Xcaret – ganz Mexiko an nur einem Tag

Der Maya-Kult ist im mexikanischen Xcaret allgegenwärtig. (Foto Karsten-Thilo Raab)

Fast scheint es, als ob die fünf Männer aus derselben Baureihe wären, ja, als seien sie in einer Fabrik hergestellt worden. Alle sind etwa gleich groß. Kurzbeinig, kräftiger Oberkörper und in identischen Kostümen gekleidet. Ob sie mit einander verwandt sind oder die Ähnlichkeit eher zufällig ist, darüber lässt sich allenfalls spekulieren. Auf jeden Fall sind alle fünf überaus gelenkig, wagemutig und schwindelfrei.

Wie Indianer auf dem Kriegspfad umrunden sie mit etwas kantig-steifen Bewegungen einen knapp 25 Meter hohen Pfahl zum Klang einer kleinen Einhandflöte und Mini-Trommel, Tabor genannt. Dann erklimmen sie nach und nach völlig ungesichert den glatten Baumstamm, den so genannten palo volador. In luftiger Höhe nehmen sie auf kleinen Holzbalken Platz. Während vier von ihnen damit beginnen, Seile an ihren Körpern zu befestigen, stellt sich der Fünfte locker flockig auf die Spitze des Mastes, um wieder ein wenig zu musizieren.

UNESCO-Welterbe: Danza del Volador

Musik und klassische Kostüme sind Teil des Danza del Volador. (Foto Karsten-Thilo Raab)

„Das Ganze nennt sich Danza del Volador und ist ein uraltes Ritual zu Ehren der Götter Tlazoltéotldes und Xipe Totec, mit dessen Hilfe eine gute Ernte beschert werden sollte“, erläutert Sergio. Und der Gästeführer des Themenparks Xcaret vor den Toren von Playa del Carmen an der mexikanischen Karibikküste fügt nicht ohne Stolz hinzu, dass die ungewöhnliche Tradition seit dem Jahre 2009 immaterielles Weltkulturerbes der UNESCO sei.

Voladores in Xcaret beim Erklimmen des Tabors. (Foto Karsten-Thilo Raab)

Vier Männer, die Voladores, symbolisieren dabei, so Sergio weiter, die vier Winde, während der fünfte Mann als Symbol der Sonne gilt. Nachdem die vier „Winde“ den Pfahl erklommen haben, folgt ihnen die „Sonne“. Mit dem Klang der Trommel und Flöte begrüßt die „Sonne“ nacheinander die vier Himmelsrichtungen und tanzt dabei auf der Pfahlspitze herum. Dann lassen sich die vier „Winde“ kopfüber langsam um den Pfahl kreisend mit insgesamt 13 Drehungen auf die Erde nieder. Wenn ihnen schließlich die Sonne über ein Seil zurück auf die Erde folgt, ist das schwindelerregende Spektakel nach wenigen Minuten zu Ende.

Steifer Nacken und mulmiges Bauchgefühl

Auf dem Tabor sitzend, bereiten die Voladores ihren „Abflug“ vor. (Foto Karsten-Thilo Raab)

Während der Tanz für die Voladores längst zur Routine geworden ist, haben die Zuschauer zumindest kurzzeitig einen steifen Nacken. Den Blick minutenlang nach oben zu richten, ist doch anstrengender, als sich vermuten lässt. Und schon wagt das Quintett gleich noch ein schwungvolles Abenteuer. Dabei drehen sie nicht am Rad, sondern sich vertikal mit einem Rad. Geschickt erklimmen sie ein Gestell, das aussieht wie ein Teil einer Windmühle. Wobei die Männer den Part der Segel übernehmen. Mit großem Tempo geht es wie bei einem Karussell rund – nur in der Senkrechten statt in der Horizontalen. Natürlich ohne Netz und doppelten Boden. Ein artistisches Kunststück, das so manchen Magen schon beim bloßen Anblick rebellieren lässt.

Nur für Schwindelfreie: Kopfüber umkreisen die Voladores an einem Seil hängend den Pfahl. (Foto Karsten-Thilo Raab)

Keine Frage, Xcaret ist ein besonderes Stück Mexiko. Hier lässt sich an einem Tag all das erleben, was das Land, seine Kultur und Tradition seit Jahrhunderten ausmacht. Zwischen (echten) Ruinen von Maya-Tempeln werden uralte Spiele, Tänze und Handwerkskunst der Maya dargeboten.

900 Jahre alte Maya-Ruinen

900 Jahre alte Maya-Ruinen finden sich in den Themenpark von Xcaret integriert. (Foto Karsten-Thilo Raab)

„Was in Xcaret wohl einmalig sein dürfte, ist die Tatsache, dass sich auf dem Gelände frei zugänglich 800 bis 900 Jahre alte Ruinen aus der Maya-Zeit befinden“, unterstreicht Sergio. Gleichzeitig verweist er darauf, dass sich der ungewöhnliche Name des Themenparks von der kleinen Mündung in die Karibik ableitet, wo heute noch geschnorchelt und gebadet wird. Vor Hunderten von Jahren wurde der geschützte Mündungsarm an der Riviera Maya als wichtiger Hafen für den Handel entlang der Karibikküste und als Zwischenstopp auf der Fahrt zur Insel Cozumel genutzt.

Auch der kuriose Totenkult der Mexikaner wird in Xcaret präsentiert. (Foto Karsten-Thilo Raab)

Auf dem (nachgebauten) Friedhof von Xcaret wird derweil der spezielle Totenkult der Mexikaner in den Fokus gerückt. Rund um einen künstlich aufgeschütteten Hügel finden sich 365 höchst individuelle Grabstätten eine für jeden Tag des Jahres. Die letzten Ruhestätten sind mal poppig bunt gestaltet, mal ist das Grab wie ein gigantisches Cabriolet geformt. Dann wieder sitzt ein steinerner Hund auf dem Grabstein und starrt das Bild seines Herrchens an.

Lebendiger Totenkult in Xcaret

Die Grabsteine sind überaus farbenfroh und phantasievoll gestaltet. (Foto Karsten-Thilo Raab)

„Am 1. und 2. November begehen wir Mexikaner den „Día de los Muertos“, den Tag der Toten, als ein fröhliches Familienfest“, weist Sergio darauf hin, dass der Friedhof von Xcaret dann zu einem der wichtigsten Anlaufpunkte für Mexikaner aus dem ganzen Land wird. Gemäß dem Glauben der eingeborenen Völker besuchen die Toten einmal im Jahr die Lebenden und kehren zu ihren Familien zurück.

Die Grabsteine auf dem Friedhof von Xcaret sind vielfach echte Hingucker. (Foto Karsten-Thilo Raab)

„Während der Feierlichkeiten, die übrigens seit 2003 ebenfalls immaterielles Welterbe der UNESCO sind, wird den toten Seelen allerlei an kulinarischen Spezialitäten geboten“, betont Sergio, dass dabei auch die Lebenden von den Leckereien kosten dürften. Dazu gehören ein süßes Totenbrot (pan de muerto), Zucker-Totenköpfe (calaveras de dulce) sowie Skelette und Särge aus Marzipan. Nicht fehlen dürfen bei dieser feucht-fröhlichen Sause zudem Mezcal und Tequila sowie das Nationalgetränk Pulque, ein fermentierter Saft aus Agaven.

Lebendige Fauna im Themenpark

Prächtige Echse und Reptilien tummeln sich in Xcaret. (Foto Karsten-Thilo Raab)

„Es ist schon ein wenig irre, aber am Día de los Muertos wird bei einem fröhlichen Picknick am Grab der Liebsten gegessen, getrunken, gesungen und getanzt“, weiß Sergio nur allzu genau, dass für viele Ausländer der Totenkult doch etwas gewöhnungsbedürftig wirkt.

Der Kirchturm der Chapel of Guadalupe symbolisiert die Moderne in Xcaret. (Foto Karsten-Thilo Raab)

Auch abseits des Totenkults hat Xcaret einiges zu bieten. Ein kleiner Zoo mit heimischen Tieren vom Puma über Tapir und frei fliegenden Papageien bis hin zu Manatees, den gewaltigen Seekühen, begeistert nicht nur kleine Besucher. Wer mutig genug ist, kann sich im wahrsten Sinne des Wortes in ein Haifischbecken begeben. Der Kuschelkurs mit den zuvor gut gefütterten Raubfischen wird dann von einem Fotografen auf dem Digitalchip festgehalten.

Schnorcheln im unterirdischen Fluss

Großer Spaß ist das Schwimmen und Schnorcheln im unterirdischen Rio Manati.

Ungleich weniger gefährlich, aber nicht weniger spannend ist das Schwimmen und Schnorcheln in einem unterirdischen Fluss. Drei verschieden lange und verschieden dunkle Abschnitte können hier von den Hobbyforschern entdeckt werden. Wobei der Wasserweg je nach Kondition und Konstitution gut 45 Minuten in Anspruch nimmt. Aber es besteht unterwegs immer auch die Möglichkeit, das Tunnelsystem zu verlassen.

Szene aus dem Xcaret Mexiko Espectacular. (Foto Karsten-Thilo Raab)

Abschließender und absoluter Höhepunkt ist der Besuch des „Xcaret Mexiko Espectacular“ – einer faszinierenden Show im großen Theater des Parks mit über 100 Darstellern. Im ersten Teil des aufwendigen Spektakels wird die Geschichte des Landes präsentiert, im zweiten Teil werden dann die Regionen des Landes mit all ihren Besonderheiten in den Fokus gerückt. Und spätestens jetzt ist auch jeder, den es zuvor nicht erwischt hat, mit dem Mexiko-Virus infiziert. Denn keine Frage, Xcaret macht Appetit auf mehr Mexiko – auf viel mehr Mexiko als sich hier an nur einem Tag erleben lässt.

Wissenswertes zu Xcaret

Uralte Ballspiele der Mayas sind Teil des Mexiko Espectacular. (Foto Karsten-Thilo Raab)

Informationen: www.xcaret.com

Lage: Xcaret befinden sich etwa sechs Kilometer südlich von Playa del Carmen und 57 Kilometer von Tulum direkt an der Küstenautobahn 307. Der internationale Flughafen in Cancún (ca. 60 km Entfernung) ist in etwa 45 Minuten erreichbar.

Das Mexiko Espectacular ist mit über 100 Darstellern aufwendig inszeniert. (Foto Karsten-Thilo Raab)

Eintritt: Ab 89 US-Dollar (bei Online-Buchungen gibt es zum Teil kräftige Rabatte)

Öffnungszeiten: Ganzjährig von 8.30 bis 22.30 Uhr

Währung: Mexikanische Pesos. Ein Peso entspricht etwa 0,04 Euro, ein Euro 21,45 Pesos. US-Dollar werden zudem (fast) überall akzeptiert.

Wissenswertes zu Mexiko

Der namensgebende Mündungsarm in Xcaret. (Foto Karsten-Thilo Raab)

Anreise: Condor bietet ab Frankfurt am Main und München Direktflüge nach Cancún an. Der einfache Flug liegt bei 320 Euro pro Person an. Die Flugzeit beträgt rund elf Stunden.

Einreise: Für die Einreise nach Mexiko genügt ein noch mindestens sechs Monate gültiger Reisepass.

Sprache: Spanisch, Englisch ist weit verbreitet.

Ein spezielles Maya-Show bringt das Leben der mexikanischen Urahnen näher. (Foto Karsten-Thilo Raab)

Essen & Trinken: La Cueva del Chango, Av 38 Norte Mz. 4 Lote 3, Zazil-ha, 77710 Playa del Carmen, Mexiko, Telefon 0052-984-1470271. In Strandnähe gelegenes Restaurant mit guter mexikanischer Küche.

Zenzi, Calle 10 Nte y La Playa, Centro, 77710 Playa del Carmen, Mexiko, Telefon 0052-984-8035738, http://zenzi-playa.com. Direkt am Strand gelegenes Restaurant mit exzellenten Fischgerichten.

Ein Stück Maya-Kult: die Ballspiel-Arena. (Foto Karsten-Thilo Raab)

Übernachtungen: Iberostar Grand Hotel Paraíso, Carretera Chetumal – P. Juarez Km 309, 77710 Playa del Carmen, Mexiko, Telefon 052-984-8772800, . Übernachtungen im Doppelzimmer mit All-Inclusive-Paket mit Essen im Rahmen der Vollpension in den à-la-carte- und Büfetts-Restaurants, Snacks sowie Getränken und 24 Stunden Roomservice kosten ab 185 Euro pro Person und Tag.

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