Arabische Restaurant-Pädagogik

Wenn Mutti sagt, „es wird gegessen, was auf den Tisch kommt“, gesteht sie mit dieser Aussage quasi ein, dass sie von der Qualität der zubereiteten Speise selber nicht vollends überzeugt ist. Gleichwohl erklingt dieser Satz wohl täglich tausendfach an deutschen Mittags- und Abendessenstischen. Ebenso wie die Feststellung, dass hier die Augen mal wieder größer waren als der Mund. Denn sehr zum Ärger vieler Küchenfeen und Küchenzauberer neigen insbesondere die Kleinen gerne dazu, den Teller nur halb leer zu essen. Was folgt ist dann in der Regel ein mahnender und absolut wirkungsloser Hinweis darauf, dass nicht völlig leer geputzte Teller sieben Wochen Regenwetter nach sich ziehen könnten. Andere verweisen vergebens darauf, dass in vielen Teilen der Welt Menschen Hunger leiden und hier vermeintlich leckere Speisen einfach so verschmäht würden.

Ein Phänomen und Ärgernis, das auch in vielen Restaurants auftritt. Denn immer wieder lassen Gäste Speisereste auf dem Teller zurück. Da diese jedoch als Kunde für das Essvergnügen zahlen, bleiben sie üblicherweise von Schelten mit Blick auf drohendes Unwetter und Hunger leidende Kinder in Afrika verschont. Nicht so in Saudi-Arabien. Das Restaurant Marmar in der Hafenstadt Damman ist nun dazu übergegangen, den Kunden, die nicht alles aufessen, eine Strafe für die Verschwendung von Lebensmittel aufzudrücken. Dabei richtet sich der zusätzliche Rechnungsbetrag nach der Menge der verschmähten Speisen. Eine bittere Pille, die die Kunden hier als Nachtisch schlucken müssen.

Doch Betreiber Fahd al-Anezi verteidigt die ungewöhnliche Maßnahme damit, etwas gegen die Müllberge im Golfstaat tun zu wollen und zudem störe es ihn, wenn Gäste große Portionen bestellen würden, nur um ihre Begleiter zu beeindrucken und dann die Hälfte umgehen ließen. Ein Problem sei auch, dass das Auftischen großer Speisemengen in Teilen der arabischen Welt ein Zeichen von Reichtum sei, auch wenn niemand so viel esse könne. Zudem hätten die Gäste laut Bekunden von Fahd al-Anezi durchweg positiv auf die Erhebung der Strafgelder reagiert. Was mit den Zusatzeinnahmen geschieht, ließ der Gastronom allerdings offen. Vielleicht investiert er das Geld ja in kleinere Teller, um die Gäste gar nicht erst in Versuchung zu führen.

Buchtipp – weitere Kolumnen aus der Feder des Autors: Karsten-Thilo Raab: Thekenbrust & Zackendruse, Westflügel Verlag, ISBN 978-3-939408-11-6, 12,50 €. Erhältlich ist das Buch im Buchhandel oder direkt beim Verlag