Belval – Luxemburgs „Stadt der Zukunft“

Der letzte Stahl ist längst gekocht. Statt qualmender Schlote rauchen hier nun allenfalls die Köpfe. Gleichwohl gehören die Hochöfen von Belval weiterhin zu den Landmarken in Esch-sur-Alzette, der zweitgrößten Stadt Luxemburgs. Dort, wo 1911 die Stahlhütte der Gelsenkirchener Bergwerks AG, die ab 1937 vom Luxemburger Stahlkonzern ARBED übernommen wurde, in Betrieb ging, entsteht die neue Denk- und Kaderschmiede des Großherzogtums. Die 30.000-Seelen-Gemeinde im Südwesten des Landes, in der Menschen aus 115 Nationen Zuhause sind, rüstet sich für ihren zweiten Frühling.

Wo einst Luxemburgs wirtschaftliches Herz schlug und die Stahlproduktion bis Mitte der 1970er Jahre, als die weltweite Stahlkrise einsetzte, für 7.000 Arbeitsplätze und großen Wohlstand sorgte, ist künftig für ein Investitionsvolumen von mehr als einer Milliarde Euro der Kopf des Landes angesiedelt. Forschung, Innovation und Hightech treten hier das Erbe der Schwerindustrie an. Auch für Wohnen, Kultur und Freizeit ist auf dem gut 120 Hektar großen Areal genügend Raum. Am Reißbrett ist vor Jahren Luxemburgs Stadt der Zukunft entworfen worden. An der Alzette ist sie längst zu einem Großteil Realität geworden.

„Belval ist eines, wenn nicht sogar das größte städtebauliche Entwicklungs- und Neubauvorhaben in ganz Europa“, erklärt Valerie Reitz. Die Studentin aus Esch-sur-Alzette, die derzeit noch im benachbarten Belgien ein Lehramtsstudium absolviert, verdient sich in ihrer knapp bemessenen Freizeit mit Führungen durch Belval und ihre Heimatstadt ein kleines Zubrot.

„Keine Frage, nirgendwo in Luxemburg ist die Zukunft sichtbarer als hier“, ist die angehende Geschichtslehrerin begeistert, das wohl unbestritten wichtigste Stück Entwicklungsgeschichte ihres Landes direkt vor Ort live miterleben zu können.

„In den letzten zehn Jahren ist hier kaum ein Stein auf dem anderen geblieben“, so Reitz weiter. Unter Einbindung der verbliebenen Hochöfen und Gebäude des 1997 stillgelegten Stahlwerkes entsteht in Belval ein modernes Viertel, in dem nach der Fertigstellung bis zu 7.000 Menschen leben sollen. Wichtiger jedoch ist die Tatsache, dass hier künftig bis zu 25.000 Menschen Brot und Arbeit finden sollen. Darunter allein gut 3.000 Wissenschaftler.

Denn als „Cité des Sciences“, als Stadt der Wissenschaft, wird Belval den Campus der erst im Jahre 2003 gegründeten Universität von Luxemburg beheimaten. Noch sind die einzelnen Teile der Hochschule über das Land verteilt zu finden. Spätestens 2014 sollen mit Ausnahme der Fakultät für Rechts-, Wirtschafts- und Finanzwissenschaften, die partiell in Luxemburg-Stadt verbleibt, alle Studiengänge in Belval vereint werden.

„Schon heute ist Belval mit seinem Einkaufszentrum, Restaurants, Kneipen, Kinokomplex und den vielen Freizeitmöglichkeiten mehr als nur ein Nebenzentrum von Esch“, erklärt Valerie Reitz, wohl wissend, dass sich die Geschäfteinhaber im alten Stadtzentrum (noch) nicht um ihre Zukunft sorgen müssen. Schließlich kann sich Esch rühmen, mit der Alzette-Straße über die längste Fußgängerzone des Großherzogtums zu verfügen. Hier sind nahezu alle großen Ketten vertreten, aber auch viele individuelle Läden zu finden. Gleichwohl entdecken immer mehr Kunden die 2008 eröffnete Belval Plaza für sich, wo mehr als 50 Geschäfte unter dem Dach einer modernen Mall nahezu alles feilbieten, was das Herz der Einkaufswilligen begehrt.

Basierend auf einem, vom holländischen Architekturbüro Jo Coenen aus Maastricht entwickelten Masterplan sind auf dem Gebiet der einstigen Hochofenstraße rund 20 hochmoderne Gebäudekomplexe entstanden beziehungsweise noch im Bau –  darunter neben den Universitätsgebäude verschiedene Forschungszentren, eine Bibliothek in der ehemaligen Möllerei sowie die Maison des Arts et des Etudiants als Zentrum für kulturelle, künstlerische und soziale Veranstaltungen.

2005 eröffnete bereits mit der Rockhal die größte Konzerthalle des Landes, in der sich seither die namhaftesten Künstler des internationalen Rocks und Pops vor bis 7.700 Musikliebhabern ein Stelldichein geben. 2006 zog dann in den markanten roten Gebäudekomplex im Herzen des Areals mit der RBC Dexia ein großer Finanzdienstleister ein, dem weitere Dienstleistungsunternehmen folgten. Zudem sollen die verbliebenen Einrichtungen der Hochofenanlage Sitz des CNCI, des Nationalen Zentrums für Industriekultur, werden und über spezielle Rundgänge Besuchern zugänglich gemacht werden.

„Eines der Wesensmerkmale von Belval sind die engen Straßen und kurzen Wege, aber auch das Bemühen, den Stadtteil weitgehend autofrei zu halten“, verweist Valerie Reitz auf die am Rande des Areals angelegten Parkplätze und die Tatsache, dass der Stadtteil mit zwei eigenen Buslinien angeschlossen ist. Zudem eröffnete 2010 mit dem von Architekt Jim Clemes entworfenen Bahnhof „Belval-Université“ eine eigene Zugverbindung. Und die sorgt zusammen mit dem nahegelegenen Autobahnanschluss dafür, dass Belval schon jetzt neben Luxemburg-Stadt zur wichtigsten wissenschaftlichen und kulturellen Drehscheibe des Landes geworden ist. Ein Stück Industriekultur mit Geist und Geisteswissenschaftlern – noch dazu mit Vollgas auf der Überholspur.

Allgemeine Informationen: Luxemburgische Botschaft, Abteilung Tourismus, Klingelhöferstraße 7, 10785 Berlin, Telefon 030-2575773, info@visitluxembourg.de, www.visitluxembourg.lu

Informationen: Touristeninformation Esch-sur-Alzette, Place de l’Hotel de Ville, BP 145, L-4002 Esch-sur-Alzette, Telefon 00352-547383678, www.esch.lu/tourisme

Lage: Esch-sur-Alzette liegt rund 20 Kilometer südlich von Luxemburg-Stadt im Südwesten des Großherzogtums.

Ausstellung Cité des Sciences, Avenue du Rock’n Roll, L-4362 Esch-sur-Alzette, Telefon 00352-268401, www.fonds-belval.lu. Geöffnet ist die Ausstellung bei freiem Eintritt mittwochs bis freitags von 12 bis 19 Uhr sowie samstags von 10 bis 18 Uhr.

Belval Plaza Shopping Center, 7 Avenue du Rock’n’Roll, L-4361 Esch-sur-Alzette, Telefon 00352-26175179, www.belvalshopping.lu

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