Gålå – Hüttenromantik in „Peer Gynts Reich“

Ideales Revier für ausgedehnte Schneeschuhwanderungen: Das norwegische Gålå.
Ideales Revier für ausgedehnte Schneeschuhwanderungen: Das norwegische Gålå.

Die roten Holzhäuser wirken so, als seien sie von einem Riesen beim Würfeln mit einem Knobelbecher zufällig in der Landschaft verstreut worden. Zwischen den mächtigen Tannen setzen sie einen frühlingshaften Farbentupfer in die verschneite Winterlandschaft der Berge in Gålå (sprich: „Golo“) im norwegischen Gudbrandstales. Der markante Farbanstrich entsprang eigentlich einem Abfallprodukt aus einer Kupfermine im schwedischen Falun. Grundbestandteil der Farbe ist ein Eisenoxid mit Spuren von Silikaten von Aluminium, Zink, Kupfer und Blei, mit dem sich Holz gut und billig imprägnieren ließ. Heute ist das „faluröd“ zum Symbol für skandinavische Lebensart geworden. Ebenso wie der Kamin, der zur Grundausstattung einer jeden Hütte gehört und wohlige Wärme garantiert.

An einladenden Hütten mangelt es in Gålå nicht. (Foto Karsten-Thilo Raab)
An einladenden Hütten mangelt es in Gålå nicht. (Foto Karsten-Thilo Raab)

Auch in Gålå sorgen landestypische Holzhäusern und historische Hütten, die allesamt tage- und wochenweise gemietet werden können, für manches Bilderbuchmotiv. Ausgestattet mit drei bis vier Schlafzimmern, Küche, Bad, Wohn- und Esszimmer versprüht eine jede Hytta, wie die Norweger sagen, nicht nur eine einladende Gemütlichkeit, sondern besticht durch grandiose Panoramablicke über Hochebenen, vereinzelte Berggipfel, Teile des Jotunheimen Nationalparks und den Gålåvatnet, den Gålåsee.

Auch der erste flüchtige Kontakt mit einem Elch lässt hier garantiert nicht lange auf sich warten. Spätestens beim Einkauf ist die Begegnung mit dem hoch aufgeschossenen Paarhufer mit den ausladenden Schaufeln vorprogrammiert. Denn eine ausgestopfte Variante des Riesen der Wälder blockiert den Weg zwischen Konserven und Tiefkühlpizza in dem einzigen Supermarkt von Gålå. Zugegeben, Supermarkt ist der falsche Ausdruck für das Phänomen mit dem bis unters Dach voll gestopften Verkaufsraum. Der Laden könnte sich problemlos als eines der kleinsten Kaufhäuser der Welt um einen Eintrag in das Guinness-Buch der Rekorde bewerben. Es ist einfach grandios, was hier alles zu finden ist. Der Bogen reicht von Brennholz über feinste norwegische Strickwaren bis hin zu Moltebeeren, Elch- und Rentier-Fleisch sowie Lutefisk. Hinter letzterem verbirgt sich ein an Luft und Sonne getrockneter Stockfisch.

Auf Gålås Pisten herrscht nur selten drangvolle Enge. (Foto: Karsten-Thilo Raab)
Auf Gålås Pisten herrscht nur selten drangvolle Enge. (Foto: Karsten-Thilo Raab)

Na ja, wie sagt der Engländer: „When in Rome do as the Romans do.“ Ein Leitspruch, der es vielen ungeachtet der üblicherweise mitgebrachten Vorräte und der satten Preise leicht machen dürfte, den Einkaufskorb mit norwegischen Spezialitäten voll zu packen. Nur der Lutefisk mit seinem säuerlichen Geschmack ist stark gewöhnungsbedürftig. Sein intensives Aroma, das den Duft jedes Harzer-Rollers wie feinstes Parfüm wirken lässt, verschlägt einem unweigerlich den Atem. Nach dem ungewöhnlichen Snack gilt es schnellst möglich wieder Frieden mit dem Gaumen zu schließen. Eine Aufgabe, der sich die Moltebeeren mit Bravur annehmen. Der Geschmack der wolkenförmigen, orangefarbenen Beeren, deren Fundstellen nicht nur hier in Gålå wie ein Staatsgeheimnis gehütet werden, liegt zwischen bitter und süß. Kleine Kerne knistern zwischen den Zähnen – mit Sahne kombiniert – ein Genuss!

Ein Genuss sind auch die zahllosen Aktivitäten im Freien. Der Norweger spricht hier von „friluftsliv“. Das beschauliche Örtchen, rund eine Autostunde nördlich der Olympiastadt Lillehammer auf 950 Meter über dem Meeresspiegel gelegen, ist im Sommer ein beliebter Ausgangspunkt von Wanderungen entlang des Peer-Gynt-Weges. Auf den Spuren des norwegischen Sagenhelden, dem von Henrik Ibsen ein literarisches Denkmal gesetzt wurde, können aber auch im Winter Langlaufenthusiasten die Region erkunden – und dies tagelang, ohne die gleiche Strecke zweimal zu fahren. Hier, wo sich vor rund 100 Jahren der britische Abenteurer Sir Robert Falcon Scott auf seine Südpolexpedition vorbereitete, stehen nicht weniger als sage und schreibe 630 Kilometer gespurte Loipen in unterschiedlichen Längen und Schwierigkeitsgraden zur Verfügung. Entlang der Rundkurse laden Sami-Zelte mit offener Feuerstelle und Wärmestuben zu kleinen Verschnaufpausen ein.

Nach dem Skifahren lässt sich entspannt vor dem offenen Kamin die Füße hochlegen. (Foto: Karsten-Thilo Raab)
Nach dem Skifahren lässt sich entspannt vor dem offenen Kamin die Füße hochlegen. (Foto: Karsten-Thilo Raab)

Abfahrer und Snowboarder müssen sich hingegen mit 17 Abfahrtspisten bescheiden. Dafür können sie sowohl am Blåbærfjell als auch am Trollbakken zusätzlich in den Abendstunden unter Flutlicht nach Herzenslust wedeln. Überhaupt bietet Gålå alle Facetten des winterlichen Freiluftvergnügens an. Der Bogen spannt sich vom Rodeln über Pferdeschlittenfahrten bis hin zum Eisfischen und Schnee-Rafting. Letzteres ist eine ganz spezielle Erfahrung. Statt eines Gebirgsflusses geht es beim Snowrafting im Schlauchboot den schneebedeckten Hang hinunter. Und manch einer wünscht, ehe er in der Ebene zum Halt kommt, er wäre ein patenter Seemann mit Anker im Gepäck. Nach einem derart unkontrollierbaren Adrenalinschub mit unfreiwilligen Schweißausbrüchen garantiert der obligatorische Saunabesuch die notwendige Entspannung. Statt des Tauchbeckens bringt dann das Wälzen im Schnee die gewünschte Abkühlung.

Romantischer und stimmungsvoller als in Gålå geht Hüttenurlaub wohl kaum. (Foto: Karsten-Thilo Raab)
Romantischer und stimmungsvoller als in Gålå geht Hüttenurlaub wohl kaum. (Foto: Karsten-Thilo Raab)

Danach bietet es sich an, vor dem Kamin noch ein Gläschen Glögg, die norwegische Variante des Glühweins, und vielleicht etwas Römmegröt, einen Sauerrahmbrei, zu genießen. Das Knistern und die wohlige Wärme des Feuers lassen dann garantiert wieder schnell die Lebensgeister zurückkehren. Und wer möchte, kann im beheizten Freibad des alt-ehrwürdigen Høgfjellshotell rund um die Uhr ein paar Bahnen ziehen.

Mit seinem gastronomischen Angebot gilt das Hotel, das – wie könnte es anders sein – ganz in Falun-Rot gehalten ist, übrigens seit 1892 als zentrale Anlaufstelle der einstigen Almsiedlung. Wahrzeichen des Høgfjellshotell ist der hölzerne Stabbursturm. Er verkörpert die Authentizität, Tradition und Kultur, die Gålå zu einer der beliebtesten Feriendestinationen haben werden lassen.

Oh, diese Norweger CoverAllgemeine Informationen: www.visitnorway.com und www.gala.no

Anreise: Per Fähre von Kiel nach Oslo (www.colorline.com) oder per Flugzeug nach Oslo. Flugverbindungen aus Deutschland bieten unter andere SAS und Norwegian an. Von Oslo sind es ca. 250 km bis nach Gålå, das rund eine Autostunde nördlich der Olympiastadt Lillehammer liegt.

Hütten: In Gålå gibt es eine Reihe komplett eingerichteter Hütten für Selbstversorger an. Alle liegen mehr oder weniger an den Langlaufloipen und haben direkten Zugang zu dem kleinen Abfahrtsskigebiet. Der Preise für eine komplette Hütte mit sechs Betten beginnen je nach Ausstattung für zwei Tage bei 1.990 Kronen beziehungsweise für eine Woche bei 4.990 Kronen.

Daneben können auch verschiedene historische Hütten gemietet werden. Weitere Informationen und Buchungen unter www.gala.no und unter www.galahytter.no.

Skifahren: Die Skisaison geht in der Regel von Dezember bis Ende April.

Literaturtipp: Ulrike Katrin Peters & Karsten-Thilo Raab: Oh, diese Norweger, Conrad Stein Verlag, ISBN 978-3-86686-803-8. Erhältlich ist der Titel, der auf augenzwinkernde Art und Weise Skurriles und Wissenswertes über die Norweger vermittelt, im Buchhandel oder direkt beim Conrad Stein Verlag.


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