, ergänzt Sophie Tousseyn. Und das Beste daran, wer möchte, kann sich dabei mit der Zunge über die Lippen lecken oder mit dem Finger etwas von der Schokolade aus dem Gesicht abstreichen und sich im wahrsten Sinne des Wortes einmal selber vernaschen.

Allgemeine Informationen: Tourismus Flandern-Brüssel, Belgisches Haus, Cäcilienstraße 46, 50667 Köln, Telefon 0221-2709770, www.flandern.com

Toerisme Brugge, Postbus 744, 8000 Brügge, Telefon 0032-(0)50444646, www.brugge.be/toerisme

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Anreise: Mit dem Auto ist Brügge von Brüssel aus über die Autobahn E40 in knapp einer Stunde zu erreichen. Alternativ empfiehlt sich die Anreise mit dem ICE oder Thalys von Köln via Brüssel-Midi, von wo einmal stündlich Anschluss nach Brügge mit einem Intercity besteht.

Schokoladenfestival: www.chocinbrugge.be

Schokoladenwanderung: Während des Schokoladenfestivals werden montags, mittwochs, samstags und sonntags um 14 Uhr zum Preis von 9 Euro pro Person spezielle Schokoladenwanderungen durch Brügge angeboten. Informationen und Buchungen bei Toerisme Brugge (siehe oben).

Schokoladenmassage: Xantippe, Oostendesteenweg 73, 8000 Brügge, Telefon 0032-(0)50-313564, www.xantippe.be. Einstündige Schokoladenmassagen und -gesichtsbehandlungen werden für 80 Euro angeboten.


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Sehenswürdigkeiten: Schokoladenmuseum, Wijnzakstraat 2, 8000 Brügge, Telefon 0032-(0)50612237, www.choco-story.be. Geöffnet ist das Museum täglich von 10 bis 17 Uhr. Der Eintritt beträgt für Erwachsene 7 Euro, für Kinder 4 Euro, ermäßigt 6 Euro.

Essen und Trinken: Maximiliaan von Oostenrijk, Prinselijk Begijnhof, Wijngaardplein 16-17, 8000 Brügge, Telefon 0032-(0)50334723, www.maximiliaanvanoostenrijk.be. Spezielle Schokoladenmenüs werden in dem urigen Restaurant ab 25 Euro angeboten.

De Mangerie, Oude Burg 20, 8000 Brugge, Telefon 0032-(0)50339336, www.mangerie.com. Küchenchef Kristof Deprez zaubert belgische Klassiker mit einer asiatischen Note auf den Tisch, Schokomenüs werden ab 55 Euro angeboten.

Patrick Devos, Zilverstraat 41, 8000 Brügge, Telefon 0032-(0)50335566, www.patrickdevos.de. Ab 50 Euro werden in dem kleinen, aber feinen Restaurant Schokomenüs angeboten.

Übernachten: Hotel De Tuilerieen, Dijver 7, 8000 Brügge, Telefon 0032-(0)50343691, www.hoteltuilerireen.com. Doppelzimmer mit Frühstück beginnen in dem charmanten Vier-Sterne-Haus bei 135 Euro pro Nacht.