Klapper-Gebiss-Klasse als Lärmschutzzone

In Norwegen können Ruhe suchende Senioren demnächst in einer Art Klapper-Gebiss-Klasse fliegen. (Foto: Karsten-Thilo Rab)
In Norwegen können Ruhe suchende Senioren demnächst in einer Art Klapper-Gebiss-Klasse fliegen. (Foto: Karsten-Thilo Rab)

Sitznachbarn in Flugzeugen sind Glückssache. Auch wer direkt vor oder hinter einem sitzt, lässt sich in der Regel nicht beeinflussen. Und so gibt es bei der Sitzplatzlotterie der Airlines täglich gefühlt mehr Verlierer als Gewinner. Mal entscheidet Glücksfee Fortuna, dass im Platz neben einem der unruhige Bruder des Zappel-Philipps seinen permanenten Bewegungsdrang auslebt. Dann wiederum macht sich neben einem eine unangemeldete Massendemonstration breit, deren Welkfleisch weit über die eigentlich als Sitzplatzbegrenzer dienende Armlehne wabert.

Ein anderes Mal sorgt die zufällig durchgeführte Sitzverteilung dafür, dass es mächtig etwas auf die Nase gibt. Nicht zwingend mit der Faust eine Mitfliegers, sondern vielmehr dank einer ausgelebten Waschphobie eines Schweißgebadeten, der sich weigert, die Deo-Industrie zu unterstützen. Alternativ finden sich auch gerne mal Sitznachbarn, die entweder in Knoblauch gebadet zu haben scheinen oder in einer Parfüm-Wanne aufgewacht sein müssen. Und als ob all dies nicht genug wäre, besteht auch noch die Chance, dass in unmittelbarer Nachbarschaft ein lärmendes Kind Platz findet.

Soweit, so klischeehaft. Gleichwohl bietet all dies die Grundlage für eine neue Geschäftsidee, die gerade in Norwegen heranreift. Im skandinavischen Königreich wird nämlich derzeit eine neue Fluggesellschaft aufgebaut. Und als solche möchten die Viking International Airlines von Beginn an Akzente am Himmel setzen. Gemäß dem Luftfahrt-Branchenportal Aerotelegraph plant VIA ihre Flieger nicht nur wie üblich mit einer Business und einer Economy Class auszustatten, sondern auch mit Spezialbereichen: einen, der – gegen einen kleinen Aufpreis versteht sich – vor allem älteren, Ruhe suchenden Fluggästen zur Verfügung stehen soll und einem für Eltern mit Kindern.

Ob letzte Bereiche mit besonders dicken Gummiwänden schallisoliert daher kommen, ist nicht bekannt. Wohl aber, dass laut der norwegischen Boulevard-Zeitung VG der Seniorenbereich bereits augenzwinkernd als „Old Grumpy Class“ tituliert wird, was etwa so viel wie „Klasse der mürrischen Alten“ heißt. Die sind natürlich beim Aussteigen nach einem Zehn-Stunden-Flug überhaupt nicht mehr mürrisch, weil sie ja die absolute Stille über den Wolken genießen konnten. Es sei denn, ihnen wird bei der Sitzplatzlotterie ein Dampfplauderer als Nebenmann zugelost.

Thekenbrust-CoverAuch sonst ist das Angebot von Viking, dass zunächst auf der Strecke zwischen Oslo und Miami im Rentnerparadies Florida angetestet wird, durchaus ausbaufähig. Voraussetzung wäre allerdings, dass die Luftfahrtindustrie bereit ist, entsprechend kleinteilige Kabine zu bauen. Dann könnten Bereich für verschiedene religiöse Gruppen – etwa für Christen, Juden, Muslime, FDP- und Schalke-Anhänger, für Schwule und Lesben, für Fußballfans unterschiedlicher Couleur, für Allergiker, für Veganer, für Menschen mit Laktoseintoleranz, für Warmduscher, Frauenversteher, Pool-Liegen-mit-Handtuch-Reservierer und Weiß-Socken-Träger eingerichtet werden. Interessenten gäbe es sicher genug. Am besten wäre es daher, Flugzeuge künftig durchgehend mit Einzelkabinen auszustatten. Das wäre bedarfsgerecht und würde fast alle zufriedenstellen. Denn natürlich gäbe es die Passagiere mit großem Redebedarf, die ein ahnungsloses Opfer für ihre Redeschwalle vermissen würden, und die große Zahl der Neider unter denjenigen, die keine Außenkabine und damit auch kein Fenster hätten. Aber das ist ein ganz anderes Thema.

Buchtipp: Karsten-Thilo Raab: Thekenbrust & Zackendruse, Westflügel Verlag, ISBN 978-3-939408-11-6. Erhältlich ist das Buch für 12,50 Euro im Buchhandel oder direkt beim Verlag.