Biblisches Jordanien

Blick vom Berg Nebo  beim Sonnenuntergang über das Tote Meer.
Blick vom Berg Nebo beim Sonnenuntergang über das Tote Meer.

Jordanien liegt seit jeher mitten im Geschehen und war als geographischer Schnittpunkt zwischen Asien, Afrika und Europa seit Beginn der Zivilisationen sehr wichtig. Menschen aus der Zeit der Bibel, Römer, Byzantiner, Omayaden, Mamluken und Kreuzritter hinterließen ihre Spuren – die teils heute noch beeindruckend gut erhalten sind. Besucher spüren in Jordanien sofort, dass hinter fast jedem Stein eine Geschichte steckt. Die Vielfalt der Hinterlassenschaften macht eine Reise zu diesem Thema zum spannenden Erlebnis.

Ganz im Norden von Jordanien, in Umm Qays (Gadara), soll Jesus das Wunder der Schweine von Gadara vollbracht haben (Matthäus 8:28-34). Hier traf er auf einen verwirrten Mann, der in den Grabstätten nahe den Stadttoren lebte. Jesus befreite den Mann von seinen Dämonen und trieb diese in eine Herde Schweine, die daraufhin den Hügel zum See Genezareth liefen und ertranken. Ausgrabungen in Umm Qays haben eine seltene fünfschiffige Basilika zu Tage gefördert, die direkt über einem römisch-byzantinischen Grab errichtet wurde. Die Basilika befindet an der Straße zum See Genezareth. Diese Anordnung deutet darauf hin, dass die Kirche in Gedenken an die Stelle errichtet wurde, an der Jesus sein Wunder vollbracht haben soll. Zu den weiteren Sehenswürdigkeiten des Ortes gehören unter anderem ein eindrucksvolles Basalttheater, eine von Säulen gesäumte Hauptstraße und ein unterirdisches Mausoleum.

Handgemalte Jordanien-Karte. (Foto: Karsten-Thilo Raab)
Handgemalte Jordanien-Karte. (Foto: Karsten-Thilo Raab)

In Bethanien jenseits des Jordans, direkt am Fluss Jordan etwa 45 Fahrminuten westlich von Amman entfernt, lebte Johannes der Täufer. Seit fast zwei Jahrtausenden ist die Gegend entlang des Ostufers des Jordans gegenüber von Jericho als der Ort bekannt, an dem Jesus von Johannes getauft wurde. Dank phänomenaler archäologischer Funde konnte 1996 sogar die genaue Stelle identifiziert werden. In der Bibel (Johannes 10:40) wird dieser Ort erwähnt, als Jesus der Steinigung durch die Juden in Jerusalem entkommt: „Dann ging er wieder fort auf die andere Seite des Jordans, an den Ort, wo Johannes zuvor getauft hatte, und blieb dort.“

Johannes der Täufer, der seine Mission in Jordanien begann, ist der Schutzheilige der römisch-katholischen Christen in Jordanien. Papst Johannes Paul II besuchte Bethanien jenseits des Jordans im März 2000 während seiner Pilgerreise durch Jordanien und das Heilige Land. Ebenso suchte Papst Benedikt XVI. 2009 Bethanien und die heiligen Stätten der Bibel in Jordanien auf. In diesem Zusammenhang wurde Bethanien von der katholischen Kirche zusammen mit dem Berg Nebo, Mukawir, Tall Mar Elias und Anjara zu einer der Millenniums-Pilgerstätten im Nahen Osten ernannt. An der Taufstelle legte Papst Benedikt XVI. den Grundstein für eine weitere Kirche und besuchte in Amman als erster Papst eine Moschee im Nahen Osten. In der Hauptstadt hielt er im International Stadium eine Messe vor etwa 40.000 Zuhörern ab.

Die Stelle, an dem Johannes der Täufer lebte und Jesus Christus taufte, wird als eine der bedeutsamsten Funde der biblischen Archäologie bezeichnet. Die Ausgrabungen haben schon mehr als 20 Kirchen, Höhlen und Taufbecken aus der römischen und byzantinischen Zeit zu Tage gebracht.

Noch immer werden Archäologen bei Grabungsarbeiten in Jordanien fündig. (Foto: Karsten-Thilo Raab)
Noch immer werden Archäologen bei Grabungsarbeiten in Jordanien fündig. (Foto: Karsten-Thilo Raab)

Ein weiterer bekannter Ort aus der Bibel ist der Berg Nebo, von dem aus Moses das gelobte Land Kanaan erblickte und auf dem er begraben liegen soll. Diese Stätte der Verehrung ist die heiligste in ganz Jordanien und war einst ein Wallfahrtsort früher Christen. Die erste Kirche des Berges Nebo wurde im späten vierten Jahrhundert erbaut, um diese Stätte zu markieren.

Einen Katzensprung von dort liegt die antike Stadt Madaba, auch bekannt als „Stadt der Mosaike“. In der Stadt auf der jordanischen Hochebene leben heute sowohl Christen als auch Muslime. Madaba fand zur Zeit des Auszugs aus Ägypten um 1200 v. Chr. zum ersten Mal in der Bibel Erwähnung. Die Hauptattraktion befindet sich in der zeitgenössischen griechischorthodoxen Kirche St. Georg: und zwar die älteste Mosaiklandkarte des Heiligen Landes aus dem sechsten Jahrhundert, die Jerusalem, das Tote Meer und andere heilige Stätten zeigt. Mit ihren zwei Millionen farbigen Steinen und einer ursprünglichen Größe von 25 x 5 Metern, die heute noch größtenteils erhalten ist, stellt die Karte Hügel und Täler, Dörfer und Städte dar, die so weit entfernt liegen wie das Nildelta. Madabas Mosaikschule war und ist weltweit berühmt und so finden sich viele weitere Mosaike aus dem fünften bis siebten Jahrhundert in den Kirchen und Gebäuden der christlichen Stadt.

Fast biblische Landschaft im Wadi Namala. (Foto: Karsten-Thilo Raab)
Fast biblische Landschaft im Wadi Namala. (Foto: Karsten-Thilo Raab)

Für Mosaike steht auch das UNESCO Weltkulturerbe Umm Ar-Rasas. Das Dorf wurde von den Römern befestigt und die ansässigen Christen haben es noch weit  über hundert Jahre nach Beginn der muslimischen Herrschaft mit Mosaiken im byzantinischen Stil ausgeschmückt. Heute ist es vor allem ein beeindruckend großes Ruinenfeld mit Überresten von Wohngebäuden und vier Kirchen mit einigen schönen Steinbögen. Die Hauptattraktion befindet sich außerhalb der Stadtmauern in der Stephanuskirche und ist ein sehr großer, vollständig erhaltener Mosaikboden, der im Jahre 718 n. Chr. gelegt wurde. Er stellt fünfzehn größere Städte des Heiligen Landes dar, sowohl östlich als auch westlich des Jordans. Darunter auch Jerash, Madaba, Amman und Kerak.

Etwa eine Autostunde von Madaba entfernt liegt am malerischen Kings’ Highway auf einer Bergkuppe Mukawir (Machaerus), die Festung von Herodes dem Großen. Nach erodes’ Tod erbte sein Sohn Herodes Antipas die Festung, in der er schließlich nach Salomes schicksalhaftem Tanz der sieben Schleier die Enthauptung von Johannes dem Täufer befahl.

Badende im Toten Meer. (Foto: Karsten-Thilo Raab)
Badende im Toten Meer. (Foto: Karsten-Thilo Raab)

Die Umgebung des Toten Meeres ist heute zwar nur spärlich besiedelt, hier finden sich hier aber zahlreiche Städte, die man für Orte biblischen Geschehens hält: In einer dieser Geschichten wurde Lots Frau in eine Salzsäule verwandelt, als sie sich Gottes Gebot widersetzte. Ein Steingebilde über dem Ufer des Toten Meeres, hält man für ihr Bildnis. Lot und seine zwei Töchter überlebten die Zerstörung von Sodom und Gomorrah und retteten sich in eine Höhle nahe der Kleinstadt Zoar (heute Safi).

Auf dem Hügel über der Stadt errichteten byzantinische Christen zum Gedenken an Lot eine kleine Kirche und ein Kloster. Man geht davon aus, dass es sich bei den Städten Sodom und Gomorrha um die antiken befestigten Städte Bab ad-Dhra’ und Numeira in der südöstlichen Zentralebene des Toten Meeres handelt, von denen heute nur noch Ruinen stehen.

Weitere Informationen unter www.visitjordan.com.

Tipp: Die schönsten Impressionen aus der Region hat Autor Karsten-Thilo Raab unter dem Titel „Faszinierendes Jordanien“ in einem Wandkalender zusammengestellt. Erhältlich ist dieser in den Formaten A2 bis A5 je nach Größe für 18,90 bis 49,90 Euro im Buchhandel sowie unter anderem bei Amazon oder im Kalendershop des Mortimer Reisemagazins.