Von Luftraumnutzern und Luftverschmutzern

Ob dieses Flugzeug auf dem Flughafen von Heraklion auf Kreta eine fliegende Umweltschleudern ist oder nicht, lässt sich mit bloßem Auge nicht erkennen.
Ob dieses Flugzeug auf dem Flughafen von Heraklion auf Kreta eine fliegende Umweltschleudern ist oder nicht, lässt sich mit bloßem Auge nicht erkennen.

Na, das klingt nach einer guten Nachricht für alle Umweltschützer. Auf dem Flug von Heraklion auf Kreta zum internationalen Flughafen von Frankfurt am Main informiert der Flugkapitän die Gäste, dass sich die Flugzeit aufgrund von starken Gegenwinden um circa fünfzehn Minuten verlängert. Gleichwohl, so die frohe Kunde, läge der Kerosinverbrauch auf diesem Flug pro Passagier und 100 Kilometern bei gerade einmal 2,3 Liten. Der neue Airbus A320 mutet damit wie sauberes fliegendes Schweinchen an. Ein Luftraumnutzer statt -beschmutzer.

Zufrieden lehnen sich die Passagiere mit dem pseudo-ökologischen Gewissen zurück und widmen sich wieder dem Onboard-Entertainment. Ist doch perfekt, fliegend etwas für die Umwelt zu tun. Die etwas rundliche Dame auf der anderen Seite des Gangs adelt die Luftreise noch einmal als Ökotour: „2,3 Liter, dass schafft kein Auto“, lässt sie ihren wenig interessierten Nebenmann wissen. Und Recht hat sie. Nur rechnen kann sie nicht.

Im Namen des Umweltschutzes wirbt diese Maschine auf dem Flughafen von Heraklion für die Anreise zum Airport mit dem Zug. (Foto: Karsten-Thilo Raab)
Im Namen des Umweltschutzes wirbt diese Maschine auf dem Flughafen von Heraklion für die Anreise zum Airport mit dem Zug. (Foto: Karsten-Thilo Raab)

Selbst wenn ein Auto voll beladen mit fünf Personen unterwegs und die Benzinnadel im Sinkflug unterwegs wäre, und selbst wenn der Verbrauch des Autos bei 15 Litern pro Hundert Kilometern läge, dann wäre dies deutlich weniger als beim stählernen Vogel. Denn an Bord des A320 befinden sich 180 Passagiere und fünf Besatzungsmitglieder. Und nach Eva Zwerg, der mathematisch beschlagenen Schwester von Adam Riese, sind 180 mal 2,3 Liter stolze 414 Liter.

Wobei die Crew noch nicht einmal zählt. Die verbraucht vermutlich gar nichts außer Sauerstoff. Denn sonst hätte der Pilot die Crew ja mitgerechnet und den Verbrauch pro Person statt pro Passagier angegeben. Okay, um 180 Passagiere mit dem Auto zu transportieren, wären mindestens 30 Fahrzeuge notwendig, was auch nicht gerade nach mobilem Umweltschutz klingt.

Zudem wäre ein Kernproblem noch nicht gelöst: neben der deutlich längeren Reisezeit müsste irgendwie noch ein Stück Mittelmeer überwunden werden. Denn die Wahrscheinlichkeit, dass hier demnächst eine Brücke vom europäischen Festland zur griechischen Insel gebaut wird, ist so groß wie die Chance, dass Flugzeuge die Umwelt schonen. Aber Reisealternativen für viele schöne Destinationen innerhalb und außerhalb Europas gibt es wohl wenige…