Boath House – ein Restaurant mit Zimmern

Wendy und Don Matheson verfügen in ihrer Nobelherberge gerade einmal über acht individuell eingerichtete Zimmer und nennen sich selber „Restaurant with rooms“. In der Tat wirkt das stattliche Herrenhaus aus dem 18. Jahrhundert nicht wie eines der besten Hotels des Landes. Umgeben von einer acht Hektar großer Wald- und Parklandschaft mit See mutet Boath House mit seinem Säulenportal eher wie die perfekte Kulisse für einen Film über den schottischen Landadel an. Kein Leuchtreklame, kein Hotel- oder Restaurantschild zieren die Sandsteinfassade. Vor dem Portal mit seinen ionischen Säulen findet sich kein Türsteher. Stattdessen öffnen die Besitzer Wendy und Don Matheson persönlich die Tür, um die Gäste in dem georgianischen Haus am Moray Firth bei Nairn willkommen zu heißen.

Auch im Eingangsbereich unterscheidet sich das charmante Fünf-Sterne-Haus wohltuend von anderen Tophotels. Statt einer überkandidelten Lobby wartet hier eine Mischung aus Landhauseinrichtung und Kunstgalerie auf die Besucher. Rund 150 Kunstwerke von mehr als 30 schottischen Künstlern sind hier ganzjährig ausgestellt und stehen zum Verkauf. Darunter Malereien, Keramiken, Schmuckstücke und Skulpturen.

„Wir haben Kunst an den Wänden und ein Künstler in der Küche am Werk“, lacht Wendy Matheson. Wohl wissend, dass das eigene Restaurant zu dem besten gehört, was Schottland dem geneigten Feinschmecker zu bieten hat. Seit Jahren wird es von allen Gourmetmagazinen unter den Top Ten Restaurants des Landes gelistet. Koch Charlie Lockley, Schottlands Küchenchef des Jahres 2004, gehört unumstritten zu den Meistern seiner Zunft. Mittlerweile zeugen vier AA Red Rosettes und ein Michelin-Stern von seiner hohen Kochkunst. Allabendlich zaubert er ein neu zusammengestelltes Sechs-Gänge-Menü auf die Tische des kleinen Restaurants mit dem verglasten Erker und dem romantischen Seeblick, das gerade einmal 26 verwöhnten Gaumen Platz bietet.

„Ein gelungenes Essen ist die perfekte Hochzeit von Zutaten“, verrät Charlie Lockley sein eigenes Credo. Die fangfrischen Fische kommen direkt von der nahen schottischen Küste, das Fleisch stammt von organischen Farmen im Umland. Ansonsten verwendet Charlie Lockley fast ausschließlich Kräuter und Gemüse aus dem Garten von Boath House, der als Gemüse-, Kräuter- und Obstgarten so etwas wie der hauseigene Frischelieferant ist.

Dabei erweist sich der Garten als eine absolute Rarität. Im viktorianischen Zeitalter angelegt, war er über Jahrzehnte dem Verfall preisgegeben. Und als die Mathesons 1991 das Anwesen erwarben, stand die Wiederherstellung des Gemüsegartens nicht gerade oben auf der Prioritätenliste. Denn das Paar hatte zunächst alle Hände voll zu tun, das baufällige Herrenhaus Kern zu sanieren, zu renovieren und umzubauen. Nebenbei betrieben die Mathesons in einer umgebauten Kirche in Aberdeen ein Fitnessstudio. Wobei das Gros der Einnahmen direkt in den Umbau von Boath House floss.

„Im Prinzip waren nur noch die Wände vorhanden“, erklärt Wendy Mathesons im Rückblick auf die sechsjährige Umbauphase. Als dann 1997 das Minihotel mit dem dazugehörigen Restaurant eröffnete, war die umliegende Parklandschaft notdürftig in Schuss gebracht worden. Nur der Walled Garden blieb zunächst Brachland.

„Wir konnten uns damals und können uns auch heute keine fünf Gärtner leisten und finden auch niemand, den wir mit ein paar Kohlköpfen oder Tomaten entlohnen können“, ergänzt die 51-jährige, dass sie vor der mühevollen Wiederherstellung des Viktorianischen Gartens zunächst viele Gespräche mit Vertretern der Historical Garden Society führte, um sich ein Bild davon zu machen, wie der Garten früher ausgesehen haben könnte. Danach versuchte die ausgebildete Landschafsgärtnerin und diplomierte Garten-Designerin gemeinsam mit ihrem Ehemann Don und einem angestellten Gärtner den Pflanzbereich innerhalb der fast 200 Jahre alten Mauern soweit wie möglichen an historischen Vorgaben orientiert wieder herzustellen. Zugleich erhielt der Garten eine zeitgenössischere Note, um ihn etwas pflegeleichter zu gestalten.

„Für mich ist der Garten eine Verlängerung des Wohnzimmers. Ich wünschte mir, alle würden ihre Gärten mit der gleichen Hingabe ausstatten und pflegen wie ihre Wohnstuben“, freut sich Wendy Matheson, dass sich der Viktorianische Garten heute ebenso wie das Hotel und das Restaurant größter Beliebtheit erfreut. Wohl auch, weil im Garten wie in Boath House selber die Liebe zum Detail allgegenwärtig ist. Scheint doch das gemeinsame Motto: „Klein, aber oho“ zu sein.

Informationen: Boath House, Auldear, Nairn, IVI2 5TE, Schottland, Telefon 0044-(0)1667-454896, Fax 0044-(0)1667-455469, www.boath-house.com

Lage: Boath House liegt am Moray Firth knapp 25 Kilometer östlich von Inverness, der so genannten Hauptstadt des schottischen Hochlandes, und ist von dort über die A96 zu erreichen. Bis Aberdeen sind es knapp 130 Kilometer, bis Edinburgh gut 260 Kilometer. Nur zwei Kilometern von Boath House entfernt erstrecken sich die ausgedehnten Wälder des Culbin Forest und der fast 15 Kilometer lange Küstenabschnitt der Culbin Sands Nature Reserve mit seinen prächtigen Sandstränden.

Buchtipp: Ulrike Katrin Peters, Karsten-Thilo Raab: Oh, diese Schotten! (ISBN 978-3-86686-806-9). Erhältlich ist die liebevoll augenzwinkernde Homage an die Schotten zum Preis von 7,90 Euro im Buchhandel oder direkt beim Conrad Stein Verlag.

Bewertung des Mortimer Reisemagazins

In jeder Kategorie werden maximal fünf Sterne vergeben:

  • Lage ∗∗∗∗∗∗
  • Ausstattung ∗∗∗∗
  • Sauberkeit ∗∗∗∗
  • Essen & Trinken ∗∗∗∗∗
  • Service ∗∗∗∗∗∗

Fazit: Boath House ist fraglos eine wenig bekannte Hotel-Perle mit exzellenter Küche und viel britischem Charme, noch dazu von einem herrlichen Garten umgeben.

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