Einbeck – Bockbier-Heimat mit Fachwerkcharme

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Das niedersächsische Einbeck zählt mehr als 400 historische Fachwerkhäuser. – Foto Karsten-Thilo Raab

Das historische Rathaus von Einbeck birgt ein Geheimnis. Genauer gesagt ist dieses im Kreuztonnengewölbe des Kellers aufbewahrt. Zwischen den Säulen aus dem 15. Jahrhundert lagert eine überaus ungewöhnliche Bierspezialität, die es so bislang noch nicht gab: Der Aged Bock aus der Einbecker Brauerei. Dieses spezielle Bier wird bei gleichbleibender Temperatur in dem kühlen Kellergewölbe für mindestens fünf Jahre gelagert. Der süffige Inhalt der insgesamt 9.000 Flaschen aus einer Abfüllung im Jahr 2015 reift dabei weiter und entwickelt einen leicht süßlichen Geschmack.

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Überaus prachtvoll und mit einem Geheimnis im Keller gibt sich das Alte Rathaus. – Foto Karsten-Thilo Raab

„Das Besondere am Bockbier ist die Tatsache, dass es, wenn es bei entsprechender Temperatur und Dunkelheit gelagert wird, fast unendlich haltbar ist“, versichert Ulrich Meiser, Sprecher der Einbecker Brauerei, dass sich auch der Alkoholgehalt von 6,5 Prozent im Laufe der Jahre kaum merklich verändern würde.

Rund um den Marktplatz reiht sich Fachwerkhaus an Fachwerkhaus. – Foto Karsten-Thilo Raab

So oder so kann sich in Einbeck, der Urheimat des Bockbiers, niemand der „Faszination Bier“ entziehen. Auch wenn die niedersächsische Kleinstadt als ein Kleinod mittelalterlicher Bauweise gilt. Über 400, zum Teil reich verzierte und farbenprächtige Fachwerkhäuser gibt es in der Stadt am Fuße des Naturparks Solling zu bestaunen.

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Die Rats-Apotheke gehört zu den ältesten Gebäuden der Stadt. – Foto Karsten-Thilo Raab

Und so kommt der Gang durch das Zentrum der ehemaligen Hansestadt einer kleinen Zeitreise ins Mittelalter gleich. Die markantesten Bauwerke sind das bereits erwähnte Alte Rathaus von 1540, das Brodhaus von 1552, das einst als Gildehaus der Bäcker fungierte und heute ein beliebtes Gasthaus ist, die Rats-Apotheke aus dem Jahr 1590 sowie die gotische Münsterkirche.

Die Einbecker Brauerei erinnert an Luthers berühmten Ausspruch. – Foto Karsten-Thilo Raab

So alt wie die beeindruckenden Bauwerke ist auch die Braukunst in der „Heimat des Bockbiers“: Bereits im Mittelalter verzeichnete die Kleinstadt eine rege Brautätigkeit. Exakt 742 sogenannte Bürgerbrauereien existierten allein im Jahre 1616 in Einbeck, das zu dieser Zeit gerade einmal 1.250 Häuser zählte.

Am Rande der Altstadt liegt die bekannte Brauerei. – Foto Karsten-Thilo Raab

„Die produzierten Mengen waren so groß, dass diese weit über den Eigenbedarf hinausgingen“, blättert Meiser ein wenig verbal im Geschichtsbuch. Die „Bierschwemme“, so der ausgebildete Bier-Sommelier und offizielle Bockbier-Botschafter weiter, brachte die Einbecker Ratsherren auf die Idee, die überschüssigen Fässer zum Wohle der Stadt zu verkaufen. Die günstige Lage am Knotenpunkt des spätmittelalterlichen Fernwegenetzes kurbelte schnell den Absatz an.

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Im Rahmen von Führungen gewährt die Brauerei einen Einblick in die Bockbier-Geschichte. – Foto Karsten-Thilo Raab

„Da das Gebräu für den langen Transport mit Pferdekutschen haltbarer gemacht werden musste, wurde das Bier schlicht durch Hopfung geschmacklich angereichert und einfach stärker gebraut“, fährt Meiser fort. Der älteste Verkaufsbeleg für zwei Tonnen Einbecker Starkbieres nach Celle datiert aus dem Jahre 1378. Sogar Martin Luther war ein früher Fan des Einbecker Biers. Der große Reformator weigerte sich im Jahre 1521 nicht nur vor dem Reichstag in Worms seine Thesen zu widerrufen, sondern rührte auch noch unverhohlen die Werbetrommel für das Gebräu. So soll er, nachdem er einen Krug des Bockbiers geleert hat, vollmundig verkündet haben: „Der beste Trank, den einer kennt, der wird Einbecker Bier genennt!“

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Weithin sichtbar unterstreicht die Brauerei, wo die Heimat des Bockbiers liegt. – Foto Karsten-Thilo Raab

Im Jahre 1592 errichtete Herzog Wilhelm V. in München ein Hofbräuhaus und wollte dort ein eigenes Bier nach Einbecker Art brauen, was nur mäßig gelang. Daher wurde 1614 der Einbecker Braumeister Elias Pichler in die bayerische Kapitale geholt, um dem Bier eine „norddeutsche Note“ zu verleihen. So hat sich über die Jahrhunderte aus „Ainpöckischer“, also „Einbecker Art“, durch die bayerische Verballhornung als „Oanpock“ der Begriff „Bockbier“ entwickelt. Derweil siegte 1794 in Einbeck die Vernunft. Die Einzelbraurechte wurden zusammengelegt und es entstand die Einbecker Gemeinschaftsbrauerei.

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Aufgesprühte Bierfässer weisen den Weg entlang des Bierpfads. – Foto Karsten-Thilo Raab

Wissenswertes über die Geschichte des Bockbiers lässt sich sowohl beim Besuch der Einbecker Brauerei, als auch beim Gang auf dem gut 2,6 Kilometer Bierpfad durch die Innenstadt erfahren. Auf den Boden aufgesprühte Fässer weisen dabei den Weg zu den verschiedenen Stationen.

Kein Besuch in Einbeck wäre ohne eine Bierprobe perfekt. – Foto Karsten-Thilo Raab

Aber Einbeck wäre nicht Einbeck, wenn hier nur das Thema „Bier“ inmitten des Fachwerkzaubers dominant wäre. Gerade Genießer finden am Rande der Fußgängerzone noch eine weitere Besonderheit mit der Senfmühle.

Der Einbecker Senf unterscheidet sich geschmacklich deutlich vom Industriesenf. – Foto Karsten-Thilo Raab

„Senf ist nicht gleich Senf“, setzt Rainer Koch zusammen mit seinen sechs Mitarbeitern auf die traditionelle, statt industrielle Form der Herstellung. Das heißt, gesäuberte und geschrotete Senfkörner werden zusammen mit den Grundbestandteilen Weinessig, Wasser, Salz sowie Zucker kalt verarbeitet.

Rainer Koch hat seine Banker-Tätigkeit gegen die Senfmanufaktur getauscht. – Foto Karsten-Thilo Raab

„Dadurch bleiben die wertvollen Inhaltsstoffe wie die ätherische Öle, die helfen, den Magen- und Darmtrakt zu entlasten, erhalten“, so der gebürtige Hannoveraner weiter. Insgesamt produziert der ehemalige Filialleiter einer Bank zusammen mit sechs Mitarbeitern zehn Senfsorten.

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In der Einbecker Senfmühle werden die Zutaten kalt verarbeitet. – Foto Karsten-Thilo Raab

„Wir verwenden nur natürliche und regionale Zutaten und verzichten komplett auf Zusatzstoffe jeglicher Art“, verrät Koch, dass in dem kleinen Betrieb der Senf nach der Fertigstellung zunächst 21 Tage reifen darf, ehe er für den Verkauf in Gläser und Tongefäße abgefüllt wird.

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Beeindruckende Fassaden begeistern beim Gang durch die historische Altstadt. – Foto Karsten-Thilo Raab

Auch abseits des Trink- und Essbaren wartet in Einbeck übrigens ein weiterer Genuss: Der PS.Speicher präsentiert als Europas größtes Motorrad- und Automobil-Museum mehr als 300 historische Fahrräder, Motorräder und Automobile. Damit schlägt das 2014 eröffnete Haus einen faszinierenden Bogen durch die Geschichte der motorisierten Fortbewegung von ihren Anfängen bis hin zu aktuellen Zukunftsvisionen.

Auch das Neue Rathaus ist nicht ohne Charme. – Foto Karsten-Thilo Raab

Informationen: www.einbeck-tourismus.de

Brauerei-Besichtigung: Einbecker Brauhaus AG, Papenstraße 4-7, 37574 Einbeck, Tel. 05561-7970, www.einbecker.de. Besichtigungstouren mit anschließender Bierprobe werden montags bis freitags um 14 Uhr angeboten.

Geschlossene Fachwerkreihen dominieren die Altstadt. – Foto Karsten-Thilo Raab

Senf: Einbecker Senfmühle, Knochenhauerstraße 26/28, 37574 Einbeck, Tel. 05561-971673, www.einbeckersenf.de

PS.Speicher, Tiedexer Tor 3, 37574 Einbeck, Tel. 05561-923200, www.ps-speicher.de. Geöffnet: dienstags bis sonntags 10 bis 18 Uhr. der Eintritt beträgt 18 Euro, ermäßigt 12 Euro.

Im Brodhaus lässt sich eine zünftige Bierprobe genießen. – Foto Karsten-Thilo Raab

Essen & Trinken. Brodhaus, Marktplatz 13, 37574 Einbeck, Tel. 05561-924169, www.brodhaus-einbeck.de. In einem der ältesten Häuser der Stadt wird neben deftigen, oft mit Bier verfeinerten Speisen auch eine Bierprobe mit verschieden Einbecker Bockbieren angeboten.

Ohne Zweifel zählt Einbeck zu den schönsten Städten in Niedersachsen. – Foto Karsten-Thilo Raab

Übernachten: Hardenberg Burghotel, Vorderhaus 2, 37176 Nörten-Hardenberg, Tel. 05503-9810, Tel. 05503-9810, www.hardenberg-burghotel.de. Das Fünf-Sterne-Haus, rund 20 Fahrminuten von Einbeck, bietet in seinem Restaurant Essgenuss der gehobenen Klasse. In unmittelbarer Nachbarschaft liegt zudem die Hardenberg Destillerie, bekannt für die Herstellung hochwertiger Spirituosen.