Haus für eine Person: Von unerklärlichem Glück und niemals endgültigem Unglück

„Der ideale Tag wird nie kommen. Der ideale Tag ist heute, wenn wir ihn dazu machen.“ sagte einst schon Horaz. Ein Zitat, wie gemacht für Rosa Lux, die Hauptfigur in dem starken Roman Haus für eine Person. Sie schaut kritisch auf ihr Leben. „Als Mensch ist man immer irgendwie dazwischen“, geht ihr gleich auf der ersten Seite des 224 Seiten starken Buches durch den Kopf. Grad hat sie eine Meise aus dem Schlund des Katers gerettet. „Der Vogel flog schnurstraks aus dem Maul auf den Baum, wo seine Kohlmeisenfreunde ihn laut zwitschernd empfingen. Sie hatten das Drama aus sicherer Entfernung mitverfolgt. Womöglich Verwandte.“

Rosa will ein neues, ein anderes Leben. Sie ist gerade dreißig und hat doch schon viel verloren: beide Eltern, die Liebe – und sich selbst. Radikal kehrt sie ihrem schnellen Großstadtleben den Rücken und zieht in ein vergessenes Viertel, in dem viele Vögel singen und lauter alte Leute wohnen. Hier sucht sie das „echte“ Leben und verzettelt sich zunehmend zwischen Zweifeln, innerer Revolte und Einsamkeit. Als Leser verfolgt man ihre Zweifel mit, nie ganz leicht, nie ganz schwer sind dabei die Gefühle beim Lesen. Als Rosa feststellt, dass sie schwanger ist, erwägt sie einen Schwangerschaftsabbruch. Dann aber konfrontiert ihre hoch betagte Nachbarin Frau Paul sie mit Geschichten des Überlebens, mit der Möglichkeit von unerklärlichem Glück und niemals endgültigem Unglück. Langsam beginnt die Protagonistin dieses poetischen Romans zu begreifen, dass ein hartnäckiges Verstehen wollen der Welt am Leben vorbeiführt. Autorin Barbara Kenneweg ist ein toller Roman gelungen, der auf sehr eigene und poetische Weise von einer jungen Frau erzählt, in deren Kosmos plötzlich die großen Fragen des Lebens in den Vordergrund drängen.

Erhältlich ist Haus für eine Person (ISBN 978-3550081774) von Barbara Kenneweg für 18 Euro im Buchhandel oder direkt beim Ullstein Verlag.