Spa – Casino, Kur und Schönheitsköniginnen

Glücksspieltempel in den Ardennen: Das Casino von Spa. (Foto J.R. Remy)
Glücksspieltempel in den Ardennen: Das Casino von Spa. (Foto J.R. Remy)

Das belgische Spa war einst das Café Europas, heute ist die Stadt dabei, sich neu zu erfinden: In Spa trafen sich Jahrhunderte lang die Mächtigen und Noblen Europas und labten sich an den Quellen, die schon die Römer kannten. Hier eröffneten nicht nur das erste Casino und die erste Rennstrecke Europas, hier sorgte man auch für Spektakel: Der einst mondäne Kurort war zum Beispiel Schauplatz des ersten Schönheitswettbewerbs diesseits des Atlantiks. Die Belle Epoque mag vorüber sein, doch den Namen der Stadt kennt alle Welt – als Synonym für Wellnesszentren, Heilbäder oder Mineralwasser.

Werbung für Spas berühmtes Wasser. (Foto: Ricardo de la Riva)
Werbung für Spas berühmtes Wasser. (Foto: Ricardo de la Riva)

1888:  Spa ist en vogue in der feinen Gesellschaft. Wohlhabende Damen schwärmen von mondänen Vergnügungen und exklusiven Modegeschäften. Fast wie Paris, nur gleich neben den wohltuenden Quellen, sagen die Damen und raten ihren Freundinnen: „Kommen Sie nach Spa.“ 

Das „Café de l’Europe“ nennt Kaiser Joseph II. den Kurort, den er 1781 besucht. Vom 16. Jahrhundert bis zum Ersten Weltkrieg trifft sich die Noblesse in Spa zur Kur und um in Europas erstem Casino dem Glückspiel zu frönen. „Bobelins“ nennen die Spadois die Herrschaften, weil diese stets einen „gobelin“ bei sich tragen, einen Becher für das Quellwasser. Schon der römische Naturkundler Plinius der Ältere schreibt über den Ort, „wo eine berühmte Quelle sprudelt, in der Luftbläschen moussieren.“ In den Wäldern um Spa fließt etwa La Sauvenière, die der Heilige Remaclus, Spas Stadtpatron, um 651 n. Chr. entdeckt haben soll.

Treff der Schönen, Reichen und Gefönten

Illustre Persönlichkeiten besuchen Spa: Die Zaren Peter der Große und Nikolaus, Victor Hugo und Alexandre Dumas, Michel de Montaigne, Königin Christine von Schweden, der Herzog von Wellington zum Beispiel. Giacomo Casanova soll in Spa so manche Eroberung gemacht haben. Belgiens Königin Marie-Henriette bewohnt ein Haus nahe am Kurpark. Ihr Gatte allerdings, König Leopold II., verbringt seinen Urlaub lieber in Ostende am Meer.

Entspannung und Erholung in den Thermen von Spa. (Foto: -Joseph Jeanmart)
Entspannung und Erholung in den Thermen von Spa. (Foto: -Joseph Jeanmart)

Seebäder sind im Kommen, die Konkurrenz wächst. Kurzerhand ruft Spas Festkomitee zum ersten Schönheitswettbewerb Europas auf, der im September 1888 mit Spektakeln wie einem spanischen Stierrennen stattfindet. 350 Bewerberinnen senden Fotos ein, die 21 schönsten Damen lädt die – ausschließlich männliche – Jury ein. Die Damen werden in ihren Hotels abgeschottet, doch ihr Schaulaufen im Kursaal des Casinos findet vor Publikum statt. Jede Menge Berichterstatter sind angereist, Korrespondenten der großen Blätter aus Frankreich und Großbritannien. 

Und dann tritt die „Schöne Fatma“ auf. Die Tänze und der Gesang der jungen Tunesierin, dazu ihre Diamanten im Wert von 200.000 Francs und ihr prächtiges orientalisches Gewand bringen den Saal in Wallung. Exotisches Flair trifft den Nerv der Zeit. Kein Wunder, dass sich die Juroren für Marthe Soucaret entscheiden, eine 18 Jahre alte Kreolin aus Guadeloupe, die in Paris lebt.

Nicht nur Schönheitsköniginen genießen die Spa-Behandlungen. (Foto: icardo de la Riva)
Nicht nur Schönheitsköniginen genießen die Spa-Behandlungen. (Foto: icardo de la Riva)

Sie gewinnt 5.000 Francs und posiert für den Titel der renommierten französischen Zeitschrift „L’Illustré“. Die Zweite, Angèle Delrosa aus Ostende, ist mit der Wahl allerdings gar nicht einverstanden. Der Jury-Vorsitzende muss all sein diplomatisches Geschick aufbringen, um Schlimmeres zu verhindern. Nach dem Spektakel bleibt die Schönheitskönigin der Stadt vorerst erhalten, weil der Chef des Casinos ein Auge auf sie geworfen hat. Doch 1903 ziehen beide nach Paris, während Spa seinen Glanz verliert.

Badsevergnügen in den Thermen von Spa. (Foto: -Joseph Jeanmart)
Badsevergnügen in den Thermen von Spa. (Foto: -Joseph Jeanmart)

Heute trotzt die alte Therme an der Place Royale mit ramponierter Fassade dem Verfall. Um das Brunnenhaus des Pouhon Pierre-le-Grand fließt der Autoverkehr. Aber der Name der Stadt ist zum Synonym für Wellnesszentren geworden. Die Briten bezeichnen Heilbäder als „Spa Town“, die Niederländer bestellen rotes Spa, wenn sie Sprudel meinen. In der 1921 gegründeten Mineralwasserfabrik Spa Monopole wird Wasser der Quellen Barisart, Reine und Marie-Helène in Flaschen gefüllt. 

Rasante Ardennen-Achterbahn

Spa knüpft an seine Tradition an. Die 1921 eröffnete „Ardennen-Achterbahn“ Spa-Francorchamps, Europas älteste Rennstrecke, ist Schauplatz der Formel 1. Besucher suchen Entspannung am Rand der Ardennen. Seit 2004 thront die neue Therme auf dem Hügel Annette et Lubin. Eine Seilbahn bringt Gäste dorthin, wo man sich mit dem Heilwasser aus Spa und Mooren aus dem Hohen Venn verwöhnen lässt. Um den 21. Juli schließlich wird Spa zur Bühne für das Musikfestival Francofolies. Im Kurpark drängeln sich dann die modernen „Bobelins“ mit Plastikbechern. Nur füllen sie die nicht am Pouhon, sondern am Fass.

Kurort mit Flair: Das belgische Spa. (Foto:  Ricardo de la Riva)
Kurort mit Flair: Das belgische Spa. (Foto: Ricardo de la Riva)

Weitere Informationen unter www.spa-info.be/tourisme.


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