Facebook des 18. Jahrhunderts: Gleimhaus vernetzt Porträts und Briefe mit modernen Medien

Mit dieser Feder schrieb einst der Dichter Friedrich Gottlieb Klopstock. (Foto: djd)
Mit dieser Feder schrieb einst der Dichter Friedrich Gottlieb Klopstock. (Foto: djd)

In einem Fachwerkhaus in Halberstadt in Sachsen-Anhalt wohnte im 18. Jahrhundert der Dichter und Sammler Johann Wilhelm Ludwig Gleim. Heute lädt das Gebäude als Museum Gleimhaus dazu ein, den damals sehr populären Autor, seine vielen berühmten Freunde und auch die Zeit der Aufklärung aus ungewöhnlichen Perspektiven aktiv kennen zu lernen. Denn Gleim trug die größte Dichter-Porträtgalerie seiner Zeit zusammen. Und er nannte diese Sammlung seinen „Freundschaftstempel“.

Der Halberstädter Dichter und Sammler Johann Wilhelm Ludwig Gleim, gemalt von Johann Heinrich Ramberg im Jahr 1789. (Foto: djd)
Der Halberstädter Dichter und Sammler Johann Wilhelm Ludwig Gleim, gemalt von Johann Heinrich Ramberg im Jahr 1789. (Foto: djd)

Deshalb wird er augenzwinkernd auch als Erfinder von Facebook bezeichnet. Dichter wie Klopstock, Lessing, Herder, Anna Louisa Karsch oder Sophie von La Roche sind hier nicht nur im Bild, sondern auch in ihren Briefen zu erleben. Heutige Besucher können in die Rolle einer Persönlichkeit aus dem Freundesnetzwerk des Halberstädter Dichters schlüpfen und (nach Anmeldung) per Tablet mit anderen in Verbindung treten.

Brieffreunde und „Follower“

Gleim pflegte Brieffreundschaften mit über 500 Partnern. Manche ließen sich dann auch für kürzere oder längere Zeit am Nordrand des Harzes nieder. Sie bildeten dann den sogenannten Halberstädter Dichterkreis. Im modernen Gleimhaus überführt das Programm „Gleim-net“ nun das Netzwerk der Gelehrten in ein virtuelles soziales Netz.

Das Programm bietet dabei einen eindrucksvollen Einblick in die Geschichte der freundschaftlichen Kommunikation. Die modernen Medien schließen sich hier nahtlos an. Und sie machen den Besuch besonders für Kinder und Jugendliche spannend.

In seinem "Freundschaftstempel" hat der Dichter Johann Wilhelm Ludwig Gleim die Porträts seiner Brieffreunde gesammelt. (Foto: U.Schrader)
In seinem „Freundschaftstempel“ hat der Dichter Johann Wilhelm Ludwig Gleim die Porträts seiner Brieffreunde gesammelt. (Foto: U.Schrader)

Kirchenschatz und weitere Museen

Kulturreisende finden in Halberstadt neben dem Gleimhaus weitere sehenswerte Museen. Ein Kombiticket für alle Häuser lohnt sich dabei. Ein Muss ist der Dom mit dem berühmten Domschatz. Dieser gilt als  ein Juwel gotischer Kathedralbaukunst mit einem Kirchenschatz von Weltrang. Daneben erinnert das Berend Lehmann Museum an die bedeutende frühere jüdische Gemeinde. Historische und aktuelle Fotografien erzählen die Geschichten jüdischer Familien, deren Nachkommen auch ungewöhnliche Objekte beigesteuert haben.

In Gleims Wohnhaus ist heute das Gleimhaus - Museum der deutschen Aufklärung - untergebracht. (Foto: djd)
In Gleims Wohnhaus ist heute das Gleimhaus – Museum der deutschen Aufklärung – untergebracht. (Foto: djd)

Das Schraube Museum wiederum ist ein im Ganzen erhaltenes gutbürgerliches Gründerzeithaus. Zu sehen ist der komplette Nachlass der Fabrikantenfamilie Schraube. Von der Aussteuer im Wäscheschrank über den ersten Schnellkochtopf in der Küche bis zur Sitzgarnitur in der Guten Stube. Das Städtische Museum wiederum zeigt die Stadt- und Landesgeschichte. Darunter auch ein Großdiorama mit 3.000 Zinnfiguren und eine historische Apotheke. Das Naturkundemuseum Heineanum schließlich beherbergt die größte private Vogelkundesammlung Deutschlands aus dem 19. Jahrhundert.

Aktuelle Sonderausstellungen im Gleimhaus

Über moderne Netzwerkmedien treten die Besucher in Kontakt mit den Gelehrten des 18. Jahrhunderts. (Foto: djd)
Über moderne Netzwerkmedien treten die Besucher in Kontakt mit den Gelehrten des 18. Jahrhunderts. (Foto: djd)

Das Gleimhaus zeigt übrigens 2016 und 2017 folgende Sonderausstellungen; Bis zum 23. Oktober 2016 die Ausstellung Vernetzte Köpfe: Gleim – Goethe – Kleist. Porträtdarstellungen von Stephan Klenner-Otto zu Schriftstellern aus der Zeit um 1800. Ab 10. November 2016 bis 8. Januar 2017 folgen dasnn Familienporträts. Fotografien (1973 bis 1993) von Christian Borchert und vom 18. Juni bis 17. September 2017 Der Landschaftsmaler Pascha Johann Friedrich Weitsch (1723-1803)

Alle Informationen zum Gleimhaus gibt es unter www.halberstadt.de oder www.gleimhaus.de. (djd).

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