Der Dom zu Speyer  – gebaut für Gott und Kaiser

Steht als Meisterwerk der Kirchenbaukunst als Weltkulturerbe unter dem Schutz der UNESCO: Der  Dom St. Maria und St. Stephan in Speyer. (Foto: Alfred Hutter)
Steht als Meisterwerk der Kirchenbaukunst als Weltkulturerbe unter dem Schutz der UNESCO: Der Dom St. Maria und St. Stephan in Speyer. (Foto: Alfred Hutter)

Der Dom St. Maria und St. Stephan in Speyer ist ein in seinen spirituellen, architektonischen und historischen Dimensionen einmaliger Kirchenbau. Das Gotteshaus, dessen Gründung in das 11. Jahrhundert datiert, zieht Tag für Tag Menschen in seinen Bann, ist Ort für Kontemplation und Gebet und gibt Zeugnis romanischer Baukunst. Darüber hinaus ist der Speyerer Dom Grabstätte salischer, staufischer und habsburgischer Herrscher und somit Symbol des mittelalterlichen Kaisertums. 1981 wurde der Dom in die UNESCO-Welterbeliste aufgenommen.

Blick in die Krypta des Speyerer Doms. (Foto Achim Bednorz)
Blick in die Krypta des Speyerer Doms. (Foto Achim Bednorz)

Als Bischofskirche ist der Speyerer Dom der geistliche Mittelpunkt der Diözese Speyer. Im Mittelalter als Haus (Latein: domus) Gottes erbaut, dient die gesamte Architektur bis heute dazu, den Menschen zu Gott hin zu führen: die Raumaufteilung, die Ausgestaltung und jedes Maß erfüllt diesen Zweck. Als bischöfliche Kathedralkirche, als Pfarrkirche der Dompfarrei, als Wallfahrtsort: täglich werden hier Gottesdienste gefeiert. Ein besonderer Ort der Besinnung und des Gebetes ist die Afrakapelle, in der das Allerheiligste aufbewahrt wird.

In seiner tausendjährigen Geschichte erfuhr der Dom viele Veränderungen. Seit Oktober 2012 stehen den Besuchern zwei neue Bereiche offen: Der im Westbau befindliche Kaisersaal wurde völlig neu gestaltet und zeigt nun eine Ausstellung mit Fresken Johann Baptist Schraudolphs. Über insgesamt 304 Stufen ist im Südwestturm eine Aussichtsplattform erreichbar, von wo aus sich ein Rundblick über die Stadt, die Rheinschleife und die badische Nachbarschaft genießen lässt.

Seine Entstehung verdankt der Dom zu Speyer dem salischen König und späteren Kaiser Konrad II. Dieser verfolgte ein ehrgeiziges Ziel: Inmitten seines Familienbesitzes – die Salier waren Herzöge von Rheinfranken und Grafen im Speyergau – wollte er die größte Kirche seiner Epoche erstellen. Unter Kaiser Heinrich IV., dem Enkel des Gründers, konnte der Dom 1061 geweiht werden. Doch kaum 20 Jahre nach der Weihe begann der Kaiser mit einem Umbau, der weitgehend einem Neubau gleichkam. Die Ostteile wurden umgestaltet und reicher gegliedert. Das Mittelschiff, das bisher eine flache Holzdecke als Abschluss hatte, erhielt ein Kreuzgratgewölbe. Außen bekrönte man das Mauerwerk mit der Zwerggalerie und auch die Türme wurden neu aufgeführt. Als Heinrich IV. im Jahr 1106 starb, stand der Dom vollendet, das damals größte Bauwerk des Abendlandes. Heute ist der Speyerer Dom, nach der Zerstörung von Cluny, die größte romanische Kirche überhaupt.

Ausblick vom Turm des Speyerer Doms nach Osten
Ausblick vom Turm des Speyerer Doms nach Osten. (Foto: Klaus Landry)

Immer wieder wurde das Familienwerk der Salier von Bränden heimgesucht. Doch der verheerendste Schlag traf den Dom 1689, als im pfälzischen Erbfolgekrieg die Truppen Ludwigs XIV. die Kurpfalz systematisch verwüsteten. Im Dom wurden die Kaisergräber aufgebrochen und geplündert. Schließlich fiel die ganze westliche Hälfte des Domes den Sprengversuchen der Soldaten zum Opfer. Kaum war das Gotteshaus mit einem barocken Westbau neu erstanden, brach die Französische Revolution aus; der aufgeputschte Pöbel wütete im Dom und zerstörte alle Altäre. 1806 sollte der Dom sogar abgerissen und als Steinbruch verwendet werden.

Als die Pfalz nach dem Wiener Kongress an Bayern kam, veranlasste König Max I. die Wiederherstellung des Domes als Bischofskirche. Mitte des Neunzehnten Jahrhunderts ließ König Ludwig I. von Bayern Johann Schraudolph und Joseph Schwarzmann den Dom im Stil der Nazarener ausmalen. Wenig später wurde durch den Karlsruher Baudirektor Heinrich Hübsch der westliche Querbau mit den beiden Vordertürmen in neuromanischen Formen errichtet.

Bei der großen Domrestaurierung der 1950er Jahre wurden Ausmalung und der Verputz des 19. Jahrhunderts entfernt, von den Fresken Schraudolphs blieb lediglich der 24-teilige Marienzyklus am alten Platz. Die übrigens Fresken wurden abgenommen oder zerschlagen. Einige der geretteten Wandbilder sind heute wieder im Kaisersaal zu sehen.

Überaus beeindruckend sind die Fresken im Speyerer Dom.
Überaus beeindruckend sind die Fresken im Speyerer Dom. (Foto: Klaus Landry)

Der Speyerer Dom gilt als exemplarisch für die Epoche der Romanik. Wichtige Merkmale dieser Stilepoche nahmen hier zum ersten Mal Gestalt an. So das einzigartige Gliederungssystem der Mittelschiffwände, das „gebundene System“: Je zwei Arkadenbögen sind zu einem Joch vereinigt, dem wiederum je zwei Joche in den Seitenschiffen zugeordnet sind. Um den Druck der weitgespannten Kreuzgratgewölbe aufzunehmen, wurde jedem zweiten Pfeiler eine mächtige, durch ein Zwischenkapitell geteilte Halbsäule vorgelegt.

An anderer Stelle weist die romanische Kathedrale schon in die Zukunft: Das Mauerwerk selbst wurde ohne Verbindung zwischen die Pfeiler gesetzt. Damit ist in Speyer schon ein gotischer Baugedanke, die skelettartige Trennung von tragenden und füllenden Mauerteilen, vorgebildet.

Während die Mittelschiffgestaltung auf den Umbau des Domes in hochromanischer Zeit zurück geht, weisen die Seitenschiffe noch ganz die Grundzüge des ersten, frühromanischen Baus auf: Einheitliche Pfeilerarkaden, deren vorgesetzte Halbsäulen die Gewölbe tragen, reihen sich zu einer über 70 Meter langen, völlig symmetrischen Raumflucht.

Der Dom zu Speyer gilt als Musterbeispiel für die Baukunst der Romantik.
Der Dom zu Speyer gilt als Musterbeispiel für die Baukunst der Romantik.

Zu den schönsten Teilen des Domes gehört ohne Zweifel das Querhaus, das mit der 46 Meter hohen Kuppel über der Vierung und dem tonnengewölbten Chor eine harmonische Einheit bildet. In seiner ungemein reichen architektonischen Gliederung findet der romanische Baustil zu höchster Reife.

Singulär im Kathedralbau dieser Zeit sind die kleinen Kapellen in den Wänden von Querhaus und Chor. Aus dem dicken Mauerwerk regelrecht ausgespart, öffnen sie sich mit jeweils zwei Rundbögen, die von einer Mittelsäule getragen werden, zum Innern des Domes hin. Im Vierungsraum, dem Schnittpunkt von Langhaus und Querhaus, offenbart sich auch am deutlichsten der theologische Aspekt der Architektur: Der Grundriss des Domes bildet die Kreuzform, das Zeichen der Erlösung. Der Bau ist nach Osten ausgerichtet, in Richtung der aufgehenden Sonne, dem Symbol der Auferstehung. Über dem Altar bildet sich aus einem Oktogon die Vierungskuppel. Dabei steht die Zahl acht für den Tag der Offenbarung und die runde, gewölbte Kuppel verweist auf das Himmelreich.

Geweiht ist der Dom der Gottesmutter Maria und dem heiligen Erzmärtyrer Stephanus. Das Gnadenbild der „Patrona Spirensis“, das 1794 von französischen Revolutionstruppen verbrannt wurde, ließ ihn zu der bedeutendsten Wallfahrtsstätte des Bistums werden. Bernhard von Clairvaux, der große Zisterzienserabt und Heilige, soll vor dem Bild dem Lied „Salve Regina“ die drei Anrufungen „o clemens, o pia, o dulcis virgo Maria“ angefügt haben. Vor dem neuen Wallfahrtsbild, das 1930 von Papst Pius XI. dem Dom geschenkt wurde, betete in ihrem letzten Speyerer Jahr die heilige Edith Stein, und auch Papst Johannes Paul II. kniete bei seinem Besuch in Speyer am 4. Mai 1987 vor der Madonna.

Zahlreiche Künstler, Politiker und andere Prominente haben den Dom bereits besucht. Viele von ihnen aber auch eine große Anzahl ungenannter Bürgerinnen und Bürger unterstützen die Erhaltung des Domes ideell und materiell durch ihr Engagement in der „Europäischen Stiftung Kaiserdom zu Speyer“ und im 1995 gegründeten Dombauverein.

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