Tolle Trolle auf der Grünen Insel

Im National Leprechaun Museum in Dublin lässt sich ein Erinnerungsbild als Leprechaun schießen. (Foto Karsten-Thilo Raab)
Im National Leprechaun Museum in Dublin lässt sich ein Erinnerungsbild als Leprechaun schießen. (Foto Karsten-Thilo Raab)

Der erste Blick täuscht. Die kleinen Hügel, die mitunter auf Äckern und Weiden ins Auge fallen und häufig mit Bäumen oder Büschen bewachsen sind, sind keine zufälligen Launen der Natur. Sie laufen auch nicht Gefahr, mit der Planierraupe beseitigt zu werden. Jeder irische Bauer umfährt sie geschickt mit Traktor und Pflug. Die unscheinbaren Hügel haben es nämlich in sich. Sie sind nämlich von Feen bewohnt und heißen im Volksmund Rath oder auf Gälisch Lis.

Von Feen bewohnte Hügel

Den Kobolden wird nach gesagt, zu wissen, wo das Gold versteckt liegt. (Foto Karsten-Thilo Raab)
Den Kobolden wird nach gesagt, zu wissen, wo das Gold versteckt liegt. (Foto Karsten-Thilo Raab)

Die Feen werden nicht von ungefähr mit großem Respekt behandelt. Denn wer sie stört, dem droht eine böse Überraschung – so die Sage. Noch 1959 wurde in der Grafschaft Mayo die Trasse einer geplanten Straße verlegt, da diese ansonsten direkt durch einen Feenhügel geführt hätte. Bis in die 1960er Jahre verfügten viele Häuser in der Gaeltacht sogar über einen so genannten Westraum. Hier wurden die alten Leute schließlich auf den Tod vorbereitet. Denn im Westen wohnen bekanntlich die Elfen. Die Feen sollen mit Vorliebe kleine Jungen stehlen. Aus reiner Vorsicht wurden daher bis Mitte des 20. Jahrhunderts die kleinen Stammhalter in Mädchenkleider gesteckt. Und das Haar wurde dann erst ab der Einschulung geschnitten.

Die Feen sollen Nachfahren der Göttin Dana sein, die vor langer, langer Zeit auf der Grünen Insel lebte. Ihr Volk war bekannt für Baukunst, Poesie und Zauberkraft. Eines Tages wurden die Danaer von den Milesiern vertrieben und zogen sich in die Höhlen und Berge zurück und verloren den Kontakt zu den Menschen, die sie fortan nicht mehr zu Gesicht bekamen.

Die gefallenen Engel

Gemäß einer moderneren Überlieferung handelt es sich bei den Feen um gefallene Engel. Sie waren aus dem Himmel verbannt worden und müssen bis zum Jüngsten Gericht auf der Erde leben. Die Engel hatten sich beim Kampf zwischen Gott und dem Teufel über die Herrschaft im Universum nicht für eine Seite entscheiden können. Statt im Himmel fristen sie ihr Dasein nun in jenen unscheinbaren Hügeln. Einige Ortsnamen zeugen noch heute vom Respekt für die mystischen Wesen: Lisdoonvarna, Lismore und Rathdrum.

In zahlreichenm Souvenirgeschäften der Grünen Insel werden Leprechauns zum Verkauf angeboten. (Foto Karsten-Thilo Raab)
In zahlreichenm Souvenirgeschäften der Grünen Insel werden Leprechauns zum Verkauf angeboten. (Foto Karsten-Thilo Raab)

Zu den sagenumwobenen Gestalten gehört auch der Leprechaun. Es handelt sich um ein kleines trollartiges Wesen, das meist in grüner Kleidung und mit roten Haaren dargestellt wird. Diese Kobolde sollen am Fuße des Regenbogens Unmengen von Gold vergraben haben, geben den genauen Ort aber unter keinen Umständen Preis. Manche spielen den Menschen sogar Streiche, einige helfen ihnen jedoch auch. Sie haben die Fähigkeit, mit anderen übernatürlichen Wesen – wie beispielsweise Einhörnern oder Elfen – zu kommunizieren.

Gold am Ende des Regenbogens

Bei den Feierlichkeiten zum St. Patrick's Day darf der Leprechaun nicht fehlen.
Bei den Feierlichkeiten zum St. Patrick’s Day darf der Leprechaun nicht fehlen.

Wer sich mit Gleichgesinnten auf die Suche des Leprechauns machen möchte, sollte im März am National Leprechaun Hunt in Carlingford im County Louth teilnehmen. Allerdings sind die kleinen Kobolde, die hier gejagt werden, aus Keramik und verstecken sich in den Höhen des Slieve Foy Mountain, so dass die Götter hier vor den Erfolg den Schweiß gesetzt haben.

Mit der Eröffnung des National Leprechaun Museums in Dublin wurde den kleinen Kobolden im Sommer 2010 ein Denkmal gesetzt. Das kleine, aber feine Museum nimmt die Besucher mit auf eine kurzweilige, interaktive Reise durch die irische Mythologie. Immer auf den Fersen der Kobolde geht es an insgesamt zwölf Stationen durch abenteuerliche Gegenden vom 8. Jahrhundert bis zum Ende des Regenbogens, wo der Goldtopf hängt.

Gesichtscheue Banshee

Neben dem Leprechaun kennt der irisch-keltische Sagenkreis noch weitere Figuren, so die Banshee, eine Feenfrau. Es handelt sich um die Erscheinung einer totenbleichen Frau mit wirrem schwarzen Haar, deren Augen stets rot und geschwollen sind vom Weinen. Bekleidet ist sie mit einem grünen Kleid und einem grauen Umhang.

Im Dubliner Leprechaun Museum finden sich verschiedene Arten von Kobolden. (Foto Karsten-Thilo Raab)
Im Dubliner Leprechaun Museum finden sich verschiedene Arten von Kobolden. (Foto Karsten-Thilo Raab)

Gewöhnlich bekommt man eine Banshee nicht zu Gesicht, sondern hört nur ihre entsetzlichen Schreie, die dem Heulen eines Wolfes oder den Schmerzensschreien einer gebärenden Frau gleichen. Wenn jemand aus der Familie ihr Heulen vernimmt, weiß er, dass diese damit vor dem nahenden Tod eines Familienmitglieds warnt. Mit ihrer Totenklage verleiht die Banshee ihrer Trauer über den Verlust des sterbenden Menschen Ausdruck. Ihr Klagegesang heißt im Irischen caoineadh. Die Anführerin der Todesfeen ist Áine. Sie begleitet die Verstorbenen auch auf ihrem Weg in die Unterwelt.

Der Clurican hingegen zeichnet sich durch übergroßen Alkoholkonsum aus, während der Pooka, ein Feenwesen in Tiergestalt, in Ruinen und vernachlässigten Gehöften haust. Daneben existieren Feengestalten, die in großen Gruppierungen zusammen leben. Zu diesen gehört das „Stille Volk“, die Shefro.

Cluricans – die Säufer unter den Kobolden

Sie sind schneeweiß oder silberglänzend gekleidet und tragen einen Hut oder ein Käppchen, das aus den roten Blütenglocken des Fingerhuts besteht. Ihre Zaubermacht ist unendlich groß.

Oh, diese Iren CoverDie Cluricans können jede Gestalt annehmen und in einer Sekunde über eine Entfernung von fünf Stunden hinweg springen. Sie ernähren sich von dem Tautropfen, der sich auf einem Blatt gesammelt hat. Sie tanzen ununterbrochen bis die Sonne aufgeht.

Im Meer leben die Merrows. Diese nackten Flossenmänner sind durch eine rote Nase und grüne Hautfarbe überaus auffällig – wenn auch er selten wirklich sichtbar.

Derweil gelten die Silkies, die bei Tag Seehunde und in der Nacht Frauen sind, als hervorragende, leider aber auch oft depressive Ehefrauen für einsame Fischer.

Buchtipps: Ulrike Katrin Peters, Karsten-Thilo Raab: Oh, diese Iren, Conrad Stein Verlag, ISBN 978-3-86686-804-5.

Das Buch ist im Buchhandel oder direkt beim Conrad Stein Verlag erhältlich.