Alemannisches Brauchtum bei Waldseer Fasnet

Die Waldseer Fasnet hat eine lange Tradition, die bis ins 15. Jahrhundert zurückreicht.

Gesundheit und Gastlichkeit blicken in Bad Waldsee auf eine lange Tradition zurück. Noch älter freilich ist hier ein anderer guter Brauch – die Fasnet. Bereits am Dreikönigstag, 6. Januar, war die Ruhe und Beschaulichkeit in dem oberschwäbischen Heilbad mit dem „Gschellabstauben“ vorbei. Die Waldseer Masken wurden abgestaubt und Narren und Hexen rüsten zur „fünften Jahreszeit“. Besonders umtriebig wird es zur Hochfasnet vom 8. bis 13. Februar 2018. Den fünf Gesichtern der Waldseer Fasnet begegnet man dann auf Schritt und Tritt: Schrättele, Federle, Narro, Faselhannes und das Schorrenweible sind die fünf originären, aus Holz geschnitzten Masken.

Umtriebiges Programm

Nicht nur der Waldseer Gardeumzug weiß die Massen zu begeistern.

In der Nacht zum Gumpigen Donstig beginnt mit dem Schrättelestanz am Mittwoch, 7. Februar, die Hochfasent. Leise stürmen um Mitternacht die gespenstisch anmutenden Hexen den Rathausplatz. Sie tanzen auf ihren Besen ums lodernde Feuer. Hinzu kommen die Weißnarren und der Faselhannes, der lokale Anekdoten brabbelt. Sie vertreiben die rauen Wintermächte. Traditionell kehren die Waldseer und Gäste danach in die Wirtshäuser der Innenstadt ein. Wenige Stunden zuvor wurde den Regierenden der Stadt die Macht aus den Händen genommen und die Narren übernahmen das Ruder Zur Begrüßung sagt man jetzt nicht mehr „Grüß Gott“, sondern kräftig „Ahaaa!“.

Eseltreiberei durch die Gassen

Gerüstet hat sich auch der Jung-Elferrat. Heimlich haben sie sich im Jahr 1947 gegründet. Heute treiben sie Werners Esel, eine Fasnetfigur, durch die Gassen und stellen am Gumpigen Donstig (9. Februar) auf der Hochstatt den Narrenbaum auf – sie sind verkleidet als Zimmermann und Geometer. „School’s out“ heißt es beim urigen Wächsebrauch – es regnet für die von der Schule befreiten Schüler Brezeln, Wecken und Landjäger. Nachmittags findet der Narrensprung mit den heimischen Masken statt.

Im Fasnetmuseum lässt sich viel Wissenswertes über die jahrhundertelange Tradition erfahren. (Foto S. Heiss)

Am Samstag gibt es eine Narrenparty und am Fasnetssonntig eine Narrenmesse. Am Fasnetsmontig beim großen Narrensprung ab 14 Uhr ziehen zahlreiche schwäbisch-alemannische Zünfte durch die Innenstadt. Am Fasnetsdienschtig (13. Februar) lädt der Narrennachwuchs zum Kinderumzug. Danach beginnen die Stunden der Trauer: Die Besen werden verbrannt und die „verstorbene“ Fasnet, das auf einer Leiter liegende Mäschkerle (Puppe), wird den Fluten des Schlossbaches übergeben. Schlag 24 Uhr läutet die Fasnet im historischen Kornhaus aus.

Tradition seit dem 15. Jahrhundert

Dieser gute alemannische Brauch wird in der Kneippstadt seit dem 15. Jahrhundert gefeiert. Und weil die Fasnet viel älter ist als die Prädikatisierung zum Heilbad – dies geschah erst 1956 – heißt es bis heute „Waldseer Fasnet“. Doch erst seit 1935 gibt es die heutigen Masken und die Narrenzunft.

Die Waldseer Masken

Die toll herausgearbeiteten Holzmasken nehmen eine zentrale Rolle bei der Narretei ein.

Die Hexe Schrättele leitet ihren Namen vom „Schratt“ ab – einem Dämon und Plagegeist. „Mi hot heut Nacht s`Schrättele druckt“ heißt es bis heute nach schlaflosen Stunden. S’ Federle ist der Böse von Waldsee, der als Jäger verkleidet die Frauen verführt hat. Narro trägt bunte Federn und hüpft wie verrückt vor Lebensfreude – meist zusammen mit dem Faselhannes, der schelmisch-lachend lokale Anekdoten brabbelt. Und das Schorrenweible, einst die Kräuterfrau aus dem Wald, humpelt mit ihrem Korb durch die Gassen.

Fasnetmuseum – närrisch das ganze Jahr über

Auch außerhalb der närrischen Zeit kann man in dieses Brauchtum eintauchen. Die Zunftstube ist in der historischen Ölmühle eingerichtet, zusammen mit dem Fasnetmuseum. Zu sehen sind sämtliche Masken: das Sammlervölkle, die Brezgebuaba, die Nachtwächter und Trommler, die Garde sowie der Prinz mit Hofnarr – eine Prinzessin gibt es bei der Waldseer Fasnet nicht. Die erste Narrenzeitung stammt aus dem Jahr 1866. Die Masken der Hauptfiguren Schrättele, Federle, Narro, Faselhannes und Schorrenweible werden durchweg aus Lindenholz hergestellt, keine gleicht der anderen. Jede von ihnen hat eine Nummer, mit der der Träger identifiziert werden kann. Derzeit gibt es drei zugelassene Maskenschnitzer. Wer eine Maske möchte, muss sich erst hoch “dienen“. Er muss Mitglied in der Narrenzunft werden und den Verein tatkräftig unterstützen. Weitere Informationen unter www.narrenzunftwaldsee.de.

Wissenswertes zu Bad Waldsee in Kurzform

Blick über den Stadtsee auf Bad Waldsee. (Fotos Kurverwaltung Bad Waldsee)

Die rund 20.000 Einwohner zählende Kneippkurort liegt eingebettet zwischen zwei Seen im Herzen Oberschwabens. In der Waldsee-Therme mit ihrem fluorid- und schwefelhaltigen Thermalwasser steht gesundheitsbewussten Gästen ein großes Vitalangebot zur Verfügung. Die vom Mittelalter geprägte Altstadt mit ihren barocken und gotischen Sehenswürdigkeiten lädt zum Kulturbummel während des ganzen Jahres ein. Spannend zu erleben sind das Erwin Hymer Museum mit einer Ausstellung zur Welt des mobilen Reisens und das Spätzlemuseum im historischen Vötschenturm. Golfer schlagen gerne im fürstlichen Golf- und Vitalpark mit 45 Löchern ab. Reisemobilisten finden bei der Waldsee-Therme ihren modernen Stellplatz. Weitere Informationen unter www.bad-waldsee.de.

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