Jardin Majorelle – blaue Oase in der roten Stadt

Der Jardin Majorelle in Marrakesch setzt auch farblich besondere Akzente. - Foto Karsten-Thilo Raab
Der Jardin Majorelle in Marrakesch setzt auch farblich besondere Akzente. – Foto Karsten-Thilo Raab

Nicht von ungefähr gilt Marrakesch als ein Stück Bilderbuch-Marokko. Rote Bauten soweit das Auge reicht; dazwischen hoch aufragende Palmen und am Horizont die schneebedeckten Gipfel des Atlas-Gebirges. Moscheen, Minarette, Paläste, aber auch Wohn- und Geschäftshäuser sowie Mauern sind allesamt in einheitlichen Rot-Tönen gehalten und verliehen der uralten Königsstadt den Beinamen „Rote Stadt„. Einen Kontrast zur stimmigen Einheitsfarbe bildet der als „blaue Oase“ bezeichnete Jardin Majorelle. Der Traumgarten im Stadtteil Guéliz wird vom satten Grün der Pflanzen, aber auch von grellen Blau- und Gelbtönen dominiert.

Namensgeber Jacques Majorelle (1886-1962) erwarb im Jahre 1923 den Grund und Boden, der heute den Garten bedeckt. Der französische Maler, der sich auch als Sammler exotischer Pflanzen aus aller Welt einen Namen machte, ließ das Brachland in einer Prachtgarten umgestalten. Kakteen, Bambus, Palmen, Bougainvillea, kleine Brunnen und Wasserspiele bildeten dabei die wichtigsten Elemente. Alles ist so angeordnet, dass sich immer wieder überraschende Blickwinkel ergeben.

Namenspate für Garten und Farbton

Gelbe und blaue Farbtöne bilden einen Kontrast zur üppigen Pflanzenpracht. - Foto Karsten-Thilo Raab
Gelbe und blaue Farbtöne bilden einen Kontrast zur üppigen Pflanzenpracht. – Foto Karsten-Thilo Raab

1931 beauftragte der Künstler dann den Architekten Paul Sinoir, inmitten des Anwesens ein Künstleratelier und Wohnhaus im Art Deco Stil zu errichten. Die Wände wurden im kräftigen Blau gehüllt. Ein Farbton, der wie der Garten den Namen des in Paris geborenen Majorelle trägt.

Zahlreiche Kakteen-Arten sind in dem 4.000 Quadratmeter großen Garten zu finden. - Foto Karsten-Thilo Raab
Zahlreiche Kakteen-Arten sind in dem 4.000 Quadratmeter großen Garten zu finden. – Foto Karsten-Thilo Raab

Das „Majorelle-Bleu“ ist derart dominant, das selbst der strahlend blaue Himmel über Marrakesch fast schon blass wirkt. Dank dieser Farbgebung ist es dem Maler gelungen, einen Garten zu schaffen, der mit seinen Gebäuden ein wenig wie ein dreidimensionales Gemälde anmutet. Ein Bild, in dem es duftet, summt und brummt und durch das tägliche Hunderte von Pflanzen- und Kunstliebhaber stiefeln.

YSL vom Rausch der Farben fasziniert

Bambushölzer und knallbunte Farben prägen Teile des Jardin Majorelle. - Foto Karsten-Thilo Raab
Bambushölzer und knallbunte Farben prägen Teile des Jardin Majorelle. – Foto Karsten-Thilo Raab

1947 öffnete Majorelle seinen Prachtgarten für die Öffentlichkeit. Doch nach seinem Tode im Jahre 1962 verfiel die Anlage in einer Dornröschenschlaf. Unkraut und Wildwuchs übernahmen das Regiment. Und es sollte fast zwei Jahrzehnte dauern, ehe sich kein Geringerer als Modeschöpfer Yves Saint Laurent bei seinem ersten Besuch in der marokkanischen Königsstadt vom Rausch der Farben verzaubern ließ und sich auf Anhieb in den Garten verliebte. 1980 schließlich erwarb er gemeinsam mit seinem Lebenspartner Pierre Bergé das Anwesen und ließ es aufwendig restaurieren.

Der prächtige Garten beheimatet Pflanzen aus allen fünf Kontinenten. - Foto Karsten-Thilo Raab
Der prächtige Garten beheimatet Pflanzen aus allen fünf Kontinenten. – Foto Karsten-Thilo Raab

YSL und Bergé sorgten dafür, dass der Garten mit seinen 300 Pflanzenarten aus fünf Kontinenten wieder in alter Pracht erstrahlte. Sie ließen ein intelligentes, auf die Bedürfnisse der einzelnen Pflanzenarten abgestimmtes Bewässerungssystem installieren, mit dessen Hilfe der Wasserverbrauch nahezu halbiert werden konnte. Zudem setzten YSL und Bergé auch einen eigenen farblichen Akzent mit poppig gelben Blumenkübeln, die sich perfekt mit dem Majorelle-Bleu ergänzen.

YSL-Asche im Rosengarten verstreut

Die Gedenkstätte für Yves Saint Laurent ist in den Garten integriert. - Foto Karsten-Thilo Raab
Die Gedenkstätte für Yves Saint Laurent ist in den Garten integriert. – Foto Karsten-Thilo Raab

Für Yves Saint Laurent war Marrakesch ein Ort der Inspiration und im Jardin Majorelle fand er Entspannung und Muse für seine Kreationen. Als er im Jahre 2008 verstarb, wurde seine Asche im Rosengarten, einem privaten Abschnitt des Jardin Majorelle, verstreut. Heute erinnert ein Gedenkstein im öffentlich zugänglichen Teil des Gartens an den 2008 verstorbenen Modedesigner.

Auch für Architekturliebhaber ist die blaue Oase in Marrakesch eine faszinierende Anlaufstelle. - Foto Karsten-Thilo Raab
Auch für Architekturliebhaber und Fotografen ist die blaue Oase in Marrakesch eine faszinierende Anlaufstelle. – Foto Karsten-Thilo Raab

Gut zwei Dutzend Gärtner sorgen mit großem Engagement heute dafür, dass die Pflanzenpracht nichts an Faszination verliert. Zudem wird nahezu täglich an verschiedenen Stellen das Blau der Mauern oder das Gelb der Blumenkübel erneuert, um den Charme der 4.000 Quadratmeter großen Oase zu wahren.

Eher unscheinbar wirkt der Yves Saint Laurent Gedenkstein. - Foto Karsten-Thilo Raab
Eher unscheinbar wirkt der Yves Saint Laurent Gedenkstein. – Foto Karsten-Thilo Raab

In die ehemaligen Atelierräume zog inzwischen das Berber Museum mit rund 600 Exponaten ein. Zu sehen sind hier vornehmlich Schmuck, Lederwaren, Teppiche, Kleidungsstücke und Waffen der indigenen ethnischen Volksgruppe aus dem Norden Afrikas.

Neues Museum für den Modeschöpfer

Das Berber Museum widmet sich der Geschichte der afrikanischen Volksgruppe. - Foto Karsten-Thilo Raab
Das Berber Museum widmet sich der Geschichte der afrikanischen Volksgruppe. – Foto Karsten-Thilo Raab

Direkt angrenzend an den Jardin Majorelle wurde schließlich im Oktober 2017 das neue Musée Yves Saint Laurent eröffnet. Das Gebäude mit seiner augenfälligen Terrakotta-Fassade beherbergt eine Ausstellung mit rund 5.000 Kleidern und 15.000 Haute-Couture-Accessoires sowie Tausende von Zeichnungen und Fotos von Yves Saint Laurent.

Brunnen und Wände zieren das Majorelle-Bleu. - Foto Karsten-Thilo Raab
Brunnen und Wände zieren das Majorelle-Bleu. – Foto Karsten-Thilo Raab

Wer es nicht schon vorher war, ist spätestens nach dem Besuch des Jardin Majorelle wie dereinst Yves Saint Laurent von dem Bazillus infiziert, der da heißt „Marrakesch“. Und nicht wenige schwören sich, wie einst der Modemacher immer wieder hierher zurückzukommen.

Wissenswertes zum Jardin Majorelle in Kurzform

Die zahlreichen Brunnenanlagen haben mit ihrem sanften Plätschern fast meditativen Charakter. - Foto Karsten-Thilo Raab
Die zahlreichen Brunnenanlagen haben mit ihrem sanften Plätschern fast meditativen Charakter. – Foto Karsten-Thilo Raab

Informationen: Jardin Majorelle, Rue Yves Saint Laurent, Gueliz, 40090 Marrakesch, Telefon 00212-524-313047, www.jardinmajorelle.com. Geöffnet von Oktober bis April von 8 bis 17.30 Uhr, von Mai bis September von 8 bis 18 Uhr und während des Ramadans von 9 bis 17 Uhr. Der Eintritt beträgt 70 Dirham; der Eintritt ins Berber Museum zusätzlich 30 Dirham.

Das Yves Saint Laurent Museum widmet sich dem Leben und Werk des Modeschöpfers. - Foto Karsten-Thilo Raab
Das Yves Saint Laurent Museum widmet sich dem Leben und Werk des Modeschöpfers. – Foto Karsten-Thilo Raab

Musée Yves Saint Laurent, Rue Yves Saint Laurent, 40090 Marrakech, Telefon 00212-524-298686, www.museeyslmarrakech.com. Geöffnet täglich von 10 bis 18 Uhr. Der Eintritt beträgt 100 Dirham.