Kazan – touristischer Hotspot Russlands

Blick auf den beeindruckenden Kreml von Kazan vom Ufer des Flusses Kazanka. (Foto Dr. Bernhard Obst)

Wenn man Freunden erzählt, die Reise geht nach Kazan, erntet man ein interessiertes „Wohin?“, erklärt man dazu, dass es sich um die Hauptstadt Tartastans handelt, wird daraus ein ungläubiges „WOHIN?“ Tatarstan wird in der Regel auf eine Stufe gestellt mit den anderen „-ans“ wie Usbekistan oder Kasachstan oder gleich ins Land der Fantasie a la Molwanien.

Die Kul Sharif-Moschee gehört zu den markantesten Bauwerken im Kreml. (Foto Dr. Bernhard Obst).

Dabei handelt es sich bei Tatarstan um die wirtschaftlich bestens entwickelte Region Russlands, die nicht nur Fußball-Fans schon mal gehört haben – da spielte Deutschland Unentschieden gegen Chile im CONFED-Cup und dort findet im nächsten Jahr auch die Fußball-Weltmeisterschaft statt, sondern auch Religionskenner fasziniert. Immerhin leben hier Muslims und Christen seit Jahrhunderten friedlich miteinander, was die vielen Moscheen und Kirchen eindrucksvoll demonstrieren.

Stimmungsvoller Sonnenuntergang in Kazan.

Nach St. Petersburg und Moskau belegt Kazan den dritten Platz im touristischen Ranking und hat in einem nationalen Wettbewerb sogar den Titel „beste Reiseregion Russlands“ erworben. Bisher haben nur vergleichsweise wenig Touristen aus Deutschland den Weg in die über 1.000 Jahre alte Stadt gefunden, was eigentlich völlig unverständlich ist. In der Fußgängerzone Baumann-Allee tobt das pralle Leben, Bars und Restaurants haben lange geöffnet, Open-Air-Konzerte unterhalb des Kremls hallen über den Fluß zu gleich zwei Vergnügungsparks mit Wasserrutschen, Musikanten singen und spielen bis Mitternacht. Dank des klassischen Binnenkontinentalklimas beschert das Wetter zwar ausgesprochen kalte Winter, aber eben auch mediterranes Feeling im Sommer mit bis zu 35 Grad und einer nächtlichen Abkühlung auf 25 Grad.

In Kazan finden sich zahlreiche Prachtbauten.

Natürlich kann Kazan auch kulturell einiges bieten: Der Kreml (das russische Wort für Festung) umfasst eine der größten Moscheen Russland, die Kul Sharif-Moschee. Direkt daneben baut sich die Maria-Verkündigungs-Kathedrale auf, dicht gefolgt vom schiefen Turm Sujumbike. Das ganze Ensemble ist seit 2002 UNESCO-Weltkulturerbe.

Im markanten Hochzeitstempel geben sich vor allem an Wochenenden die Verliebten das Jawort. (Foto Dr. Bernhard Obst)

Von einer Terrasse aus kann man hinabblicken auf den „Palast der Ackerbauer“, das Landwirtschaftsministerium, das wirklich einem prachtvollen Schloss gleicht, auch wenn es erst in diesem Jahrhundert gebaut wurde. Auf der anderen Seite des Kazanka, einem Fluß, der hier in die Wolga mündet, steht, einem Kupferkessel nachempfunden, der riesige Hochzeitspalast. Hier muss man sich einfach an einem Samstag einfinden und den unzähligen Hochzeitspaaren mit Entourage zusehen: manche bringen ihre 20 Brautjungfern auf Motorrädern mit, andere lassen sich Blumen streuen, aber alle müssen unbedingt auf dem Dach des Gebäudes zunächst versuchen, mit einer kleinen Münze für ihr eheliches Glück das Zentrum eines Windrosen-Mosaiks zu treffen, bevor sie sich mit dem Kreml als Hintergrund für das Hochzeitsfoto mit Gefolge positionieren.

Die Kathedrale der Mutter-Gottes mit ihrer vergoldeten Turmspitze.

Auf dem riesigen Parkplatz vor dem Hochzeitspalast werden nicht nur die schweren Maschinen der Brautjungfern abgestellt, sondern dort kann man Last-Minute-Blumesträuße aus einem zuckersüß bemalten Kleintransporter erwerben oder aber sich ein erfrischend kühles Kwas zapfen lassen (sieht aus wie dunkles Bier, aber dieser Brottrunk hat nur Spurenelemente an Alkohol, ein halber Liter kostet circa 70 Cent).

Das Stadion von Rubin Kazan ist 2018 auch einer der Austragungsorte für die Fußball-Weltmeisterschaft. (Foto Dr. Bernhard Obst)

Auf der selben Uferseite steht auch noch das Fußballstadion von Kazan, die Spielstätte von Rubin Kazan und einer der Austragungsorte der Fußball-Weltmeisterschaft 2018. Der einer Seerose oder einer Auster nachempfundene hochmoderne Bau beeindruckt durch seine der Stadt zugewandten Außenseite. Die ist ein einziger überdimensionaler Bildschirm, der noch in Kilometern Entfernung gestochen scharfe Bilder erkennen lässt. Im riesigen Oval kreischen Falken und Adler um die Wette. Die Töne kommen vom Band und vertreiben so andere Vögel, deren Hinterlassenschaften bei anderen Stadien viel Geld verschlingen.

In der Altstadt von Kazan finden sich zahlreiche Prachtbauten. (Foto Dr. Bernhard Obst)

Das Leben in Kazan ist für deutsche Verhältnisse eher günstig (der Durchschnittsverdienst liegt bei einem Viertel gegenüber Deutschland), die Qualität der Speisen in hochpreisigeren Restaurants mit Münchner Durchschnittspreisen und -küchen vergleichbar. Gute Hotels sind ab 35 Euro für das Doppelzimmer zu haben, Vier-Sterne-Zimmer wie im DoubleTree by Hilton Kazan City Center kosten ab 70 Euro.

Nachts erstrahlt der Kazaner Kreml in besonderem Licht.

Weitere Informationen unter www.visit-tatarstan.com/de

Anreise: Montags und freitags kann man Kazan von Frankfurt aus mit Aeroflot direkt erreichen. Der bestens ausgestattete Airbus A320 braucht knapp vier Stunden für die Strecke. Hin- und Rückflug kosten ab 315 Euro pro Person. Ein Visum ist erforderlich.

Mehr zu Kazan und Tatarstan

Ein weiterer spannender Beitrag von Dr. Bernhard Obst zu Tatarstan findet sich unter www.reisenundgolfen.de/index.php?set=details&id=1587&cat=reisen#1

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