Landschaftliche Vielfalt in der „Kleinen Luxemburger Schweiz“

„Luxemburg ist gelebtes Europa. Bei uns gibt es alles – nur meist etwas kleiner“, so Marianne Origer. Und sie muss es wissen. Schließlich hat sie im benachbarten Großherzogtum das Licht der Welt erblickt. Außerdem rührt sie von Berufswegen die Werbetrommel für eine der schönsten Regionen des nur knapp 2600 Quadratkilometer großen Zwergstaats: das Mullerthal. Enge Spalten, Moos bewachsene Wasserläufe dunkle Höhlen und Schlüffe prägen das Landschaftsbild in der üppig bewaldeten Region. Und auch sonst gilt die „Petite Suisse Luxembourgeoise“, die „Kleine Luxemburger Schweiz“, als eine Fundgrube unzähliger Naturschauspiele. Leicht zu begehende Wanderwege voller geheimnisvoller Schluchten und abseits gelegene Waldstücke, die Augenweiden wie Kaskaden mit glasklarem Felswasser in sich bergen, warten darauf, auf Schusters Rappen oder mit dem Fahrrad entdeckt zu werden. Hinzu kommen wildromantische Felsformationen, die von der letzten Eiszeit in den weichen Sandstein des Mullerthals gekerbt wurden.

Ein Besuch wert ist auch die überaus pittoreske Burgruine Beaufort, die sich wie ein Märchenschloss aus dem Wald erhebt. Im Inneren der trutzigen Befestigungsanlage aus dem 16. Jahrhundert vermittelt die Folterkammer einen Eindruck von den mitunter nicht gerade zimperlichen Methoden im Mittelalter. Zudem ist Beaufort bekannt für einen Likör aus schwarzen Johannisbeeren, der noch heute hier hergestellt wird – den „Cassero“.

Das überaus beschauliche Grenzstädtchen Echternach ist der Hauptort der Kleinen Schweiz, die Perle der „Petite Suisse Luxembourgeoise“. Das pulsierende Herz der ältesten Stadt Luxemburgs schlägt rund um den prächtigen Marktplatz. Der „Denzelt“, das Rathaus, mit seinen alten Arkaden und seiner typischen Architektur aus dem 15. Jahrhundert ragt aus den pastellfarbenen Patrizierhäusern hervor. Hier kamen im Mittelalter die Schöffen zusammen, um Recht zu sprechen. Auf dem Marktplatz steht anmutig das „Urtsel“, die Urteilssäule, an der früher die Richtersprüche verkündet und gegebenenfalls gleich vollstreckt wurden. Durchaus sehenswert sind auch die Reste der mittelalterlichen Befestigungsmauern an der Rue des Remparts. Fünf der restaurierten Ringtürme dienen heute als Unterkünfte und können beim Fremdenverkehrsamt gebucht werden.

Seinen Bekanntheitsgrad weit über die Landesgrenzen hinaus verdankt die 5.000-Seelen-Gemeinde dem aus Irland stammenden Missionar Willibrord (658-739). Dieser hatte hier 698 eine Kirche errichtet und damit den Ruf Echternachs als eine der ältesten Christianisierungs- und Kulturstätten Europas begründet. In der Krypta des Sandsteingemäuers mit den charakteristischen Ecktürmen, das während der Ardennen-Offensive der Deutschen im 2. Weltkrieg zerstört wurde, befindet sich das Grab des Heiligen Willibrord.

In unmittelbarer Nachbarschaft zur Basilika entstand eine angesehene Benediktinerabtei. Aus dieser entwickelte sich im 10. und 11. Jahrhundert eine renommierte Schreib- und Malstube. In dem Skriptorium entstanden in jenen Tagen wahre Meisterwerke der Buchkunst. Das berühmteste ist ohne Zweifel der mit goldener Tinte geschriebene „Codex Aureus“. Das quadratische Abteigebäude, das im 18. Jahrhundert nach Plänen von Léopold Durand neu errichtet wurde, avanciert mit einer Länge von 75 Metern zur mit Abstand größten Anlage in Luxemburg.

Rund um das weitläufige Karree des Abteigebäudes erstreckt sich ein ausgedehnter Garten. Gegenüber dem Klosterhof liegt hinter einem schweren schmiedeeisernen Tor die prächtige Orangerie. Von hier führt der Prälatenweg weiter in den einstigen Lustgarten, der heute als Stadtpark dient. Blickfang in der weitläufigen Grünanlage ist ein Rokokopavillon des Tiroler Baumeister Paul Mungenast. Das fünfeckige Mauerwerk am Ufer der Sauer wirkt ein bisschen wie die Miniaturausgabe des Dresdener Zwingers.

Auf einem kleinen Hügel gegenüber der majestätischen Basilika erhebt sich die sehenswerte St. Peter und Paul Kirche. Im Inneren des Gotteshauses, das zu Merowinger-Zeit mit den Steinen eines alten Römerkastells gebaut wurde, ruhen in einem Sarkophag die Gebeine des Heiligen Willibrord.

Nach seinem Tod wurde der beschauliche Marktfleck zum Wallfahrtsort. Und auch heute noch ist der hoch geschätzte Missionar in der Grenzgemeinde an der Sauer allgegenwärtig. Vor allem am Dienstag nach Pfingsten, wenn der Heilige Willibrord von Tausenden von Pilgern in der weit über die Landesgrenzen hinaus bekannten Springprozession verehrt wird. Mit dunkler Hose und weißem Hemd hüpfen jährlich Tausende im Polkarhythmus von einem Fuß auf den anderen durch die Innenstadt. Auf ihrem beschwerlichen Weg vom Abteihof zum Grab des Heiligen Willibrord halten sich die Pilger an weißen Tüchern fest. Der genaue Ursprung und Sinn dieser Prozedur liegen im Dunkeln. In der Springprozession kann man den Ausdruck lebensbejahender Freude, aber auch den Charakter inständiger Bitte leidgeprüfter Menschen erkennen. Auf jeden Fall ist sie als religiöses, kulturelles und touristisches Markenzeichen von Echternach nicht mehr wegzudenken.

Weieter Informationen unter www.mullerthal.lu

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