Der Peloponnes – Griechenlands faszinierende antike Schatzkammer

Griechenlands erste Haupstadt, Nauplia, wird von der mächtigen Palmidis-Burg überragt. (Foto: Karsten-Thilo Raab)
Griechenlands erste Haupstadt, Nauplia, wird von der mächtigen Palmidis-Burg überragt. (Foto: Karsten-Thilo Raab)

Georgeos Stronis hat irgendwie Zappel. Das muskulöse Kraftpaket ist überaus energetisch. Kein Wort kommt ohne wilde Bewegungen von Kopf, Armen, Händen und Beinen über seine Lippen. Fast scheint es, als unterliege er dem Diktat des auf seinem T-Shirt aufgedruckten Mottos „Give muscle life“ („Schenk den Muskeln Leben“). Dabei übt der kleine, lebhafte Mann mit Schnauzer und Minibart unter der Unterlippe fast eine ähnlich große Faszination aus wie das UNESCO-Weltkulturerbe, das er vorstellt.

Davon zeugt zumindest die Tatsache, dass kaum ein Besucher der 3.200 Jahre alten Ausgrabungsstätte von Mykene auf der Peloponnes nicht wenigstens einen Augenblick verharrt, um den redegewandten Zappelphilipp zu beobachten und ihm ein wenig zu lauschen. Denn der 59-jährige ist nicht nur ein exquisiter Kenner der griechischen Geschichte, sondern auch ein exzellenter Geschichtenerzähler. In jedem Wort schwingt die Begeisterung für die Mythologie der Helenen spürbar mit und wird so zu einem gelebten Geschichtsunterricht, der mit dem sonst häufig praktizierten Runterbeten von Zahlen und Fakten wenig gemein hat.

Einer der Prachtbauten des Weltkulturerbes Mykene: Das Schatzhaus des Atreus . (Foto: Karsten-Thilo Raab)
Einer der Prachtbauten des Weltkulturerbes Mykene: Das Schatzhaus des Atreus . (Foto: Karsten-Thilo Raab)

„Viele Leute sind zufrieden mit festen Antworten und hinterfragen die Dinge nicht weiter“, macht Georgeos keinen Hehl daraus, dass für ihn Archäologie ein gutes Stück weit Kaffeesatzleserei sei. Als Beweis führt er an, dass die sagenumwobenen Kuppelgräber von Mykene alle Namen bedeutender Persönlichkeiten tragen würden, aber es keinerlei Beweise gäbe, dass diese Personen hier tatsächliche ihre letzte Ruhestätte gefunden haben. In den riesigen Totenkammern wurden weder Gebeine noch Grabbeigaben gefunden.

„Das Schatzhaus des Atreus etwa heißt nur so, weil vermutet wird, dass hier Schätze zu finden waren“, fügt der passionierte Jazzmusiker und Hobbymaler, der lange Jahre auf der Insel Santorin lebte, hinzu. Die neun Kuppelgräber von Mykene waren, so die Erkenntnisse der Forscher, speziell für Könige und deren Familien errichtet worden.

 „Große historische Leistungen und Errungenschaften haben immer damit zu tun, wo und wie man gelebt hat“, wertet nicht nur Georgeos die Kuppelgräber von Mykene als die griechische Form einer Pyramide und als eine nicht minder bedeutende Bauleistung als die der alten Ägypter. Die aus lokalem Kalkstein gefertigten, bis zu 17 Meter hohen Grabkammern bestehen aus 33 konzentrischen Kreisen übereinander – ohne Innensäulen oder Stützen, wobei die aus riesigen Steinquadern bestehenden Dreiecke über den Toren statische Funktion haben und als Entlastungsdreieck für den Rest des Gemäuers dienen.

„Der Deutsche Heinrich Schliemann wird gerne als Entdecker von Mykene gefeiert, dabei war er im Jahre 1876 nur vier Monate überhaupt hier, nachdem er Troja ausgegraben hat“, glaubt Georgeos, der die deutsche Sprache von seiner, nach eigenem Bekunden „großen Liebe“ in Hamburg perfekt erlernte, dass Schliemanns Bedeutung für das Welterbe von Mykene allgemein überschätzt wird.

Georgeos Stronis lässt die Geschichte von Mykene wort- und gestenreich lebendig werden. (Foto: Karsten-Thilo Raab)
Georgeos Stronis lässt die Geschichte von Mykene wort- und gestenreich lebendig werden. (Foto: Karsten-Thilo Raab)

Doch unabhängig davon könne, so der 59-jährige weiter, die Bedeutung Mykenes für die Entwicklung der Griechen bis in die heutige Zeit hinein gar nicht hoch genug eingeschätzt werden. Mykene erlebte seine Blüte in der letzten Phase der Bronzezeit etwa 1.600 bis 1.200 vor Christus. Damals blühte hier die erste Hochkultur auf dem europäischen Festland auf.

„Mykene ist für viele Wissenschaftler der Beweis, dass die Erzählungen von Homer auf wahren Begebenheiten fußen“, ist Georgeos überzeugt, dass der große Schriftsteller und Philosoph mit seiner „Ilias“ die Basis für das heutige Nationalbewusstsein der Hellenen gelegt hat und den Griechen neue Vorbilder gegeben hat.
„Die griechische Mythologie zeichnet sich durch die Besonderheit aus, dass die hier dargestellten Gottheiten allesamt bestimmte Schwächen haben und verletzlich sind, was sie wiederum irgendwie menschlich macht“, ist Stronis überzeugt, dass sich nur in einer solchen Gedankenwelt überhaupt die Demokratie als Staatsform hatte entwickeln können.

Blick von der Akropolis von Mykene auf den Argolischen Golf. (Foto: Karsten-Thilo Raab)
Blick von der Akropolis von Mykene auf den Argolischen Golf. (Foto: Karsten-Thilo Raab)

Eine Prozess, der sich auch an den Ruinen der Akropolis, der Oberstadt von Mykene mit dem beeindruckenden Löwentor, ablesen lässt. In der Oberstadt lebte der König mit seiner Familie und seinen wichtigsten Gefolgsleuten. Mit Beginn der Demokratie änderte sich die Funktion der Akropolis. Sie wandelte sich vom Königs- zum Göttersitz, so der Experte weiter. Dank der bis zu zwölf Meter hohen und acht Meter breiten Mauern sei Mykene, obwohl es immer wieder hart umkämpft war, nie erobert worden.

Dabei ist Welterbe beileibe nicht die einzige bedeutende Ausgrabungsstätte auf dem Peloponnes. Das rund 50 Kilometer entfernt liegende Epidaurus, heute eine archäologische Stätte umgeben von Pinien und Zypressen, war einst der bedeutendste Kurort in der Antike. Bereits im frühen 1. Jahrhundert v. Chr. wurde an dieser Stelle Apoll als Gott der Heilkunst verehrt. Das dortige Amphitheater gilt als das besterhaltene in ganz Griechenland und bietet Platz für bis zu 14.000 Personen. Aufgrund des guten Zustandes und der hervorragenden Akustik ist es noch heute Austragungsort für Konzerte und Aufführungen.

Gilt als best erhaltenes Amphitheater der antiken Welt: Epidaurus. (Foto: Karsten-Thilo Raab)
Gilt als best erhaltenes Amphitheater der antiken Welt: Epidaurus. (Foto: Karsten-Thilo Raab)

Etwa auf halben Weg zwischen Mykene und Epidaurus findet sich mit der Kleinstadt Nauplia ein nicht minder geschichtsträchtiger Ort direkt am Argolischen Golf. Die 12.000-Seelen-Gemeinde wurde nach der Befreiung vom 300-jährigen Joch der Osmanischen Herrschaft im Jahre 1827 erste Hauptstadt des modernen Griechenlands. Überragt wird die schmucke Altstadt von der Akronáfplio-Festung sowie der hoch auf einem Felssporn thronenden Palmidis-Burg aus dem Jahre 1714. Die Eroberung dieser Burg im Jahre 1822 gilt noch heute als die Initialzündung für den erfolgreichen Befreiungskampf der Griechen.

„Der zum König von Griechenland ernannte Deutsche, Otto I., hat hier seinen Palast errichtet und der erste griechische Ministerpräsident Ioannis Kapodistrias wurde hier 1831 vor der Kirche Agina Spyridonos erschlagen“, hebt Thanos Kaloussis die Bedeutung Nauplias hervor. Zudem verweist der 35-jährige Architekt, der auch spezielle Stadtführungen anbietet, auf die Tatsache, dass in der alten türkischen Moschee am venezianisch geprägten Platanos-Platz die erste Regierung des Landes zusammenkam.

Geschichtsträchtig und überaus sehenswert: Griechenlands erste Hauptstadt Nauplia. (Foto: Karsten-Thilo Raab)
Geschichtsträchtig und überaus sehenswert: Griechenlands erste Hauptstadt Nauplia. (Foto: Karsten-Thilo Raab)

Ungewöhnlich ist auch die Bischofskirche. Das Gotteshaus mit dem Sitz von König Otto ist nämlich als ehemalige Moschee Richtung Mekka ausgerichtet und wurde erst nach der Vertreibung der Osmanen umgebaut. Ansonsten dominieren neoklassizistische Gebäude aus dem 19. Jahrhundert das Stadtbild und sorgen wie in Mykene und Epidaurus dafür, dass in Nauplia auf Schritt und Tritt der Hauch der Geschichte eingeatmet werden kann.

Anreise: Aegean Airlines, seit 2009 jährlich als beste europäische Regionalfluglinie geadelt, bietet Hin- und Rückfluge nach Athen ab zusammen 220 Euro von acht deutschen Flughäfen, darunter Düsseldorf, Frankfurt, Hamburg, Hannover, München und Stuttgart, sowie aus Wien, Zürich und Genf an. Informationen unter www.aegeanair.com. Der 35 Kilometer vor den Toren Athens gelegene Flughafen ist mit der U-Bahn und dem Schnellbus an die Athener Innenstadt angeschlossen.

Weltberühmt: Das Löwentor von Mykene. (Foto: Karsten-Thilo Raab)
Weltberühmt: Das Löwentor von Mykene. (Foto: Karsten-Thilo Raab)

Reiseplanung: FTI hat im laufenden Jahr in seinem Programmkatalog „Griechenland und Zypern“ einen besonderen Schwerpunkt auf den Peloponnes und das Umland von Athen gelegt. Informationen und Buchungen im Reisebüro oder telefonisch unter 089-710451498 beziehungsweise online unter www.fti.de.

Autovermietung: Drive FTI bietet ab 224 Euro pro Woche ein Wagen der Kompaktklasse an. Buchungen unter www.drivefti.de.

Uhrzeit: Der Zeitunterschied zu Mitteleuropa beträgt ganzjährig eine Stunde. Bei der Ankunft muss die Uhr eine Stunde vorgestellt werden.

Klima: Das Klima ist geprägt durch warme trockene Sommer und milde feuchte Winter. Von Mai bis in den Herbst hinein ist das Wetter weitgehend konstant mit wenigen Niederschlägen.

Stromversorgung: 220 Volt Wechselstrom. Deutsche Flachstecker passen fast immer.

Mykene: Eintritt für Erwachsene 8 Euro, ermäßigt 3 Euro.

Epidaurus: Eintritt für Erwachsene 6 Euro, ermäßigt 3 Euro.

Rundgänge durch Nauplia (deutschsprachig): Thanos Kaloussis, Telefon 0030-2752-401098, 0030-6977-222151, naupliarundgang@yahoo.gr

Das Nauplia Palace besticht durch Luxus und grandiose Ausblicke auf die Küste vor Griechenlands erster Hauptstadt. (Foto: Karsten.-Thilo Raab)
Das Nauplia Palace besticht durch Luxus und grandiose Ausblicke auf die Küste vor Griechenlands erster Hauptstadt. (Foto: Karsten.-Thilo Raab)

Übernachten: Nauplia Palace, Akronafplia, 21100 Nafplion, Telefon 0030-27520-70800, www.nafpliapalace.gr. Das luxuriöse Fünf-Sterne-Haus befindet sich an historischer Stelle am Ort der einstigen Akropolis von Afkronafplia mit Blick auf die Altstadt und die Argolische Bucht und beherbergt insgesamt 84 Zimmer und Villen, drei Restaurants sowie zwei Bars. Drei Nächte werden ab 338 Euro pro Person im Doppelzimmer unter www.fti.de angeboten.

Hotel Aris, Aktis 28, Tolon, 21056 Argolida, Τelefon 0030-27520-59231. Kleines, von zwei Brüdern geführtes Hotel inmitten von Tolon mit 40 Zimmern, Taverne mit Blick auf die Bucht von Argos und Bar mit Terrasse direkt am Strand. Eine Woche im Doppelzimmer mit Frühstück ist ab 350 Euro pro Person im Doppelzimmer mit Frühstück unter www.fti.de buchbar.

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