Masuren – …und abends einen Bärenfang

Wenn der Wind passt, sind in Masuren die Eissegler von Gizycko nicht zu halten. (Foto Katharina Büttel)
Wenn der Wind passt, sind die Eissegler von Gizycko nicht zu halten. (Foto Katharina Büttel)

Symphonie in Weiß. Auf der Fahrt durch die Alleen schließen sich über uns die überzuckerten Zweige zu einem weißen Tunnel. Bizarr gepuderte Kiefern und Tannen rahmen Dörfer, Bäche und Wanderwege. Sonnenstrahlen blitzen durch die Kronen der knorrigen Baumriesen. Sie bringen das Land in der kalten und klaren Luft zum Leuchten.

Tags kalt, abends warm, so lieben es die Gäste der Mazury. Früh durch den Schnee stapfen, nachmittags im wohlig temperierten Pool relaxen – welt- und stressentrückt in den Dämpfen von Myrre und Kamille. Am knisternden Kaminfeuer danach wärmt von innen dann Tee mit „Strom“ – Wodka oder Honigschnaps.

Masuren von seiner schönsten winterlichen Seite: eine Prachtallee im Schnee bei Olsztyn. (Foto Katharina Büttel)
Masuren von seiner schönsten winterlichen Seite: eine Prachtallee im Schnee bei Olsztyn. (Foto Katharina Büttel)

So eine Unternehmung war bis vor kurzem nur schwer umsetzbar. Denn man musste immer erst nach Warschau oder Danzig fliegen. Und war dort fast vier Autostunden entfernt von den Ferienzielen rund um die 3.000 masurischen Seen. Alternativ blieben nur endlos lange Auto- oder Bahnfahrten.

Neuer Luftweg nach Masuren

Ein touristischer Aufwind weht jedoch über Masuren, seit die polnische Airline SprintAir in die Woiwodschaft Ermland-Masuren fliegt. Vom schick designten Flughafen Szymany erreichen die Urlauber nun die großen Masurischen Seen und die westmasurische Seenplatte bequem in rund einer bis anderthalb Stunden. Mietwagen stehen am Flughafen bereit. Sogar einen Bahnanschluss gibt es. In nur 40 Minuten fährt er in die Hauptstadt Allenstein/Olsztyn. Astronom Kopernikus lebte hier.

Das ehemalige Schloss im Zentrum von Allenstein (Olsztyn). (Foto Katharina Büttel)
Das ehemalige Schloss im Zentrum von Allenstein (Olsztyn). (Foto Katharina Büttel)

Allenstein ist mit knapp 180.000 Einwohnern auch die größte Stadt von Masuren. Zugleich ist es das wirtschaftliche und kulturelle Zentrum. Mit Reiseführerin Joana spazieren wir durch die komplett restaurierte Altstadt. Gotische Giebelhäuser mit Arkaden säumen den Marktplatz. Die Backsteinkirche St. Jakob ragt über die Dächer. Touristischer Anziehungspunkt ist das gotische Schloss, eine mächtige Wehrburg der Ordensritter aus dem 14. Jahrhundert. Es birgt heute das wichtigste Museum Masurens. Mit Exponaten aus dem Leben des Astronomen Nikolaus Kopernikus (1473-1543), der sechs Jahre lang als Kustos in der Burg residierte.

Astronom Nikolaus Kopernikus (1473-1543) war mit Masuren fest verbunden. (Foto Katharina Büttel)
Astronom Nikolaus Kopernikus (1473-1543) war mit Masuren fest verbunden. (Foto Katharina Büttel)

Einsamkeit und Schönheit der Landschaft als Luxus

Das leicht gewellte Land verzaubert im weißen Winterkleid. Vorbei an bunt geschmückten Holzkreuzen und Bildstöcken geht die Fahrt nach Lidzbark Warminski (Heilsberg). Gerade jetzt, wenn sich die Menschen hier rarmachen, in den Lüften die Seevögel kreischen, öffnen die Hoteliers ihre Häuser. Für all jene, die Einsamkeit und die Schönheit der Landschaft als Luxus begreifen, Wellness und Beauty als sinnliches Vergnügen sehen.

Besonders die Hotels der oberen Preiskategorie verwöhnen den Gast in ihren Bade- und Sauna-Oasen. Und sie lassen rund ums Thema Wellness kaum noch Wünsche offen. Das Burghotel Zamek Krasicki, im Herzen der Stadt zwischen den Flüssen Lyna und Symsarna gelegen, ist ein Juwel mit Geschichte.

Dort, wo einst die Bischöfe von Ermland hinter gotischen und barocken Mauern residierten, verleben heute Jung und Alt unbeschwerte Stunden in ungewöhnlichem Ambiente. Das Hallenbad glitzert wie aus 1001 Nacht. , Schönheitspflege wird nach orientalischer und asiatischer Tradition angewandt. Beauty-Workshops im Spa laufen erfolgreich unter dem Motto: wie wird „sie“ noch schöner.

Gute polnische Küche verführt

Wer eine bescheidenere Unterkunft vorzieht, muss aber auf ein Wellness-Vergnügen keineswegs verzichten. Wenn draußen der Wind von den Seen übers Land fegt, legt sich in der Badelandschaft der neuen Therme Warminskie wohlige Wärme wie ein Kokon um den Körper. Einzig Zeit und Muße braucht es dann zur Entspannung.

Gemütliches Restaurant mit Tradition - Karczma Warminska. (Foto Katharina Büttel)
Gemütliches Restaurant mit Tradition – Karczma Warminska. (Foto Katharina Büttel)

Die Tage sind kurz. Denn schon am Nachmittag versinkt die Welt in Dunkelheit. Dennoch bleibt genug Zeit, sich in der außergewöhnlich schönen Natur zu bewegen. Zieht die Kälte doch langsam durch alle Manteltaschen, freut man sich nur noch auf ein gutes Essen am Abend. Im urgemütlichen, mit traditionellem Kunsthandwerk ausgeschmückten Gasthaus Karczma werden wir schließlich mit Quittenlikör Pigwowka herzlich begrüßt.

Quittenlikör und Piroggen

Der Tisch biegt sich von den Platten voller Piroggen, wahlweise mit Fleisch oder Quark gefüllt, Kartoffelkuchen und Zeppeline, die typischen Klöße mit würziger Fleischfülle. Dazu mundet Swieze“, das regionale Bier. Getrunken wird hier übrigens alles, was selbstgemacht ist. Obstliköre, Mohnschnaps, Wodka mit Honig. Danach läuft alles bestens – wird zumindest augenzwinkernd behauptet.

Die trutzige Vorburg des Schloss-Ensembles Krasicki. (Foto Katharina Büttel)
Die trutzige Vorburg des Schloss-Ensembles Krasicki. (Foto Katharina Büttel)

Ryn am Talter See war früher eine der größten Burgen des Deutschritterordens. Heute ist der trutzige Bau ein stilvolles Vier-Sterne-Hotel mit großzügigem Spa-Bereich und traditioneller Küche. Wir stehen in dem 900 Quadratmeter großen, überdachten Schlosshof und staunen. „Er ist der größte in ganz Europa mit Platz für tausend Gäste“, erklärt der Hoteldirektor stolz.

„Auch unser 3.000-Seelen-Ort wird Sie überraschen“, fügt er hinzu. Mit Mitteln aus EU-Töpfen wurden die Häuser im Ortskern liebevoll saniert und haben zudem einen properen Anstrich bekommen. Ein guter Ausgangspunkt für Aktivitäten in einem Radius von nur einer Stunde Fahrtzeit.

‚Easy going‘ im Land der Seen und Schlösser

Jedes Zimmr auf Nakomiady hat seinen eigenen Charme. (Foto Katharina Büttel)
Jedes Zimmr auf Nakomiady hat seinen eigenen Charme. (Foto Katharina Büttel)

Im „Land ohne Eile“, wie Schriftsteller Arno Surminski seine Heimat Masuren nannte, beginnt am Talcky Kanal ein insgesamt elf Kilometer langes Wasserstraßengeflecht, das die nördlichen mit den südlichen Seen verbindet. Im Sommer ist die Moränenlandschaft ein ideales Terrain für Paddler, Segler und Kanuten. In der kalten Jahreszeit „fliegen“ dann die Eissegler über den Boczne-See.

Hier, in der Nähe von Gizycko, dem ehemaligen Lötzen, hat sich eine eingeschworene Eisseglergemeinde gebildet. Lässt es das Winterwetter zu, treffen sich die „Eisverrückten“ aus vielen Ländern und „pfeilen“ mit bis zu 100 Stundenkilometern übers Eis. Jeder, ob Jung ob Alt, Mann oder Frau, kann mitmachen. Die Bedingungen sind bestens – genügend Boote, gute Infrastruktur, gemütliche Unterkünfte. Ihre Begleiter vergnügen sich bei Kutschfahrten und Lagerfeuerromantik in den Wäldern oder wagen sich in die Langlaufloipen. Zum Glück ist auch die Therme zum ‚Auftauen‘ in der Nähe.

Flüssige Heizung: Tee mit Wodka

Im Herzen Ermlands - das prachtvolle Gebäude gehört zum Hotel-Burgensemble Krasicki in Lidzbark Warminski. (Foto Katharina Büttel)
Im Herzen Ermlands – das prachtvolle Gebäude gehört zum Hotel-Burgensemble Krasicki in Lidzbark Warminski. (Foto Katharina Büttel)

Nach Wind und Kälte auf dem Eis muss schnell heißer Tee mit Wodka her. Der wird dann am lodernden Kamin im preisgekrönten, historischen „Schwarzen Schwan“ in Rydzewo serviert. Der Wirt, bekannt für seine regionale Küche mit eigenem Charakter, punktet auch mit Piroggen, bei ihm allerdings mit einem „Innenleben“ aus duftenden Waldpilzen, köstlich!

Zum Ausgleich für den milchigtrüben Winterhimmel von gestern brennt heute die Abendsonne ein grandioses Farbspiel ab. Durch die kahlen Äste glühen die Wolken feuerrot, die Kirchtürme ragen wie Scherenschnitte in den Himmel. Wir sind unterwegs zu Piotr Ciszek, dem neuen Hausherrn von Schloss Nakomiady bei Ketrzyn, einst Rastenburg – zu preußischer Zeit berühmt für seine Trakehner-Gestüte.

Herrenhaus mit Kachelofen-Manufaktur in Nakomiady. (Foto Katharina Büttel)
Herrenhaus mit Kachelofen-Manufaktur in Nakomiady. (Foto Katharina Büttel)

Über den Zeitraum von zehn Jahren haben er und seine Frau das Anwesen aus dem 17. Jahrhundert mit Park und Themengärten dann individuell, mit viel Liebe zum Detail – ach, einfach wundervoll restauriert. Um die kaputten Originalkacheln seiner vielen Kachelöfen nachzuarbeiten, richtete Piotr eigens eine Kachelmanufaktur auf dem Gelände ein. Aus der Not wurde schließlich ein Glücksfall. De Bestellungen seiner nostalgisch-geprägten Kacheln nehmen kein Ende. Auch hier sind wir hoch willkommen. Und wir sind gerne hier – zu Gast in Masuren, in Polen.

Wissenswertes zu Masuren

Informationen: Polnisches Fremdenverkehrsamt, Hohenzollerndamm 151, 14199 Berlin, Telefon 030-2100920, www.polen.travel

Ungemein schmackhaft: die deftig, köstliche polnische Küche. (Foto Katharina Büttel)
Ungemein schmackhaft: die deftig, köstliche polnische Küche. (Foto Katharina Büttel)

Anreise: Dreimal pro Woche fliegt die polnische Airline SprintAir in ca. einer Stunde nach Olsztyn-Mazury. Hin- und Rückflug ab ca. 80 Euro.

Reisezeit: Das ganze Jahr über. Bunt und farbenfroh ist die Natur von Mai bis Oktober.

Unterkünfte mit Wellness-AngebotenHotel Marina Club & Spa. Prämiertes 5-Sterne-Haus traumhaft gelegen auf einer Landzunge mitten auf dem Wulpinskie See, neun Kilometer von Olsztyn/Allenstein entfernt. Zwei Kilometer entfernt liegt ein 18-Loch-Golfplatz.

Auch das ist Masuren im Winter: 16. Geschmückte Bildstöcke am Wegesrand. (Foto Katharina Büttel)
Auch das ist Masuren im Winter: 16. Geschmückte Bildstöcke am Wegesrand. (Foto Katharina Büttel)

Das 4-Sterne-Hotel Krasicki wahrt den historischen Charakter. Die Perle Ermlands war Sitz der ermländischen Bischöfe. Sehenswerte und prämierte Symbiose von „Architektur & Design“.

4-Sterne Schlosshotel Zamek Ryn. Gut gerüstet für Kinder, mit einem extra Gasthof direkt am Rynskie-See.

Privatschloss Palac Nakomiady (Eichmedien) von 1704. Neun individuell gestaltete Zimmer mit Schlossambiente, ca. 50 Quadratmeter groß. Gemüse und Kräuter wachsen im Schlossgarten – angelehnt an den Barockgarten des Chateau de Villandry an der Loire.

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